Langenberg. Der Langenberger Gisbert Punsmann hat sich an Protesten gegen die Zustände auf Schalke beteiligt. Clemens Tönnies ist inzwischen zurückgetreten.
In Velbert ist er vor allem als Pastoralreferent bekannt: Gisbert Punsmann. Seine irdische Leidenschaft aber ist der FC Schalke 04. Weil es dem Klub schon seit Monaten schlecht geht, hat sich der Nierenhofer nun einer Protestaktion rund um die Schalker Arena angeschlossen.
Letzten Samstag um 15.30 Uhr, parallel also zum letzten Saisonspiel seiner Blau-Weißen auswärts beim SC Freiburg, bildeten anderthalbtausend Gleichgesinnte eine Menschenkette rund um das Schalker Stadion und machten mit Protestplakaten auf die Misere aufmerksam, die der Klub gerade durchläuft.
Protest gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden
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„Viele Leute wirkten angepieselt wegen der Situation auf Schalke und gleichzeitig voller Elan und Energie. Wir wollten einen Kontrapunkt setzen“, sagt Punsmann. „Der Mann neben mir in der Menschenkette war aus Marburg herübergefahren, aber ich habe auch bayerische Dialekte gehört. Diese Menschen haben viele Kilometer Beschwernis auf sich genommen.“
Und das alles, weil der Verein, der eigentlich seinen 160.000 Mitgliedern gehört – und somit der sechstgrößte Sportverein der Welt ist –, „unter einigen Wenigen aufgeteilt ist“, wie Gisbert Punsmann sagt. Gemeint war damit natürlich vor allem der – mittlerweile ehemalige – Schalker Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Tönnies, der aktuell auch wegen Corona-Verfehlungen in seinen Schlachthöfen öffentlich in der Kritik steht.
„Bezug zur Basis verloren“
Vor knapp einem Jahr hatte sich Tönnies zudem rassistisch geäußert, was in klarem Widerspruch zum Schalker Leitbild steht. Dort heißt es unter Punkt acht: „Wir zeigen Rassismus die Rote Karte und setzen uns aktiv für Toleranz und Fairness ein.“ Punsmann: „Tönnies, aber auch andere Vorstandsmitglieder, leben mittlerweile einfach in ihrer eigenen Welt und haben den Bezug zur Basis, zu den Werten und dem Leitbild des Vereins verloren.“
Deshalb forderte der Nierenhofer: „Ich halte es für sinnvoll, wenn Tönnies zurücktritt. Vielleicht bleibt er dann wenigstens teilweise in guter Erinnerung als jemand, dem der Verein wichtig gewesen ist.“ Was er nicht wissen konnte: Keine zehn Minuten nach Ende des Gesprächs mit der WAZ sickerte durch, dass Clemens Tönnies seinen Platz bei den Schalkern tatsächlich räumen wird – nach 19 Jahren als Aufsichtsratsvorsitzender.
Rücktritt kommt überraschend
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Eine Sensation, mit der so die wenigsten wirklich gerechnet hatten. Doch mit dem Aus zieht Tönnies Konsequenzen aus den letzten Verfehlungen. Da wäre etwa noch die Posse um den „Härtefallantrag“. Denn als einziger Bundesligist zahlen die Königsblauen keine Kartenpreise für die wegen Corona ausgefallenen Spiele vor dem 1. Januar 2022 zurück.
Ausnahme: Wer beweisen konnte, dass er ein so genannter Härtefall ist, also auf die oftmals vielen hundert Euro unmittelbar angewiesen ist, konnte sein Geld bereits früher zurückbekommen. „Das war natürlich lächerlich“, sagt Punsmann. Die Schalker Praxis ist zwar legal, war aber in der einkommensschwächsten Stadt Deutschlands ein absoluter Affront, zudem in Anbetracht der Tatsache, dass sich der Klub selbst noch immer als Arbeiterverein stilisiert.
„Klub gibt derzeit ein peinliches Bild ab“
„Es war aber natürlich nicht nur das. Tönnies führte den Verein einfach nach Gutsherrenart“, so Punsmann. Was dem Klub nach dem Rücktritt des Aufsichtsratsvorsitzenden genau helfen könnte, wissen auch die Fans nicht. „Der Gesamtverein gibt seit mindestens einem halben Jahr ein peinliches Bild ab. Man muss sich wirklich schämen, Schalker zu sein“, hatte Punsmann wenige Minuten vor der Rücktritts-Nachricht noch gesagt. Ein paar Minuten später aber sieht die Schalker Welt schon wieder ein bisschen heller aus.
Das Schalker Personalkarussell
Clemens Tönnies saß seit 1994 im Schalker Aufsichtsrat und war seit 2001 dessen Vorsitzender. Damit ist er über beinahe zwei Jahrzehnte der wichtigste Mann im Klub gewesen.
Tönnies ist nicht der erste Schalker Funktionär, der aufhört. Vor ihm war bereits Finanzvorstand Peter Peters nach 27-jähriger Tätigkeit zurückgetreten. Schalke 04 hat aktuell etwa 200 Millionen Euro Schulden.