Neviges. Die Marktgilde zu Hardenberg richtet zum siebten Mal in Neviges den Mittelalterlichen Weihnachtsmarkt aus. Der Weihnachtsmann kommt nicht in Rot.
Für Zeitgenossen, die eine Affinität zu der Epoche in der Mitte zwischen dem Ende der Antike und dem Beginn der Neuzeit haben – oder die einfach nur gerne über etwas andere, besondere Märkte schlendern –, gibt’s in Neviges zwei etablierte Termine: Immer von Fronleichnam an ist vier Tage lang Mittelalter-Markt und am ersten Adventswochenende dann der Mittelalterliche Weihnachtsmarkt. Letzterer geht nunmehr schon ins verflixte siebte Jahr, erlebt somit am kommenden Wochenende, 30. 11./1. 12., seine siebte Auflage.
Besucher kommen aus dem ganzen Land
Er zieht NRW-weit immer zwischen 1500 und 2000 Besucher an. Nach Auskunft des Ausrichters, des Vereins „Marktgilde zu Hardenberg“, warten auf sie am Schloss Hardenberg viele Händler und Handwerker und zwar nicht nur auf dem Platz der Vorburg, sondern auch in den beiden Sälen, also im West- und im Ostflügel. „Etwa 30 bis 35 werden es sein“, schätzt Ute Meulenkamp. Dazu zähle u. a. der Knochenschnitzer, der beispielsweise Hirschgeweihe, Nadeln und Gürtelschnallen fertige. Sie selbst habe von ihm eine Stricknadel, erzählt die erste Vorsitzende der Gilde, die den Markt zusammen mit Andrea Hofer und Lutz Lembach organisiert.
Verein hat aktuell bloß sechs Mitglieder
„Wir sind nur ein ganz ganz mini Verein“, sagt Meulenkamp, zurzeit seien es lediglich sechs Mitglieder: Die beiden ersten Mittelalter-Märkte im Sommer seien noch unter dem Dach der damaligen Wirtschaftsförderungsgemeinschaft gelaufen, danach habe man sie drei Jahre mit einem Ko-Partner fortgeführt. Der 14. sei dann mit der Gründung der Marktgilde als Verein einhergegangen und im selben Jahr habe man auch den Weihnachtsmarkt neu installiert.
Vom Sohn überredet und überzeugt worden
Ute Meulenkamp, vielen auch als Einzelhändlerin und SPD-Ratsfrau bekannt, ist bei dem Treiben am Wochenende in einem dicken, selbst gemachten Wollkleid als Händlerin anzutreffen. Wie sie selbst aufs Mittelalter gekommen ist? Ihr von Fantasy-Spielen begeisterter Sohn sei damals der Auslöser gewesen. „Mutter näh mal die Gewandung“, habe er gesagt. Dann sei noch ein weiterer Sohn aus den Reihen der Werbegemeinschaft hinzugekommen. „Und dann haben die uns bequatscht, überredet und überzeugt.“
Geschmeide und Schmeichelndes
Am Freitag ist Aufbau. Die Händler haben draußen eigene Stände als verkleidete Wagen oder Hütten und Zelte; drinnen stehen Tische. Die Handwerker arbeiten teils unter den Augen der Besucher und Käufer, zeigen etwa, wie Borten gewebt werden. Und selbstverständlich wird alles, was es ebenso an „edlem Geschmeide und Schmeichelndem aus schönem Tuch“ gibt, auch feilgeboten. Für das leibliche Wohl wird u. a. mit Met und Whisky sowie herzhaften und süßen Gaumenfreuden gesorgt.
Die Geschenke gab’s früher am Nikolaustag
Laut Marktgilde hat der Weihnachtsmann wieder versprochen vor Ort zu sein. Er wird auf seinem Thron in Nähe des Eingangs zum Westflügel sitzen. „Die Kinder erkennen ihn ganz oft nicht, weil er nicht immer in Rot gekleidet war, sondern bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts Braun und Grün trug.“ Die Kinder seien im Mittelalter am Nikolaustag beschenkt worden; erst Luther habe den Termin auf den 24. Dezember verschoben. Für die musikalische Untermalung sorgt das mal als Esel, mal als Kuh verkleidete „musizierende Tier“, mitunter auch „Ein-Mann-Krippe“ genannt.
Kosten für Miete und Organisation wieder einspielen
Bei dem Weihnachtsmarkt wird Eintritt erhoben. Erwachsene zahlen drei, Gewandete 2,50 und Kinder einen Euro; Kinder unter sechs Jahren haben hingegen freien Zugang. „Wir brauchen die Eintrittsgelder, weil wir ja Miete zahlen und auch die Genehmigungskosten aufbringen müssen“, begründet das Ute Meulenkamp. Konkrete Zahlen nennt sie nicht, sagt nur soviel: „Das ist schon ne Summe.“
Der Markt hat am Samstag in der Zeit von 13 bis 21 und tags darauf am Sonntag von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Besucher, die in Gewändern kommen, sind besonders gerne gesehen. Weitere Infos gibt’s auch online auf www.Marktgilde-zu-Hardenberg.de.
Übrigens achtet die Marktgilde darauf, dass kein Plastik zu sehen ist, gar irgendwo eine Cola-Flasche offen an einem Stand herumsteht. Ausnahmen werden nur gemacht, wenn’s um Erfordernisse im Sinne der Hygiene geht. „Rauchen ist ebenfalls verpönt, war ja nicht im Mittelalter.“ Würde Ute Meulenkamp, die häufig mit den „Hardenberger Fuhrmannsleut“ auf Achse ist und das Lagerleben genießt, lieber in der Zeit zwischen dem 6. und 15. Jahrhundert leben? „Nee, tauschen möchte ich nicht, aber für ein Wochenende ist das schon schön.“