Langenberg. Anja Bötzel-Hirsch aus Velbert-Langenberg hat nicht nur ein erfolgreiches Modegeschäft sondern jetzt auch eine eigene Kollektion.
Händchen haltend stehen sie sich gegenüber, ganz in den Moment versunken. „Was hast du für schöne Hände“, sagt Anja Bötzel-Hirsch zu ihrer Kundin. Ein besonderer Moment von Stille, denn normalerweise geht es in der Boutique Froschkönigin zu wie in einem Taubenschlag. Angefangen hat Bötzel-Hirsch im Oktober 2012 auf 46 Quadratmetern, davon waren noch rund 16 untervermietet an Kreative, die ihre Produkte in gemieteten Regalen anboten.
Schon nach einem Jahr mussten die Regale der Damenmode der Froschkönigin weichen. Anja Bötzel-Hirsch hat eine fast unglaubliche Karriere gemacht. 2013 richtete sie ein Facebookprofil ein. 30 „Facebook-Freunde“ hatte sie. Sie errötet: „Das waren meine wirklichen Freunde. Anfänglich habe ich mich gegen Facebook gewehrt, weil ich Angst vor der Technik hatte.“ Nicht mal ein Smartphone habe sie besessen.
Fünfstellige Abonnentenzahl bei Facebook
2017 dann hatte sie eine Schulung bei der Industrie- und Handelskammer: „Einzelhändler sollten fit fürs Internet gemacht werden.“ Alle schrieben die Anzahl derer an die Tafel, die ihre Seite mit „gefällt mir“ markiert hatten. Ohne anzugeben, um welche Seite es sich handelt: „Ich hatte mit meiner Seite ,Boutique Froschkönigin Inh. Anja Bötzel-Hirsch’ mehr als alle anderen.“ Dann stellte sie ihre Seite vor und die Teilnehmer tippten darauf, dass sie die Seite mit der geringsten Anzahl der „Gefällt-mir-Klicks“ habe. Auch die Experten merkten an, dass die Seite allen gängigen Empfehlungen der Fachwelt widersprach. Trotzdem: Inzwischen geht die Anzahl ihrer Abonnenten auf eine fünfstellige Zahl zu.
Viele Kunden kommen regelmäßig wieder
Was macht also ihren Erfolg aus? Bei Anja Bötzel-Hirsch ist der Mensch willkommen. „Hier gibt jeder seinen Status beim Eintreten ab.“ Es finden oft Menschen mit schwere Schicksalen den Weg zu ihr: Menschen mit Lip- und Lymphödem, auch Brustkrebs sei häufig. Oft kämen die Kunden auch nur, um die positive Atmosphäre zu genießen. Wie ein Mann, der mit seiner Frau seit vier Jahren regelmäßig kommt.
Die Boutique-Inhaberin schwärmt von seiner Frau: „Sie ist einfach innen so schön.“ Inzwischen traue sie sich auch, diese Schönheit farbenprächtig in ihrer Kleiderauswahl zu zeigen. Auch für den Ehemann gibt es Kleidung, denn Anfang 2018 vergrößerte sich die Froschkönigin auf gut 90 Quadratmetern mit dem RockFrog, wo Ehemann Martin Bötzel eine große Auswahl an Herrenmode und Accessoires anbietet.
2019 folgt die erste eigene Kreation
Im September letzten Jahres hat die Boutique-Betreiberin eine eigene Kollektion heraus gebracht: „Das war der erste Teil mit fünf Modellen,“ die sie selbst designt hat und produzieren lässt. Zur Präsentation des Labels „Froschköngin“ posierten ihre Modells mit einem preisgekrönten Fahrzeug der Car-Edelschmiede auf dem Gelände der Villa Au: „Networking par exellence!“
Klaus Peters findet: „Die Sachen sind einfach toll.“ Er trägt zufällig alles Kleidungsstücke, die er im RockFrog erworben hat. Peters gefällt die Atmosphäre, auch wenn viel los ist. „Es scheint, als wäre dort einfach immer Party, gute Stimmung.“ Man könne in Ruhe aussuchen und entscheiden.
