Langenberg. . Seit 2005 sind Technische Betriebe und Wasserverband dabei, Langenbergs Bäche zu renaturieren. Ein Rundgang zu markanten Stellen.
Der Hardenberger Bach plätschert friedlich durch sein Bett, vorbei an grünen Wiesen und Wäldchen. Entfernt sind Autos auf der Vogteier Straße zu hören, ab und an die vorbeirauschende S-Bahn.
„Seit dem Jahr 2000 gab es die Idee, hier auf dem Gelände an der Sambeck etwas zu tun“, erzählt Carmen Sauerwein, Sachgebietsleiterin Stadtentwässerung bei den Technischen Betrieben Velbert. Zuerst sollte der Bach gerade entlang der Bahnstrecke verlaufen, doch dann ist aus der Idee ein Gewässerprojekt geworden: Das Wasser sollte wieder ganz natürlich fließen. Dazu wurden Altlasten der ehemaligen Industrieanlage im Boden eingekapselt – inklusive Grundwasser-Monitoring.
Fledermäuse nisten in altem Keller
Danach wurde Raum für das Gewässer geschaffen. Nun fließt es in sanften Kurven, große und kleine Steine regulieren die Fließgeschwindigkeit; Baumstämme sind eingearbeitet worden – so gut, dass es aussieht, als wenn sie schon immer an Ort und Stelle gelegen hätten. So entsteht Lebensraum für Kleinstlebewesen und die Strömungsverhältnisse werden variiert. Die Böschungen sind – da wo es möglich war – flach gestaltet, so dass Tiere das Gewässer problemlos queren können. Und die Mündung des Bruhlö-Bachs ist nun freigelegt. Was noch steht, ist das Industriegebäude. Dafür suchen die TBV einen Käufer. An den Gebäuden vorbei läuft ein Fußweg, der später einmal von der Hauptstraße am Bach entlang Richtung Altstadt führen soll. Der Keller der Villa und ein Brunnengebäude stehen noch: Hier haben sich Fledermäuse eingenistet.
Das Regenrückhaltebecken dient in erster Linie dem Schutz des Gewässers: Es verhindert, dass bei starken Niederschlägen die Wassermassen das Bachbett hinunterstürzen und alles mit sich mitreißen. Stattdessen wird das Wasser nach und nach abgegeben. Und die Wasserqualität? „Die ist mittlerweile ganz gut“, sagt Carmen Sauerwein. Das hänge auch damit zusammen, dass die Kläranlage auf Nevigeser Gebiet nicht mehr da sei.
Mitten in der Stadt ist es vorbei mit der Natürlichkeit
Unterhalb der Kirche St. Michael fließt der Deilbach entlang der Voßkuhlstraße, zu beiden Seiten gesäumt von steinernen Wänden. Kühl ist es dort unten, die zahlreichen Bäume spenden viel Schatten. Interessant hier sind die Wassereinleitstellen – große Löcher in der gemauerten Uferbefestigung, die mit Gittern gegen unbefugte Eindringlinge gesichert sind. Doch schön sehen diese Löcher nicht aus, Papier und anderer Unrat sammelt sich an den Eisenstäben.
„Nach und nach wollen wir diese Bereiche sanieren“, erläutert Carmen Sauerwein. Allerdings gestalte sich das nicht ganz so einfach. „Es ist schwierig, diese größeren Bauwerke komplett zu überarbeiten. Die liegen schließlich mitten in der Straße.“ Und unter der Asphaltdecke verlaufen Leitungen und Kanäle. Außerdem müsste die Straße aufgerissen und gesperrt werden. „Man kann diese Einleitstellen aber auch technisch nachrüsten“, sagt Carmen Sauerwein. Was weniger Aufwand bedeuten würde.
Eine weitere Besonderheit an dieser Stelle des Bachs: Unterhalb eines schmalen, nicht für den Publikumsverkehr geöffneten, Übergangs befindet sich eine Messstelle für den Wasserstand. „Das ist einerseits ganz schön, denn wir müssen ja den Wasserstand kennen, um unsere Modelle zu rechnen.“ Modelle, die zum Beispiel Hochwasser besser voraussagen helfen. „Andererseits muss der Bach dadurch aber durch einen künstlichen Querschnitt fließen. Und eigentlich will man ja doch lieber Natur haben.“
Typisch für diesen Abschnitt des Baches ist die Sole, also der Grund: viel Schotter und Kies. Zwischen den Steinchen gibt es Lücken, die wichtig sind. „Je mehr Feinstoffe nämlich diese Lücken zusetzen, desto weniger Kleinstlebewesen haben wir in dem Gewässer“, sagt Carmen Sauerwein. Und die wiederum dienen auch als Nahrung für die Fische, die im Deilbach leben. Wieviele und welche das sind, das wird regelmäßig überprüft – durch die so genannte Elektro-Befischung.
