Düsseldorf. Nach Ostern will der NRW-Ministerpräsident die Pandemie-Maßnahmen lockern. Eine Expertengruppe hat dazu Vorschläge erarbeitet.
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Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hat die Bevölkerung in einer Osteransprache auf „viele kleine, vorsichtige Schritte“ vorbereitet, um die Einschränkungen in der Corona-Krise zu lockern. „Je mehr wir alle Geduld, Disziplin und Gemeinsinn aufbringen, desto leichter gelingt die Rückkehr ins Leben“, sagte Laschet in seiner Rede laut vorab veröffentlichtem Manuskript. Die Ansprache sollte am Abend im WDR-Fernsehen und -Radio ausgestrahlt werden.
Dank an die disziplinierte Bevölkerung
„Danke, dass Sie sich an die Regeln halten, dass Sie Abstand halten und zusammenhalten“, sagte Laschet und bezeichnete die Corona-Krise als schwerste Bewährungsprobe für das Land NRW seit der Gründung im Jahr 1946. Besonders schmerzlich sei, dass Familien auf Abstand bleiben müssten, dass Kinder ihre Großeltern nicht besuchen können, dass nicht einmal eine Umarmung möglich sei. „Das ist alles hart. Mit der Stärke jedes Einzelnen schwächen wir gemeinsam das Virus“, sagte der CDU-Politiker.
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Der Regierungschef bedankte sich bei allen, die auch an diesem Osterwochenende arbeiteten wie Ärzte, Pfleger, Schwestern, Rettungskräfte, Polizisten und Mitarbeiter im Einzelhandel. Laschet erinnerte an die negativen Seiten, die der Verzicht mit sich bringt. „Alles, was wir gerade zur Eindämmung des Virus tun, hat auch negative Folgen. Ich denke an die Hunderttausenden, die leiden unter Kurzarbeit, unter Arbeitslosigkeit, an die, die jetzt leiden müssen unter Depression, Einsamkeit und verschobenen Operationen, unter Gewalt oder Verrohung, gerade auch die Kinder unter ihnen.“
"Wir brauchen eine Aussicht auf Normalisierung"
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Gerade angesichts all dieser Schäden sei er fest davon überzeugt: „Die Bereitschaft zum Verzicht braucht auch eine Aussicht auf Normalisierung. Wir benötigen einen Fahrplan, der uns den Weg in eine verantwortungsvolle Normalität zeigt“, sagte Laschet. Er verwies darauf, dass Regierung und Opposition, Bund und Land, so viel wie möglich gemeinsam entscheiden. In den vergangenen Tagen gab es immer wieder Berichte, wonach Laschet und Bundeskanzlerin Merkel uneins seien über den künftigen Kurs. Laschet sei der Kanzlerin zu voreilig. Umgekehrt finde Laschet die Kanzlerin zu zögerlich angesichts der sich abzeichnenden wirtschaftlichen Katastrophe aufgrund des Lockdowns.
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Eine von der nordrhein-westfälischen Landesregierung eingesetzte Expertengruppe hat Maßgaben und Vorschläge für Lockerungen der strengen Corona-Einschränkungen vorgelegt. In dem Papier des interdisziplinären Teams heißt es, über Lockerungen könne erst nachgedacht werden, wenn klar sei, dass das Gesundheitssystem „absehbar nicht überfordert ist“ und Voraussetzungen für ein besseres „Monitoring“ der Krise geschaffen seien. Dann aber könne die Rückkehr zur Normalität „schrittweise forciert werden“.
Weg aus der Corona-Krise: Laschet fordert offene, transparente Debatte
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In einem beigefügten Schreiben an Merkel und die Regierungschefs der anderen Bundesländer betonte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet, es brauche „eine offene, transparente Debatte über den Weg aus der Krise und einen Fahrplan in eine verantwortungsvolle Normalität“. Das Experten-Papier und eine Studie über den besonders von der Coronavirus-Epidemie betroffenen Kreis Heinsberg sollten „ein Beitrag zur inhaltlichen Grundlage für unsere gemeinsamen Beratungen in der nächsten Woche sein“.
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Zu der Expertengruppe gehören unter anderem der Bonner Virologe Hendrik Streeck, der frühere Bundesverfassungsrichter Udo di Fabio und der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, Michael Hüther.
Weiteres Vorgehen in der Corona-Krise wird wohl am 19. April entscheiden
Bund und Länder haben einschneidende Maßnahmen beschlossen, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. Am 15. April soll beraten werden, wie es weitergeht. Bei einer weiteren Schaltkonferenz Merkels mit den Ministerpräsidenten am 19. April wird voraussichtlich entschieden, ob Teile der Beschränkungen aufgehoben oder verändert werden können.
In dem Experten-Papier heißt es, ein möglicher Weg könne darin bestehen, „einzelne Bereiche des öffentlichen Lebens nach und nach wieder zuzulassen“. Dazu gehörten Schulen, Universitäten und der Einzelhandel. Bei den Schulen solle es dabei zeitversetzten Unterricht und Unterschiede je nach Alter geben. In Kitas und im „Präsenzunterricht“ sollten zuerst vor allem Lehrkräfte arbeiten, die nicht zu Risikogruppen gehören. Die Kinderbetreuung in Kitas und die „(Teil-)Öffnung von Schulen“ könne Beschäftigten und Selbstständigen wieder Freiräume verschaffen.
Experten-Team für Ausweitung der Corona-Tests
Die Testverfahren sollten ausgeweitet werden, wenn die Infrastrukturen bereitstehen. Menschen mit Symptomen und bestätigten Kontaktpersonen sollten grundsätzlich immer getestet werden. Auch sollten die Infektionsketten möglichst lückenlos zurückverfolgt werden.