Bötzel-Hirsch überlegt: „Mein Mann Martin – mein Exfreund und Liebhaber – und ich“, fängt sie augenzwinkernd an zu erzählen, „wir leben hier das, was wir uns für uns selbst immer gewünscht haben, als wir noch nicht selbstständig waren: Authentizität, liebevolle Begleitung, gute Beratung und Ehrlichkeit.“
Als Modell in Düsseldorf unterwegs
Neben dem Erfolg, den ihr Geschäft an der Kamperstraße und auf Facebook hat, hat sie nun auch Erfolg in Düsseldorf. Dort präsentiert sie die Modemarken Chalona und Vincenzo Alocca als Modell. „Ich war als Botschafterin für Genussgrößen auf der Modemesse CPD (Collection Première Düsseldorf)“.
Anja Bötzel-Hirsch ist 46 Jahre alt, trägt derzeit Kleidergröße 46. Sie hat neben ihrem Faible für Mode und Accessoires auch ein phänomenales Gedächtnis. Deshalb spricht sie auch ihr bekannte Gesichter aus Facebook mit Namen an, obwohl sie sie noch nie live gesehen hat.
Kunden lassen die Designerin an ihrem Leben teilnehmen
Die Froschkönigin ist stolz darauf, dass sie am Leben ihrer Kunden teilhaben kann. Ob Prüfungsängste oder Schicksale, es wird trotz allem viel gelacht und den Kunden und Kundinnen Selbstbewusstsein mit auf den Weg gegeben. Oft bedanken sich die Menschen dafür, dass sie so willkommen waren. Stolz ist Anja Bötzel-Hirsch wenn Kundinnen kommen und nach der Begrüßung eröffnen: „Ich will mir heute mal was Gutes tun.“
Die Welt in und um den Froschteich
„Manche möchten, dass ich ein Buch schreibe,“ Anja Bötzel-Hirsch hat eine kleine eigene Facebook-Welt. Auf „Boutique Froschkönigin Inh. Anja Bötzel-Hirsch“ postet sie Mode, die gerade neu eingetroffen ist und „Vorher-Nacher“-Bilder. Außerdem schreibt sie ihre „Randgeschichten“, die Bötzel-Hirsch in ihrer Boutique erlebt und die die Fans lieben. Wie die Geschichte eines jungen Mädchens mit körperlichen und geistigen Besonderheiten, das etwas Passendes für ihren Schulabschluss suchte.
Konsequent, wenn jemand sich nicht benimmt
Während das Mädchen bedient wurde, kamen zwei Frauen, die mit Kaffee und Sekt die Wartezeit versüßt bekamen. Nach zehn Minuten fragten sie: „Wann werden denn die richtigen Kunden bedient?“ Bötzel-Hirsch bat sie, das Geschäft zu verlassen.
Manchmal stehen Busse vor der Tür: „Aus München, Thüringen, Rostock und Unna.“ Die Leute organisieren das selbst „und kommen in das kleine beschauliche Langenberg“, freut sich die Boutique-Besitzerin. Über Facebook ist das möglich.
Geschlossene Gruppe für exklusive Einblicke
Und noch etwas macht Facebook möglich: „Es gibt die geschlossene Live-Gruppe ,Froschkönigin inside exklusiv’.“ Seit Mitte 2019 gibt es dort Exklusives, das es sonst nirgendwo gibt: Mode, Themeninterviews, Dinge aus dem Leben. „Von Frauen für Frauen“, ergänzt Andrea Kitz.
Bei dem „kleinen eigenen Sender“ schauen im Schnitt 700 Leute zu. Drei bis vier Tage vorher werden Termin – abends zur Primetime – und Thema bekannt gegeben: das nächste Mal am Freitag, 21. Februar, um 19.30 Uhr. Einmal im Jahr geht es zur eigenen Modenschau ins Brauhaus nach Velbert: „Ich möchte Normen brechen.“ 800 Gäste passen ins Brauhaus, wo es demnächst auch das „Melli und Anja-Offline“ live an vieren Abenden geben wird.
Anja Bötzel-Hirsch beschäftigt in ihrer Boutique an der Kamperstraße drei Vollzeitangestellte und eine 450-Euro-Kraft, sie selbst nicht mitgerechnet. Neben diesem Job hat sie drei Kinder, davon zwei, die noch Zuhause leben.