Die Industrie schuf sich einst ihren eigenen Bachlauf
In Bonsfeld, an der Grenze zu Nierenhof, liegt eine Auenlandschaft. Der Deilbach quetscht sich hier an den Rand, fließt direkt an den alten Ziegelsteinbauten vorbei. Der Grund sieht zwar natürlich aus, ist aber einstmals gepflastert worden: damit das Wasser schneller fließt und die Wasserräder der Fabriken antreibt.
„Die Deilbachaue haben wir gekauft“, berichtet Carmen Sauerwein. Denn der Deilbach soll hier – so wie der Hardenberger Bach in der Sambeck – renaturiert werden. „Dazu haben wir uns historische Karten angeschaut und den Bachverlauf von damals.“ Daraus hätten sich einige Varianten ergeben, eine davon wird bald umgesetzt: „Wir holen den Bach aus seiner Randlage heraus“, erläutert Carmen Sauerwein.
Das große Hauptgerinne wird dann durch die Aue geführt und soll die Möglichkeit bekommen, sich selbst ein Bachbett zu graben. Totholz soll dabei helfen, natürliche Hindernisse bilden. Ein Auwald soll angelegt werden, aber auch offenes Gelände soll bleiben: „Das werden dann Schafe freihalten“, beschreibt Carmen Sauerwein. Für das Regenwasser werden so genannte Retentionsmulden geschaffen: Die bremsen das Wasser ab und leiten es dann weiter in den Bachlauf ein.
Doch bis es so weit ist, werden noch ein paar Jahre ins Land gehen. „Wenn wir ganz optimistisch sind, dann könnten wir vielleicht im Jahr 2020 oder 2021 loslegen“, schätzt Carmen Sauerwein. Denn die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke müssten in die Planung mit einbezogen werden, ebenso die Bahn – die S-Bahn bildet im Westen die Grenze der Deilbachaue – und die Landschaftsbehörden.
Wenn die Renaturierung dann aber abgeschlossen ist und der Bach wieder frei durch die Landschaft plätschert, ist aber noch lange nicht Schluss mit Bauarbeiten: Denn auch der Radweg, der aktuell Nierenhof mit Kupferdreh verbindet, soll entlang des Bachs in Richtung Langenberger Bahnhof und Altstadt fortgeführt werden.
Im Nizzatal ist auch schon ein Eisvogel gesichtet worden
Richtung Nizzatal, kurz vor dem Gymnasium an der Panner Straße, gibt es am Deilbach fast schon postkartengleiche Urlaubsidylle zu erleben: Wie ein Gebirgsbach sucht sich das Wasser seinen Weg zwischen riesigen Steinbrocken hindurch. Zahlreiche Bäume spenden Schatten, es ist kühl, erfrischend kühl. Zwischen den Brocken bilden sich kleine, tümpelähnliche Untiefen, kniehoch staut sich das Wasser. Und nur wenige Zentimeter weiter rauscht es sprudelnd zwischen den Steinen hindurch.
„Das war eine besonders spannende Baustelle“, erinnert sich Carmen Sauerwein. Den zuständig für die eigentlichen Arbeiten sind nicht die Technischen Betriebe, sondern der Bergisch Rheinische Wasserverband (BRW). Und der rückte mit einem Spezialbagger an, einem so genannten Schreitbagger. Der hat zwar auch Räder, bewegt sich aber bei der Arbeit wie eine Spinne auf Auslegern fort. Jedes einzelne „Bein“ kann dabei einzeln gesteuert werden. Und auch hier fällt heute nicht mehr auf, dass einst eine schmale Rinne dem Bach seine Richtung vorgab.
Was auch die Tierwelt mitbekommen hat. Einige seltene Exemplare haben den Bach als Lebensraum wiederentdeckt. So soll, berichtet Carmen Sauerwein, in diesem Abschnitt des Deilbachs schon ein Eisvogel gesichtet worden sein. „So nach und nach kümmern wir uns um den ganzen Bachverlauf“, erzählt sie weiter. Auch im Stillen Park sind TBV und BRW schon aktiv gewesen: Der Abwasserkanal ist in den Park verlegt worden, dafür ist nun das Bachbett an dieser Stelle breiter. „Man sieht, es passiert so einiges. Es ist wie ein Mosaik. Seit 2005 sind wir jetzt dran“, sagt Carmen Sauerwein, für die die Arbeit an den Gewässern so etwas wie ein Bonus ist. „Aber wir machen das ja gerne, schließlich hat das auch große Außenwirkung.“
Eigentlich ist sie nämlich für die innerstädtische Entwässerung zuständig, hier liegen die Schwerpunkte ihrer Abteilung – Bewirtschaftung, Instandhaltung und Sanierung des Kanalsystems.