Velbert. Die Eisdielen dürfen unter strengen Auflagen wieder öffnen. Für die Betreiber der Velberter Lokale ist das aber nur ein kleiner Trost.
Es ist eine Szenerie wie aus dem Bilderbuch. Spaziergänger schlendern bei strahlendem Sonnenschein durch die malerische Altstadt. Da fehlt nur noch ein großer Eisbecher mit Schlagsahne. Aber etwas trübt die Idylle. Die Türen der Langenberger Traditionseisdiele, dem Eis-Café Angelo, sind fest verschlossen und auf den Bänken im Umkreis sitzt niemand mit einer Tüte Eis auf der Hand.
„Eine Kugel Erdbeereis im Hörnchen, bitte!“ – Solche Sätze hört Marco Levis schon längst nicht mehr, obwohl der Fensterverkauf fast wie gewohnt stattfinden kann. „Neuerdings dürfen wir unser Eis nur noch eingepackt und im Becher verkaufen“, erläutert er ein wenig resigniert. Doch das ist lange nicht der größte Rückschlag für den kleinen Familienbetrieb.
Inhaber wünscht sich einheitliche Regelungen
Was mit verschärften Hygienemaßnahmen und ersten Abstandsregelungen begann, führte Ende März zur Schließung der Eisdiele. „Wir durften etwa eine Woche lang überhaupt nicht öffnen“, erinnert sich Levis. Das bedeuteten natürlich Einbußen von 100 Prozent.
„Wenn ich mir eins hätte wünschen dürfen, dann wären es einheitliche Regelungen“, findet der Gelatiere, schließlich hat jedes Ordnungsamt selbst entschieden, welche Maßnahmen es ergreifen soll. „Alle oder keiner“, das ist Marco Levises Motto in Zeiten der Corona-Krise. Niemand habe etwas davon, wenn die eine Eisdiele dicht macht und im Umkreis fröhlich weiterverkauft werde.
Außerhausverkauf löst Problem nur bedingt
Am 2. April kommt dann die gute Nachricht. Während das Verbot in anderen Bundesländern noch in Kraft ist, beendet das Bundesland NRW den kompletten Shutdown der Eisdielen. Der Außerhausverkauf darf wieder starten. Eine Freudenbotschaft für alle Eisdielenbesitzer, doch damit ist die Krise längst nicht überwunden.
Trotz Lieferdienst und Fensterverkauf hat das Eiscafé Angelo täglich Verluste von 60 bis 70 Prozent zu beklagen. „Man sollte meinen, dass die Menschen bei dem Wetter alle spazieren gehen und die Einbußen ein wenig auffangen“, kommentiert Levis und betrachtet die kleine Schlange vor seinem Café, „Aber viele bleiben eben auch zu Hause, weil sie sich hier nicht mehr hinsetzen können.“
Kunden halten sich an Abstandsregel
Sowohl für die Menschen vor als auch hinter der Theke bedeutete die Wiedereröffnung eine ziemliche Umstellung. „Statt zu viert sind wir jetzt nur noch zu zweit im Café“, erklärt Levis, mehr brauche man eben nicht für den Dienst am Fenster. Die Schlange draußen ist etwas länger als gewohnt, aber das liegt nur an den blauen Markierungen am Boden, die die Kunden längst aus den Supermärkten und Drogerien kennen.
Doch das ist nicht die einzige Abstandsregel, die es einzuhalten gilt. Wer die Beschränkungen umgehen möchte und seinen eingepackten Eisbecher gleich auf einer der umliegenden Bänke verzehren möchte, der hat mit harten Konsequenzen zu rechnen. „Im Umkreis von 50 Metern ist der Verzehr verboten“, verkünden einige Hinweisschilder.
„Die Zukunft bleibt ungewiss“
Da kennt auch das Team vom Eis-Café Angelo keine Gnade. Besonders zu Beginn musste es vermehrt darauf hinweisen. „Das nehmen wir ziemlich ernst“, erklärt Levis, „Schließlich hängt auch unsere Existenz davon ab.“ Den Eishändlern, die solche Verstöße zulassen, droht eine Geldstrafe im vierstelligen Bereich und natürlich die völlige Schließung. „Nach einem freundlichen Hinweis funktioniert es aber ganz gut“, findet Levis, „und auch dem Ordnungsamt muss ich mal ein Lob aussprechen.“
Die größten Hürden habe die Familie hoffentlich schon hinter sich gebracht, doch die Zukunft bleibe ungewiss. „Es muss eben getan werden, was getan werden muss“, Marco Levis wirkt ein wenig resigniert, „die Einschränkungen sind notwendig und wir sind froh, wenigstens das Fenster zu haben.“
Kaum einer möchte Eis essen
Silvio Pagano ist Besitzer des Eiscafés La Luna am Offersplatz in Velbert-Mitte. Er macht sich zunehmend Sorgen um das Geschäft. „Das ist eine existenzbedrohende Geschichte hier“, erzählt er in Hinblick auf den Verkauf während der Corona-Krise. Genau so wie viele anderen Branchen, leiden auch die Eisdielen und Cafés in Velbert und Umgebung unter Umsatzeinbußen.