Die konkreten Schritte und die Geschwindigkeit der Öffnung sollen sich an vier Kriterien orientieren. Zunächst müsse bestimmt werden, wo die Gefahr einer Ansteckung besonders hoch sei und wo weniger. Zweitens gelte die Frage: „Für wen wäre eine Ansteckung besonders gefährlich?“. Diese Gruppen müssten weiter besonders geschützt werden. Drittens komme es darauf an, was „für Wirtschaft und Gesellschaft besonders wichtig“ sei. Zuletzt schließlich müsse bedacht werden, wie gut sich im jeweiligen Bereich Schutzmaßnahmen umsetzen ließen.
Bessere Steuerung der Kapazitäten für Intensivbetten notwendig
In dem 15-Seiten-Papier unter dem Titel „Weg in eine verantwortungsvolle Normalität“ heißt es, vorrangig gelte es, die medizinischen Kapazitäten so schnell wie möglich auszubauen. Es sei eine bessere Steuerung der Kapazitäten insbesondere bei Intensivbetten mit oder ohne Beatmungsmöglichkeiten nötig. Diese müssten in Echtzeit erfasst werden.
Zudem sei eine bessere Erreichbarkeit der Gesundheitsämter und eine bessere Informationsverteilung zwischen diesen nötig. Zielmarke sei eine Steigerung der Zahl der Tests auf das Coronavirus auf bis zu 500.000 pro Tag. Dazu sei ein schneller Aufbau der Testinfrastruktur auch unter Einbeziehung weiterer Labore und die Einrichtung mobiler Teststationen mit Unterstützung durch das Technische Hilfswerk, die Bundeswehr und das Rote Kreuz nötig.
Experten rechnen mit Rückschritten und erneuten Anstieg der Infektionszahlen
Die Experten gehen davon aus, dass die alten Freiheiten nur langsam wiedererlangt werden könne. Klar müsse sein, dass es Rückschritte geben werde. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werde das Land wiederholt mit einem erneuten Anstieg der Infektionszahlen konfrontiert sein. Jeden neue Infektionswelle werde erfordern, Schritte wieder zurückzugehen. Gleichzeitig müssten die Infektionsketten möglichst lückenlos zurückverfolgt werden können. Dazu sein eine schnelle Aufstockung des Personals bei den Gesundheitsämtern etwa durch Unterstützung von Medizinstudenten oder die Bundeswehr erforderlich.
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Wirtschaftliche Aktivitäten müssten so schnell wie möglich und soweit verantwortbar wieder zugelassen werden. Dabei müssten Schutzmaßnahmen wie Masken, Abstand oder Trennwände ergriffen werden. Einzelhandelsgeschäfte könnten beispielsweise „sicher früher wieder öffnen als Diskotheken, in der Gastronomie sind ggf. strikte Vorgaben denkbar (Tischabstand, begrenzte Personenzahl)“. Weiter heißt es in dem Papier: „Großveranstaltungen wie Fußballspiele der Bundesliga mit Zuschauern, aber auch Messen und Kongresse werden auf absehbare Zeit nicht stattfinden können.“
Menschen verhalten sich diszipliniert
Trotz des herrlichen Frühlingswetters haben sich die Menschen in Nordrhein-Westfalen am Oster-Wochenende bislang weitestgehend an das vom Land in der Corona-Krise vorgegebene Kontaktverbot gehalten. Die Zahl der eingeleiteten Verfahren nach Ordnungswidrigkeiten lag zumeist unter denen des Vorwochenendes, teilten die Städte mit. Ausreißer war am Karsamstag Aachen. Hier registrierte das Ordnungsamt vermehrt Gruppen, die gegen das Corona-Kontaktverbot verstoßen und sich auf Plätzen getroffen oder in Parks gegrillt hatten. Nach Angaben der Stadt von Ostersonntag wurden 30 Verfahren eingeleitet. Zusammen mit der Polizei löste das städtische Ordnungsamt außerdem eine nicht genehmigte Demonstration auf. Rund 25 Personen hatten sich laut Mitteilung an einem Brunnen widerrechtlich versammelt.
In anderen Städten wie Köln, Münster, Bielefeld oder Dortmund zeigten sich die Verwaltungen zufrieden und sprachen von einer disziplinierten Bevölkerung.
Wegen des Gottesdienstverbotes in der Corona-Krise bleiben die Kirchen in NRW an Ostern erstmals leer. Stattdessen predigen etwa der Kölner Kardinal Rainer Woelki und der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, vor unbesetzten Kirchenbänken. Die Gottesdienste werden im Internet übertragen, einige auch im Radio oder Fernsehen.
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Eine Ausnahme bildet ein Düsseldorfer Autokino: Dort sollen Gläubige am Sonntag an einer katholischen Messe unter freiem Himmel teilnehmen können. Allerdings sitzen sie dabei in ihrem Fahrzeug und haben keinen direkten Kontakt zu den anderen Teilnehmern.
Die Christen haben sich einiges einfallen lassen, um dennoch etwas festliche Stimmung aufkommen zu lassen. So sollten am Ostersonntag von 9.30 Uhr bis 9.45 Uhr in allen katholischen und evangelischen Kirchen in Nordrhein-Westfalen möglichst alle Glocken geläutet werden. In einigen Gemeinden konnten sich die Gläubigen außerdem Osterkerzen abholen. Vor dem Kölner Dom versammelten sich laut einem dpa-Reporter rund 500 Gläubige, lauschten dem Glockengeläut und hielten Christus-Bilder in die Höhe. (dpa)