Velbert. Der geänderte Regionalplan sieht drei neue Bauareale für den lokalen Bedarf vor. Naturschützer sehen ökologische Belange nicht berücksichtigt
In einem offenen Brief an die Düsseldorfer Regierungspräsidentin und den Regionalrat protestieren Nabu und BUND Velbert gegen die Änderung des Regionalplans für „Mehr Wohnbauland am Rhein“. In Velbert sind von ursprünglich acht geprüften Flächen lediglich drei übrig geblieben: in Langenberg am Gutsweg und Wallmichrath sowie in Neviges an der Donnenberger Straße. In allen drei Gebieten seien sie ökologischen Auswirkungen einer möglichen Bebauung nicht ausreichend berücksichtigt worden, argumentieren die Naturschützer.
Das Gebiet an der Donnenberger Straße in Neviges bekommt von den Fachleuten der Bezirksregierung die beste Bewertung für eine potenzielle Wohnbebauung für den lokalen Bedarf. Und obwohl auch die Gutachter erhebliche ökologische Auswirkungen einer Bebauung sehen, erhält das Nevigeser Gebiet mit 15 Punkten die Höchstnote für die Umwelteignung.
„Planungsfehler im Regionalplanentwurf“
„Das ist ein großer Widerspruch. Es muss sich hierbei um einen Planungsfehler handeln“, erklärt Carsten Haider, der den Brief an Regierungspräsidentin und Regionalrat verfasst hat. Und er erklärt, warum die Fläche ökologische Bedeutung hat: hier lägen sich alte Streuobstwiesen. Hier fänden die streng geschützten Grünspechte, sowie Buntspechte, Mäusebussarde und Rotmilane Nahrung. Auch diverse Fledermausarten seien hier heimisch. Das Gebiet sei zudem eine Frisch- und Kaltluftschneise für den Ortskern von Neviges.
Schwierige Verkehrsanbindung
Auf dem Areal sind 413 Wohneinheiten für möglich erachtet worden, dabei sei sie Verkehrsanbindung schwierig, so Haider. Die Donnenberger Straße sei eine enge Anwohnerstraße, die bereits heute durch die Kombination von mangelndem Parkraum und fehlender Breite nur schwierig befahr sei. Haider fürchtet, dass, wenn das Gebiet im Regionalplan als Bauland ausgewiesen wird, die Stadt Velbert der Versuchung nicht widerstehen und tatsächlich Bebauungspläne erstellen werde.
Streng geschützte Arten
Erhebliche Bedenken melden Nabu und BUND auch gegen die Langenberger Flächen an. So würden für das Gebiet Gutsweg in den Expertisen keinerlei ökologische Bedenken geltend gemacht. Das sehen die Naturschützer freilich anders. Der Heisterbach sei hier bereits vor 35 Jahren renaturiert worden. Er sei sehr wasserreich und habe auch in den beiden letzten Trockensommern immer Wasser geführt. Im Gebiet gebe es streng geschützte planungsrelevante Arten wie den Bluthänfling, den Girlitz, verschiedene Schwalbenarten, Spechte, die Ringelnatter sowie einen Brutmeiler des Hirschkäfers. Die Bachaue sei zudem ein wichtiges Sommer- und Winterquartier für zahlreiche Amphibien- und Reptilienarten.
Auch hier sei die Erreichbarkeit für die vorgesehenen 126 Wohneinheiten schwierig. Die Straße Gutsweg sei so steil, das sie in Gänze beispielsweise vom Müllwagen nicht befahren werden könne.
Erholungsnutzung beeinträchtigt
Und auch sie zweite Langenberger Fläche am Wallmichrath lehnen die Naturschützer ab. Hier geben die Experten der Bezirksregierung ebenfalls die besten Noten für Umweltverträglichkeit, was Nabu und BUND wiederum anders sehen. Haider: „Der Brullöhbach, der das Gebiet durchfließt, wird weiter nördlich gerade renaturiert. Und am Wallmichrath befinden sich weitere schutzwürdige Bachtäler“. In dem Gebiet brüteten streng geschützte Eulenarten wie Schleiereule und Steinkauz, von diesem gebe es nur noch wenige Brutvorkommen in NRW. Außerdem werde die Erholungsnutzung des Gebietes beeinträchtigt, hier befinde sich eine Reitanlage, für die Wiesen unentbehrlich seien. Das Areal liege weit entfernt vom Ortskern Langenberg, so dass die Bewohner der vorgesehenen 360 Wohneinheiten auf das Auto angewiesen seien, die enge Zufahrtsstraße sei einem solchen Verkehr aber nicht gewachsen.
Insgesamt sehen Nabu und Bund das Bauen auf der grünen Wiese als Relikt aus dem letzten Jahrhundert an, das in Zeiten von Klimawandel und Artensterben nicht mehr angesagt sei.
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