Velbert. Eigentlich will man den Energieanbieter nicht wechseln. Aber dann kommt dieser Anruf. Die Verbraucherberatung Velbert hat immer mehr dieser Fälle

Die Bandbreite bei Abzocke am Telefon geht vom unseriösen Handeln und zivilrechtlichen Aspekten bis hinein ins klar Kriminelle. Und die Pandemie sorgt dafür, dass der Rahmen für solche Machenschaften vergleichsweise günstig ist. Ob bedingt durch Homeoffice oder auch durch die Betreuung beim Homeschooling der Kinder: „Die Menschen sind auf jeden Fall viel mehr als sonst zuhause und gut erreichbar“, sagt Andreas Adelberger, „und es gibt auch einen Hunger nach Kontakten.“ Der Leiter der Beratungsstelle Velbert von der Verbraucherzentrale (VZ) NRW registriert eine „eindeutig wachsende Zahl“ solcher Fälle. Nach dem Thema Finanzprodukte rangierten mittlerweile Energieverträge auf Platz zwei und hätten den Ärger mit Telekommunikation-Verträgen bzw. -produkten „ein bisschen abgelöst“.

Günstigere Konditionen sind die Ausnahme

Andreas Adelberger, Leiter der Verbraucherberatung hier in Velbert, fordert, dass es eine Textform geben muss, damit ein Vertrag wirksam wird.
Andreas Adelberger, Leiter der Verbraucherberatung hier in Velbert, fordert, dass es eine Textform geben muss, damit ein Vertrag wirksam wird. © ffs | Alexandra Roth

„Es hat zugenommen, weil es so einfach ist“, sagt der Fachmann, „und es ist leider auch so verdammt einfach, einen über den Tisch zu ziehen.“ Unerbetene Anrufe seien wirklich ein Klassiker. Beim so genannten ungewollten Anbieterwechsel für Strom oder/und Gas „reichen eigentlich Name und Adresse“, berichtet Adelberger. Oftmals würden aber auch unter einem Vorwand der Anbieter-Name, Kunden- und Zählernummer erfragt. „Wenn’s dann wirklich günstiger wird, ist es ja vielleicht unter dem Strich noch okay. Das ist aber die Ausnahme.“

Hinweise an die Bundesnetzagentur

Stattdessen würden unvorteilhafte Verträge und mitunter zu langen Laufzeiten abgeschlossen. Die Firma Mivolta, selbst ein Energielieferant, sei bundesweit als schwarzes Schaf bekannt und jüngst mit einem „fetten Bußgeld“ belangt worden. Sie müsse 250.000 Euro an die „Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen“ zahlen, erzählt der VZ-Mitarbeiter. Letztere engagiere sich wirklich toll im Sinne der Verbraucher, sei aber auch auf Hilfe und Hinweise zu unerlaubter Telefonwerbung angewiesen. Eine Anzeige ist online unter dem Link www.bundesnetzagentur.de/_tools/RumitelStart/Form07ColdCall/node.html möglich.

Ätzende Mühen und riesiger Aufwand

Wegen der Corona-Pandemie läuft auch die Arbeit der Beratungsstelle Velbert anders als sonst gewohnt. Aber Rat und Hilfe gibt es weiterhin.
Wegen der Corona-Pandemie läuft auch die Arbeit der Beratungsstelle Velbert anders als sonst gewohnt. Aber Rat und Hilfe gibt es weiterhin. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

„Das Zurück ist ätzend und der Aufwand immens“, beschreibt Andreas Adelberger die Mühen des Ausstiegs aus solchen Verträgen. Wer das schaffe und zu seinem lokalen Anbieter zurückkehre, der komme erstmal in die vergleichsweise teure Grundversorgung, die aber auch gewisse Vorzüge habe. „Die Wirtschaft soll gerne blühen, aber die Interessen der Verbraucher müssen gewahrt werden“, fordern ihre Schützer. Adelberger: „Die Textform muss unabdingbar werden für die Wirksamkeit eines Vertrags, so wie bei Gewinnspielen und Lotterien.“ Dann könne niemand mehr damit argumentieren, „was angeblich doch alles am Telefon besprochen worden ist“.

Vor dem Einwilligen genau lesen

Ganz klar in den kriminellen Bereich gehörten Anrufe angeblicher Software-Anbieter, die nur ein Ziel hätten: den Computer entern, kapern, erpressen und – etwa übers Online-Banking – an Geld kommen. Die Vorstufe der so genannten kalten Anrufe sei vorab oft die Einholung eines Einverständnisses. Das geschehe häufig mit Hilfe von Gewinnspielen, wo u. a. Name, Adresse und Geburtsdatum anzugeben seien. „Ganz ganz genau gucken, in was man da einwilligt.“ Hier finden Sie weitere Berichte und Bilder aus Velbert.

Selbst fragen, nie antworten

Der Chef der Beratungsstelle wettert gegen den „bösen Dreiklang aus verschleiern, unterdrücken und betrügen“ und rät ganz dringend: „Lassen Sie sich am Telefon nicht ausfragen. Selbst die Fragen stellen, nie Antworten geben, und am besten auflegen!“ Die eigene Telefonnummer – ob Festnetz oder mobil – sei „ein Schatz“. Den solle man nur rausrücken, wenn es etwa für die Abwicklung einer Sache tatsächlich unbedingt erforderlich sei. Und schließlich müsse man – mit Blick auf die unbekannten Anrufer – immer daran denken, dass diese „ihre“ Rufnummer möglicherweise manipuliert hätten.

Die Erstberatung ist kostenfrei

Die Beratung erfolgt zurzeit wegen Corona nur per Telefon und E-Mail (sowie ggf. Fax, Post). Die Beratungsstelle ist zu folgenden Zeiten unter 02051 8090181 telefonisch erreichbar: mo und do 9.30 - 13.30 sowie 14.30 - 18 Uhr, di und fr 9.30 - 13.30 Uhr. E-Mail und Post gehen an velbert@verbraucherzentrale.nrw Post bzw. Verbraucherzentrale, Friedrichstraße 107, 42551 Velbert.

Vieles kann am Telefon schon im Zuge einer kostenfreien Erstberatung geklärt werden. Ist eine eingehendere Überprüfung von Unterlagen oder die Kontaktaufnahme der Verbraucherzentrale mit einem Anbieter erforderlich, so ist das kostenpflichtig.