Velbert. Die Verwaltung möchte erneut die Vermarktung des Hertie-Areals in Velbert starten. Die Politik drückt mehrheitlich nicht auf die Tube.

Die Abrissarbeiten laufen und machen zusehends Fortschritte; die Hertie-Immobilie verschwindet Stück für Stück. Hinsichtlich der künftigen Nutzung dieses Innenstadt-Areals von Velbert möchte die Verwaltung jetzt gerne wieder die Vermarktung in Angriff nehmen und das "Investoren-Auswahlverfahren" erneut starten, das man laut Wilfried Löbbert - er leitet den Fachbereich Wirtschaftsförderung/Stadtmarketing - im Vorjahr mangels Interessenten europaweit habe einstellen bzw. aufheben müssen. Ob der angestrebte Start der EU-weiten Ausschreibung aber tatsächlich zum 25. Februar möglich ist und schon im Dezember der Zuschlag erfolgen kann, das ist seit der Sitzung des Ratsausschusses für Wirtschaftsförderung, Stadtmarketing und Tourismus zumindest fraglich.

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Mehrheit fürs Schieben

Denn nachdem sich in dem Gremium zunächst nur Artur Busse (Grüne) für ein Schieben dieses Tagesordnungspunktes ausgesprochen hatte, schlossen sich dem Wunsch so viele Fürsprecher anderer Couleur an, dass letztlich die nötige Mehrheit - zehn gegen sieben Stimmen - fürs Vertagen zustande kam und über den Beschlussvorschlag nicht abgestimmt wurde. Man wolle sich für dieses wichtige Projekte in exponierter Lage noch mehr Zeit nehmen, bloß nichts übers Knie brechen und mögliche Folgen ausloten, so der Tenor.

Der Beschlussvorschlag lautet: "Auf der Grundlage des in dieser Vorlage dargestellten ,Investorenauswahlverfahren ehem. Hertie-Grundstück Stadt Velbert' wird dem Neustart des Verfahrens mit der Mindestkaufpreisforderung von 2.853.000 Euro, den angepassten Wertungskriterien und der Gewichtung der Kriterien sowie der Zusammensetzung der Jury zugestimmt."

Noch zwei Sitzungen bis zum Rat

Nun hängt es also maßgeblich vom Ablauf in den anderen Gremien der weiteren Beratungsfolge bis zum Rat am 23. Februar ab, ob schon zwei Tage später der Startschuss für die Vermarktung fällt. Die CDU ist für den Einstieg zum vorgesehenen Zeitpunkt. "Wir denken, die Zeit ist gekommen", sagte Jörg Ostermann. Der Baudezernent kündigte jetzt für die weiteren Beratungen noch ausführlichere und detailliertere Ausführungen zu dem Projekt an.

Kino-Vorgabe erwies sich als Hürde

Die Grundbausteine seien bei diesem Verfahren nahezu identisch, sagte Löbbert am Mittwochabend, jedoch sei ein Kino nicht mehr verpflichtend. "Wer aber eines mitbringt", der könne in der Bewertungsmatrix Punkte gut machen. Hintergrund: Im aufgehobenen Vergabeverfahren war die Errichtung eines Kinos als ein unbedingtes Muss festgeschrieben. Rückmeldungen "einiger potenzieller Investoren" hätten jedoch 2020 gezeigt, berichtet die Verwaltung, dass die Integration eines Kinos für diese "eine unüberwindliche Hürde für eine Projektbeteiligung" bedeutet habe. "In fünf Fällen wurde die Verpflichtung zur Integration eines Kinos explizit als Grund genannt, nicht am Verfahren teilnehmen zu wollen." Momentan würden keine Entscheidungen für eine Expansion im Kinosektor getroffen. Die Verwaltung will ergo ein Kino als Bedingung aufheben.

Alle Probleme in den Blick nehmen

Es sei "wohl realitätsnah", meinte Busse, das Kino zur Disposition zu stellen. Wenn man jedoch dort "ein weiteres Subzentrum" eröffne, laufe das womöglich der gewollten Belebung der Innenstadt zuwider. Da gelte es, vieles mit zu bedenken. Thorsten Hilgers (FDP) warnte vor einem "Schnellschuss". Die Stadt müsse klar sagen, was sie sich dort städtebaulich vorstelle und wolle und genaue Vorgaben machen. Schließlich, meinte Martin Schwarz (Piraten), habe man ja schon genügend Probleme. Er nannte die Stadtgalerie und vorhandenen Leerstände, plädierte aber dafür, am Kino festzuhalten.

Die vorhandenen Angebote ergänzen

Die Projektbeschreibung spricht von einem Nutzungsmix, der mit Angeboten für möglichst viele Bevölkerungsgruppen zur Belebung und Attraktivitätssteigerung der Innenstadt beitragen solle. In diesem Hinblick stelle eine Freizeitnutzung in Kombination mit Gastronomie die ideale Ergänzung zum Vorhandenen dar, die Integration eines Kinos werde ausdrücklich begrüßt. Denkbar seien auch Einzelhandel, Gastronomie und Dienstleistung in der Erdgeschosszone kombiniert mit Büro- und Dienstleistungsangeboten und Wohnen in den Obergeschossen. Vergnügungsstätten wie Spielhallen und Wettbüros seien nicht erwünscht.

Schwerpunkt ist Wohnen

Das Wohnen sei ein klarer Schwerpunkt, sagte der Beigeordnete Ostermann, nicht zuletzt mit Blick auf den verwendeten Begriff "Subzentrum", und nannte zudem Dienstleistung (Büros) und Gastronomie. Einzelhandel tauche allenfalls rudimentär auf. "Wir können uns nicht nur eine kompakte Baugestaltung vorstellen", fügte er hinzu. Einen Platz zu schaffen und zu gestalten solle dort möglich sein.

Verlust wird in Kauf genommen

Die Stadt Velbert hat die Hertie-Immobilie vor drei Jahren für 3,3 Millionen Euro gekauft. Den zwei Millionen Euro teuren Abriss fördert zu 100 Prozent das Land. Ein finanzieller Verlust wird aber im Verkaufsfall nicht ausgeschlossen. Die qualitativen Faktoren des zu realisierenden Projektes seien deutlich höher zu bewerten als der Kaufpreis, heißt es.