Neviges. Der Mittelaltermarkt rund um das Nevigeser Schloss Hardenberg hat begonnen. In diesem Jahr findet das Spektakel zum 20. Mal statt.
Bei den „Mallbüdels“ kommen grüne Eier in Honig-Senfsoße auf den Tisch, im Topf brodelt Schweinegulasch mit Äpfeln und Rosinen. „Im Mittelalter wurden die Lebensmittel verfremdet, in Farbe und Form“, erläutert Bertradis die grünen Eier, die ihre Farbe durch Petersilie erhalten sollen. Betradis, die im echten Leben Sonja heißt und aus Neuss stammt, ist mit den „Mallbüdels“, einer Gruppe von zehn bis zwölf Menschen, inzwischen seit 20 Jahren beim Mittelaltermarkt in Neviges dabei. Der Markt selbst findet seit Donnerstag bis zum morgigen Sonntag rund um das Schloss Hardenberg statt. In diesem Jahr zum 20. Male.
Schmieden, Pfeile und Böge bauen
Die „Mallbüdels“ lagern links vom Schloss an der Schlossmauer und lassen es sich gut gehen. Den Gästen erläutert Veith gern das Leben von damals. Warum Veith im Lager lebt? „Es entschleunigt.“ - „Man muss vieles selber machen und man schätzt Dinge wieder ganz anders, weil man erfährt, wie viel Arbeit dahinter steckt“, ergänzt Bertradis. Bei den „Mallbüdels“ gibt es Drechselarbeiten aus heimischen Hölzern, Pfeil- und Bogenbau, es wird geschmiedet und zum Kochen und Nähen können sich Interessierte austauschen. Die Gruppe „lebt“ in der Mitte des 13. Jahrhunderts, hat fast alles, was sie braucht, selbst gemacht.
Gruppe aus Langenberg hat Lachs im Angebot
Läuft man von dort zurück zum Lagergeschehen, trifft man auf das Lager „Opifeces“. Dort gab es Donnerstagabend Lachs mit Weizen- und Krautsalat. „Weißkohlkohlsalat“, korrigiert Lagerchef Richard. Silvia stellt fest: „Du bist von hinten gekommen? Ach deshalb, da vorne ist nämlich das Niveau begraben.“ Es geht lustig mit den bis zu 15 Lagerleuten zu, die aus Langenberg, Oberbonsfeld und Heiligenhaus stammen. Die „Opifeces“ feiern zehnjähriges Jubiläum. Die Gruppe schlägt drei bis fünf Mal im Jahr ihr Lager auch andernorts auf.
Kräuterhexe Sabine hat Heilmittel mitgebracht
In Neviges fällt sofort die beeindruckende Kochstätte mit Ofen auf: „Alles selbstgemacht“, tönt es stolz am Tisch. Kräuterhexe Sabine hat ihre Heilmittel mitgebracht: „Pflanzen, mit denen man im Mittelalter Leiden geheilt hat, sind heute ja wieder aktuell.“ Ihre Lagerkollegen zählen die Leiden auf: „Bauchweh, Warzen, ,appes’ Bein.“ Das Lager ist handy- und uhrenfrei: „Es wäre witzlos, wenn es sie gäbe,“ wirft Tim ein, der auch die Zigarette am Lagerfeuer entzündet hat. Dieses wurde mit Feuerstein, Stahl und Zunder entzündet.
Falkner Ari hat beeindruckende Tiere dabei
Vor einem weiteren Lager, den „Hardenberger Fuhrmannsleut“, zeigt Falkner Ari seine Schönheiten: Heimische Vögel wie Steinkauzfrau Rommi, Schleiereule Selemia und Uhu Akasha. Beeindruckend groß ist die graue Aguja, ein Kordillerenadler aus den Anden: Artemis. Während Falkner Ari von seinen Tieren schwärmt, schwingt Artemis, die griechische Göttin der Jagd, majestätisch ihre Flügel. Auch Ari feiert ein Jubiläum: Seit fünf Jahren ist der Falkner auf Märkten und in Neviges dabei. Und sie bleiben dem Veranstalter, der Marktgilde zu Hardenberg, treu: „Die Leute (Besucher) sind toll, sie stellen sehr interessante Fragen.“ Lange intensive Gespräche, Fotos und Rückmeldungen sind die Folge.
