Langenberg. An der Stadtgrenze zwischen Velbert-Langenberg und Hattingen beginnt der Ruhrverband im Sommer mit der Renaturierung des Deilbachs.

Begradigung von Flussläufen, Eindeichung, Entwässerung und Bebauung: Seit Jahrhunderten haben menschengemachte Veränderungen an Gewässern dafür gesorgt, dass intakte Auen, also der regelmäßig bei Hochwasser überschwemmte Talboden, heutzutage nur noch in kleinen Restbeständen vorhanden sind. Dabei gehören Auenstandorte zu den artenreichsten, aber gleichzeitig auch gefährdetsten Lebensräumen.

Bislang als Mähwiese genutzt

Auch der Ruhrverband besitzt eine solche Fläche kurz vor dem Übertritt des Deilbachs auf Essener Stadtgebiet. Das rund sieben Hektar große Areal – das entspricht etwa zehn Fußballfeldern – wurde bislang intensiv als Mähwiese genutzt und soll in diesem Sommer auf Initiative der Stadt Velbert zu einem Auenstandort umgestaltet werden. Ziel ist es, einen artenreichen, mit dem Deilbach eng vernetzten und sich dynamisch entwickelnden Lebensraum zu schaffen.

Hierzu wird der Ruhrverband eine Flutrinne anlegen, in die der Deilbach schon bei einem kleineren Hochwasser ausufern kann. Durch zwei Stillgewässer erhalten etwa Amphibien und Libellen einen neuen Lebensraum. Die teilweise noch vorhandene Uferbefestigung des Deilbachs wird entfernt und die ufernahen Bereiche werden als Auwald entwickelt.

Nass- und Feuchtwiese wird angelegt

Die Bereiche, die nicht zu Gewässer oder Auwald werden, erhalten die Funktion einer Nass- und Feuchtwiese, denn auch dieses artenreiche Grünland ist infolge der heute üblichen intensiven Landwirtschaft überall selten geworden – mit der Folge, dass die Bestände vieler Wiesenvögel und Insekten rapide zurückgegangen sind. Damit sie am Deilbach wieder eine Heimat finden, soll das Grünland nur behutsam genutzt werden: Auf Pflanzenschutzmittel und Düngung wird verzichtet, gemäht wird erst ab Mitte Juni.

Zur Vereinfachung hat der verfahrensführende Kreis Mettmann die behördliche Zustimmung als so genannte Unterhaltungsmaßnahme erteilt. Finanziert wird das Projekt über ein Ökokonto, mit dem Eingriffe in die Natur, die durch Baumaßnahmen an anderer Stelle entstehen, ausgeglichen werden können.

Die im letzten Jahr neu gebaute Radwegverbindung zwischen Essen-Kupferdreh und Velbert-Nierenhof führt entlang der neuen Auenlandschaft am Deilbach und wird das Areal für die Bevölkerung erlebbarmachen. Um die natürliche Entwicklung des empfindlichen Ökosystems nicht zu stören, bittet der Ruhrverband darum, den Radweg nicht zu verlassen.

Stadt beginnt Renaturierung voraussichtlich 2021

Diese Deilbachaue an der Bonsfelder Straße gehört der Stadt Velbert und wird ebenfalls renaturiert – so wie es jetzt aussieht, ab 2021.
Diese Deilbachaue an der Bonsfelder Straße gehört der Stadt Velbert und wird ebenfalls renaturiert – so wie es jetzt aussieht, ab 2021. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Nur knapp zwei Kilometer südöstlich befindet sich eine ähnliche Fläche: Auch diese Wiese hinter der Tankstelle an der Bonsfelder Straße soll dem Deilbach zurückgegeben werden: „Die Deilbachaue haben wir gekauft“, berichtete Carmen Sauerwein, Sachgebietsleiterin Stadtentwässerung bei den Technischen Betrieben Velbert, bei einer Ortsbegehung.

„Zur Renaturierung haben wir uns historische Karten angeschaut und den Bachverlauf von damals.“ Daraus hätten sich einige Varianten ergeben, eine davon werde bald – voraussichtlich 2021 – umgesetzt: „Wir holen den Bach aus seiner Randlage heraus“, erläutert Carmen Sauerwein. Das große Hauptgerinne werde dann durch die Aue geführt und soll die Möglichkeit bekommen, sich selbst ein Bachbett zu graben.

Eigentümer angrenzender Grundstücke einbeziehen

Totholz soll dabei helfen, natürliche Hindernisse zu bilden, auch hier soll ein Auwald angelegt werden. Aber auch offenes Gelände soll bleiben: „Das werden dann Schafe frei halten“, beschreibt Carmen Sauerwein. Für das Regenwasser werden so genannte Retentionsmulden geschaffen: Die bremsen das Wasser ab und leiten es dann weiter in den Bachlauf ein.

Zwei Landkreise involviert

Der historische Deilbachlauf bildet die Grenze zwischen Hattingen und Velbert und damit gleichzeitig auch die Grenze zwischen dem Ennepe-Ruhr-Kreis und dem Kreis Mettmann.

Die Maßnahme des Ruhrverbands erforderte daher die Abstimmung mit jeweils zwei Bezirksregierungen, Kreis- und Stadtverwaltungen, Forstämtern und Wasserverbänden.

Dass es bis zum Start der Arbeiten noch dauert liege daran, dass die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke in die Planung mit einbezogen werden müssen, ebenso die Bahn – die S-Bahn bildet im Westen die Grenze der Deilbachaue – und die Landschaftsbehörden. Wenn die Renaturierung dann aber abgeschlossen ist und der Bach wieder frei durch die Landschaft plätschert, ist aber noch lange nicht Schluss mit Bauarbeiten: Auch der Radweg, der Nierenhof mit Kupferdreh verbindet, soll entlang des Bachs in Richtung Langenberger Bahnhof und Altstadt fortgeführt werden.