Langenberg. Am WDR-Sender in Velbert-Langenberg müssen Abspannseile getauscht werden. Die Vorarbeiten laufen bereits, los geht es dann Mitte Juli.
Der Sender hüllt sich an diesem Morgen in Nebel, die Geräusche der Umgebung sind gedämpft. Da durchbricht der Lärm eines Dieselmotors die Stille. Wo genau das Geräusch herkommt, ist gar nicht so einfach zu lokalisieren. Ein Blick Richtung Mast – es ist der Aufzug, der langsam in die Höhe tuckert.
Am Fuß des 301 Meter hohen Senders liegen drei große Kabeltrommeln, darauf gewickelt fast unterarmdicke Stahlseile. „Wir tauschen die oberste Abspannungsebene aus“, erläutert Martin Altevogt. Der Bauingenieur ist verantwortlich für das Projekt und nun regelmäßig vor Ort in Langenberg.
Eine Hilfsabspannung muss her
Die oberste Abspannungsebene liegt immerhin 277 Meter über dem Boden, da sind einige Vorarbeiten nötig, damit der Mast und die sensiblen Antennen keinen Schaden nehmen. Bevor nämlich die alten Seile abgenommen werden können, muss eine Hilfsabspannung her.
Und die wird jetzt eingerichtet. Martin Altevogt nimmt ein Stück Papier, einen Stift und erläutert: „Die Hilfsabspannung besteht aus zwei Seilen, die parallel zum hängenden Seil angebracht werden.“ Die Halterung dafür muss in einem bestimmten Winkel am Mast befestigt werden, „damit der sich nicht durch die Kräfte, die auf die Abspannung wirken, in sich verdreht.“
Das Seil wiegt gut sechs Tonnen
Dann erst kann das Hauptseil entfernt werden. Aber auch hier ist Vorsicht angesagt – denn die Abspannung wiegt immerhin rund sechs Tonnen (oder sogar etwas mehr), „das kann man nicht einfach fallen lassen“, sagt Altevogt lachend. Zudem ist der Mast mit zahlreichen Antennen bestückt, „die dürfen wir natürlich nicht beschädigen.“
Nötig ist der Austausch, weil Inspektoren bei einer Routinekontrolle eine mögliche Gefahrenquelle entdeckt hatten: „Bis vor einiger Zeit wurde hier ja auch über Mittelwelle gesendet“, erläutert Bauingenieur Altevogt. „Das funktionierte mit einer so genannten Reuse aus Kupfer.“
Seil hält regulär 50 Jahre
Dabei ist eine Menge Energie über Induktion in die Abspannseile geflossen, weswegen der Mast mit den eingebauten Keramikisolatoren isoliert werden musste. Diese Isolatoren sind allerdings inzwischen beschädigt und müssten ausgetauscht werden. „Wir mussten uns also fragen: Neue Isolatoren oder neue Seile?“ sagt Martin Altevogt, „und Seile sind einfach günstiger.“
Unter normalen Umständen sei der Austausch noch gar nicht nötig gewesen, führt der Experte weiter aus. „Normalerweise haben die Seile eine Standzeit von 50 Jahren, der Sender ist in der Form, wie er jetzt ist, 1990 fertig gestellt worden.“ Ein regulärer Austausch wäre also erst in 20 Jahren an der Reihe gewesen.
Wanderweg wird vorübergehend gesperrt
Während der Aufzug im Hintergrund weiter in die Höhe fährt, zeigt Martin Altevogt auf die Fundamente der Abspannungen. Eines davon steht an der Grundstücksgrenze, unmittelbar in der Nähe eines Wanderwegs. „Dort werden wir eine Winde aufstellen müssen. Das heißt, dass dann der Wanderweg für zwei bis drei Wochen gesperrt werden muss.“
Mitte Juli sollen die eigentlichen Arbeiten losgehen. Dann werden die fast 340 Meter langen Stahlseile in die Höhe gezogen, oben an der Abspannungsebene befestigt und per Winde am Fundament auf die richtige Spannung gebracht. „Nach einem Jahr prüfen wir, ob die Spannung noch stimmt. Wenn nicht, justieren wir nach. Wenn doch, werden die Stahlseile noch beschichtet, erst dann ist die Arbeit beendet“, sagt Martin Altevogt. „Wenn also alles normal läuft, sind wir im August 2021 fertig.“
Warnkegel für den Flugverkehr
Zum Abschluss werden auch noch die vier Flughinderniskegel je Seil befestigt. Die rautenförmigen roten Kegel machen die äußersten Abspannseile sichtbar – und sind größer, als es der Schein vermuten lässt: Knapp zwei Meter lang sind die Kegel und entsprechend breit in der Mitte.
Für Wanderer und Spaziergänger könnten die nächsten Wochen also durchaus spannend werden, wenn sie auf dem Hordtberg rund um das Wahrzeichen der Stadt unterwegs sind.
Fantastische Aussicht
Begeistert ist Martin Altevogt von der Aussicht, die man von der obersten Abspannungsebene hat: „Bei gutem Wetter sieht man, bis wohin die Sendeleistung reicht“, erläutert der Bauingenieur.
Dann nämlich könne man aus 270 Metern Höhe das ganze Ruhrgebiet und den Niederrhein sehen. „Das ist schon schön und ziemlich beeindruckend.“
Der Hordtberg, auf dem der Sender steht, ist 244 Meter hoch und damit einer der höchsten Erhebungen in ganz Velbert.