Vor der Taverne gibt es Live-Musik
Vor der Taverne spielt gerade „Talentfrey“ auf. Tönisheiderin Ute Will sitzt beim Metbier und lauscht den Klängen: „Gefällt! Ich mag Dudelsackmusik.“ Zum Tanzen fehle ihr heute die Gewandung. „Ich finde es immer ansprechend, das Angebot hier insgesamt.“ Elric (12) aus dem Lager „Hardenberger Fuhrsmannsleut“ kommt schon auf Mittelaltermärkte „seit ich da bin!“ Zwei bis drei Mal im Jahr fährt er mit Eltern und Geschwistern auf Märkte: „Mittelalter ist ganz cool. Man lernt kennen, was die Leute damals hatten und wie die da gelebt haben.“ Elric ist Sohn der Märchenerzählerin Anna Molitor, die im Lager gerade eine Schnur webt.
Zum Abend wird es still im Lager
Noch bis Sonntag am Schloss
Samstag beginnt der Mittelaltermarkt um 13 Uhr, bis 21 Uhr gibt es ein abwechslungsreiches Programm mit „Tamino dem Gaukler“, „Talentfrey“, der Feuershow von „Lacuna ad Ignem“, außerdem feilbietende Händler, darstellende Anbieter, Besonderheiten und Kuriositäten.
Auch am Sonntag sind wieder alle dabei, dann bereits von 11 bis 19 Uhr.
Auch sie und Mann Pascal sind Mitglieder der „Hardenberger Fuhmannsleut e. V.“. Pascal und Kumpel Felix Meulenkamp, aus dem LARP (Live Action Role Play - Menschen, die Charaktere in Rollenspielen nachspielen) kommend, haben den Verein 1998 gegründet. Anna setzt sich dazu und beginnt das Märchen von „Stan Bulovan“ zu erzählen. Die Sonne ist untergegangen, in den Lagern wird es still.
Idee stammt von Felix Meulenkamp und Pascal Molitor
Der Mittelaltermarkt am Schloss Hardenberg feiert ein Jubiläum: seit 20 Jahren findet das bunte Treiben aus einer anderen Zeit auf den Wiesen und im Hof der Vorburg statt. Im Jahr 1999 fand das Nevigeser Altstadtfest letztmalig statt. Damals hatte Felix Meulenkamp die Idee des Mittelaltermarktes. Er hatte zusammen mit Pascal Molitor, mit dem er bereits an LARP-Veranstaltungen teilgenommen hatte, die Idee.
Seit dem Jahr 2000 kommen Ritter, Gaukler und Co.
2000 wurde die Idee durch die Wirtschaftsförderungsgemeinschaft Neviges e. V. und Co-Partner „Rabenvater“ umgesetzt. 2009 übernahm die heutige Marktgilde die Veranstaltung, auch wieder mit einem Co-Partner, dem „Burgenmarketing“, die für die nächsten drei Jahre für das Ritterturnier auf dem Parkplatz verantwortlich zeichneten. Als das „Burgenmarketing“ ausstieg, wollte die Gilde die Veranstaltung nicht sterben lassen und gründete sich als Verein.
Marktgilde hat heute zehn Mitglieder
Heute ist Ute Meulenkamp die erste Vorsitzende der Marktgilde zu Hardenberg e. V., zusammen mit Andrea Hofer (Kassiererin) und Lutz Lembach (Geschäftsführer) leitet sie die Geschicke des Vereins. Insgesamt arbeiten alle zehn Mitglieder am Erfolg mit. Neben dem Mittelaltermarkt zu Fronleichnam entstand vor sieben Jahren auch der mittelalterliche Weihnachtsmarkt am ersten Adventswochenende.