Es sind zwar einige Leute in der Stadt unterwegs und kommen auch am Eiscafé vorbei, doch Interesse an einer kühlen Kleinigkeit zeigt kaum jemand. Für dieses Verhalten zeigt der Italiener wiederum Verständnis: „Eigentlich sollte man ja auch nur fürs Nötigste raus“, stellt er fest.
Sitzplätze am Offersplatz dürfen nicht genutzt werden
Für den Eisverkauf wäre es bei dem Wetter normalerweise jetzt „die optimale Zeit gewesen“, doch seit Mitte März geht nichts mehr, auch die achtzig Sitzplätze draußen sind nicht aufgebaut. Es darf nur ein so genannter Außer-Haus-Verkauf stattfinden. Die vorgeschriebenen Abstände müssen eingehalten werden und das Eis darf erst in 50 Metern Abstand zur Eisdiele verzehrt werden, um größere Menschenansammlungen zu vermeiden.
In der Regel würden sich die Kunden auch an die Vorschriften halten. Doch die Situation ist nicht nur schwierig für Pagano als Besitzer des Ladens, sondern auch für seine Mitarbeiter. „Kurzarbeit für die Mitarbeiter haben wir bereits angemeldet“, erzählt er, doch reichen würde das nicht.
Soforthilfe des Landes ist „Tropfen auf den heißen Stein“
Eiscafé öffnet täglich
Das Eis-Café Angelo in Langenberg öffnet sein Außer-Haus-Fenster täglich von 12 bis 18 Uhr. Wer schon für den nächsten Tag plant, kann sich auch eine Eistorte oder eine Cassata für zu Hause bestellen. Angestrebt war die Wiedereröffnung der Eisdielen am 19. April, doch es ist höchst unwahrscheinlich, dass dieser Termin eingehalten werden kann.
Das La Luna ist noch relativ neu in Velbert, am ersten August 2018 wurde das Eiscafé eröffnet. Es ist Teil einer Franchisekette zu der mehr als vierzig Partner in Deutschland gehören. Das Eiscafé in Velbert ist zurzeit, je nach Kundenaufkommen, von elf Uhr morgens an bis in den frühen Abend geöffnet. Das Eis wird jedoch aufgrund der vom Land erlassenen Hygienevorschriften nur in Bechern verkauft, Waffeln sind tabu.
Auch die Soforthilfen des Landes nimmt der Unternehmer dankend an, sie seien besser als gar nichts, doch am Ende „auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein.“ – „Wenn Vermieter und Lieferanten nicht an einem Strang ziehen würden, dann würden wir als Geschäft das gar nicht aushalten.“
Für die Hilfe durch Bund und Land ist Pagano allerdings sehr dankbar, das sei anders als in Italien, wo seit Mitte Februar eine strenge Ausgangssperre herrsche und die Unternehmen faktisch allein gelassen werden. Dennoch weiß auch er nicht, ob das Geschäft die nächsten Monate mit den starken Umsatzeinbußen noch überleben kann. „Die Situation ist finanziell nicht nur schwierig, sie ist eine Katastrophe“, so Pagano besorgt.
Kunden freuen sich über Eröffnung
Die Kunden nehmen die Wiedereröffnung der Eisdiele positiv auf, „das ist der richtige Schritt“, meint Rainer Bleß mit einem Eis in der Hand – natürlich vorbildlich im Becher und mit ausreichend Abstand. „Ein kleines Stückchen Lebensqualität.“ Dem stimmt seine Frau zu.
Eiscafé Besitzer Pagano hält die Maßnahmen der Regierung an sich für angemessen, allerdings hat er die Bitte nach einem einheitlicheren Handeln. „Es kann nicht sein, dass unser Partner in Wuppertal vor zwei Wochen noch aufhaben durfte, während wir nach zwei Stunden vom Ordnungsamt drauf hingewiesen wurden, doch bitte zu schließen.“ Zum Abschluss resümiert er: „Wir müssen da alle zusammen durch, jeder sollte sich an die Vorschriften halten. Wir hoffen alle, dass das hier bald zu Ende ist.“