Velbert. Auch in Velbert gibt es viele suchtkranke Menschen. Ihnen setzt die Coronakrise besonders zu, weil die nötige Unterstützung teilweise wegfällt.
Eigentlich hatte Stefan K. schon viele große Schritte heraus aus seiner Alkoholsucht gemacht: erst den Entzug, dann eine Therapie. Um deren Erfolge noch zu unterstützen, hat er darüber hinaus auch die Angebote der Suchthilfe der Sozialen Dienste Niederberg wahrgenommen, an Gruppentreffen und regelmäßigen Beratungsgesprächen teilgenommen. Und nicht nur das: Die regelmäßigen Termine, das Zusammentreffen mit ihm zugewandten Menschen haben seinem Leben wieder verlässliche Struktur gegeben, plötzlich war da wieder so etwas wie Hoffnung, eine Zukunftsperspektive.
Mit dem Lockdown fiel die Unterstützung weg
Dann aber kam Corona und mit dem Virus der erste große Lockdown im Frühjahr. Die Suchtberatungsstelle an der Oststraße durfte keine Klienten mehr empfangen, Gruppentreffen wurden von heute auf morgen ganz plötzlich abgesagt. „Die anderen Teilnehmer haben mich immer darin bestärkt, abstinent zu bleiben und nicht wieder zu trinken“, erinnert sich der 39-Jährige, „durch den regelmäßigen Austausch hatte ich das Gefühl, nicht alleine zu sein, verstanden und wertgeschätzt zu werden. Und dann ist das alles weggebrochen und ich war fast nur noch zu Hause und mir ist die Decke auf den Kopf gefallen und meine Gedanken kreisten wieder ständig um den Konsum.“
Kreative Ideen während des Lockdowns
Stefan K. ist kein Einzelfall mit seinen Worten, Gefühlen, Ängsten – er steht stellvertretend für einen Großteil der Menschen mit Suchtproblematik. Weil die Fachleute dies wissen, mussten sie im Frühjahr sehr schnell kreative Ideen entwickeln, um irgendwie ihre Klienten zu erreichen, ihnen auf anderem Wege die Hand zu reichen. „Wir hatten vor dem ersten Lockdown 410 Kontakte hier in der Suchtberatung“, erklärt Wolfgang Stelzer, Suchttherapeut bei den Sozialen Diensten Niederberg (SDN), „denen haben wir regelmäßige telefonische Kontaktaufnahme angeboten, aber tatsächlich waren es während des zweiten Quartals gerade noch 21 Klienten, die wir so erreichen konnten. Die anderen konnten oder wollten das nicht.“
Suchtarbeit ist Beziehungsarbeit
Auch das Angebot, digitale Medien wie Videochats zum Austausch einzusetzen, stieß nicht auf die erwünschte Resonanz. „Man darf auch nicht vergessen, dass es vielen Menschen da an den technischen Möglichkeiten zu fehlt“, ergänzt Stelzer. Zudem sei es so, dass gerade Suchtarbeit auch Beziehungsarbeit sei. „Die, die vorher nur ein bis zweimal bei uns waren, sind uns komplett entglitten. Die, die schon länger zu uns gekommen oder in Therapie sind, waren wesentlich motivierter, den Kontakt zu uns zu halten.“
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Suchthilfe und Gruppentreffen findet statt
Nach dem ersten Lockdown kehrten insgesamt 97 Klienten in die Suchthilfe zurück: Drogen- und Alkoholabhängige, Medikamenten- oder Spielsüchtige aus Wülfrath, Heiligenhaus und Velbert, das sind die Städte, für die die Anlaufstelle an der Oststraße zuständig ist. Die Gruppenarbeit wurde wieder aufgenommen und findet regelmäßig mit geringer Teilnehmerzahl statt, muss daher auch derzeit nicht unterbrochen werden.
Vertraulicher Umgang mit Daten
„Es ist uns unglaublich wichtig, dass die betroffenen Menschen wissen, dass wir auch jetzt geöffnet haben, dass wir jeden, der unsere Hilfe in irgendeiner Form benötigt, einladen, zu uns zu kommen. Wir halten uns an alle Schutzmaßnahmen, so haben wir etwa gerade ganz frisch Plexiglasscheiben in den Beratungsbüros eingebaut bekommen“, teilt Wolfgang Stelzer mit, „und selbstverständlich gehen wir streng vertraulich mit den uns zur Verfügung gestellten Daten um. Es ist wichtig, sich Hilfe und Unterstützung zu holen, niemand mus sich dafür schämen.“ Weitere Berichte aus Velbert lesen sie hier.