Neviges. Kinder gehen in der Corona-Krise nicht zum Schulgottesdienst. Die evangelische Gemeinde zeichnet alles auf, und hat dabei einen frechen Helfer.
Eines ist klar: Ohne Steeve läuft nichts im Schulgottesdienst im Siepen. Das war schon vor der Corona-Krise so und jetzt erst recht. Gibt die lustige Handpuppe mit dem Strubbelkopf doch nicht nur freche Kommentare ab, sondern sagt auch manchmal etwas richtig Gescheites. Das kann man jetzt auch regelmäßig im Internet verfolgen. Denn wenn die Schüler der Regenbogenschule zurzeit nicht wie gewohnt mittwochs zum Gottesdienst gehen dürfen – die geforderte Abstandsregel wäre nicht einzuhalten – dann kommt der Gottesdienst eben ins Kinderzimmer. Möglich machen das Britta Burkhardt und Stephan Schnautz: Das engagierte Gemeindemitglied und der Küster und gute Geist der Gemeinde lassen sich jede Woche etwas Neues einfallen lassen, zeichnen alles per Handy auf und stellen es ins Netz.
Dank an die Jugendhilfe
Noch keine Treffen der Gruppen
Die aktuellen Schulgottesdienste werden jeden Mittwoch um acht Uhr hochgeladen und ins Netz gestellt. Hier sind auch die bisherigen Gottesdienste. Auf der Homepage www-ev-kirche-neviges.de ist der Youtube-Kanal leicht zu finden. Zweite Möglichkeit: Bei You Tube „evangelische Kirche Neviges“ eingeben.
Aufgrund der Corona-Pandemie fallen zurzeit alle Gruppen-Angebote der Gemeinde aus.
Möglich macht das auch die Jugendhilfe Lohmühle, die das Gemeindehaus samt Kirche im Siepen zwar gekauft hat, das entweihte Gotteshaus aber noch nicht als Veranstaltungssaal nutzt und es der Gemeinde zur Verfügung stellt. „Das ist ein absoluter Glücksfall, wir können hier unsere Sachen jedes Mal liegen lassen, das ist schon toll“, sagt Stephan Schnautz, bevor er sich seine Gitarre schnappt. Gleich geht es los mit der Aufzeichnung, noch liegt Steeve tiefenentspannt auf dem Bauch und wartet auf seinen Einsatz.
Der Küster hat einen Heidenspaß
Ein letzter Kontrollblick auf das Handy, das Britta Burkhardt gerade auf einen der Stehtische gestellt hat, die Kerze anzünden und Steeve noch fix die Haare schön machen. „Ok, also ich mach dann mal die Begrüßung“. Die Aufnahme läuft: „Guten Morgen, schön, dass ihr alle da seid. Weiß jemand, was nach Pfingsten in Jerusalem passiert ist?“ Steeve meldet sich zu Wort. „Ist bestimmt ne spannende Geschichte.“ Aber erst wird mal gesungen, mit großem Abstand und inbrünstig, und Stephan Schnautz ist anzumerken, dass ihm dieses Lied auch auf der Gitarre einen Heidenspaß macht. „Schritte wagen in Vertrauen auf einen guten Weg“, schallt es durch die Siepener Kirche, die einfach schön anzusehen ist mit ihrer schnörkellosen Architektur aus den sechziger Jahren.
Die Vorbereitung macht viel Arbeit
Stephan Schnautz hat schon mit Pfarrerin Stefanie Stute, die vor zwei Jahren aus Vernunftgründen nach überwundener Erkrankung eine Stelle bei der Bergischen Diakonie Aprath annahm, den Schulgottesdienst geleitet. „Später hab ich das dann mit Britta gemacht. Und als Corona kam, da wollten wir nicht so einfach aufhören. Uns sind die Kinder wichtig, ich hab Angst, dass wir die hier verlieren.“ Schon neun Gottesdienste haben die Zwei online in der Corona-Krise auf die Beine gestellt. Britta Burkhardt: „Im Ergebnis sind das 20 Minuten, aber es ist schon eine Menge Arbeit. Bei der Vorbereitung gehen etwa drei Stunden drauf.“ Die tolle Resonanz zeige aber, dass es sich lohne. „Hier, das habe ich heute morgen von einem kleinen Jungen als Sprachnachricht bekommen“, sagt Küster Schnautz und zückt sein Handy. „Stephan, du darfst nie damit aufhören, das ist so toll“, tönt eine aufgeregte Kinderstimme. Schnautz räuspert sich. „Da krieg ich feuchte Augen.“ Für Rührseligkeiten ist jetzt keine Zeit, weiter im Programm.
Viel Arbeit im Ehrenamt
Flugs schlüpft Stephan Schnautz in das braune Kostüm, das im Krippenspiel der Josefs-Darsteller trägt. Es ist ein wenig groß, aber wen stört das schon, wenn ein Lahmer plötzlich gehen kann. Kurze Rücksprache mit der „Regie“, bevor Britta Burkhardt die Aufnahme startet. „Also, ich muss ja jetzt erstmal erklären, wer ich bin.“ Zustimmendes Nicken, dann erzählt er die Geschichte eines Gelähmten, der vor dem Tempel in Jerusalem sitzt und bettelt. Von Petrus bekommt er kein Geld, hört aber, dass ihm ein Jesus von Nazareth etwas anderes schenke. „Auf einmal spürte ich ein Kribbeln und stand ich auf meinen Füßen, das war ganz irre.“ Ende der Szene. „Ging das? Oder steh ich zu weit rechts?“ Alles prima, da gibt’s nichts zu meckern. „Dann kommt jetzt die Überleitung, dass Steeve die Geschichte cool findet“, kündigt Britta Burkhardt ihren Einsatz an. Jetzt noch mal singen – und sich dann Neues überlegen für nächste Woche. Das alles natürlich ehrenamtlich, aber die Anerkennung der Kinder kann eh kein Geld der Welt aufwiegen.