Langenberg. Der ehemalige Millionär und Betrüger Helge Achenbach las aus seinem Buch. Er gab Einblicke in den Knastalltag und in die deutsche Kunstszene.

„Als Aldi-Betrüger und ehemaliger Millionär stand ich in der Knasthierarchie recht weit oben.“ Helge Achenbach wechselte zwischen reiner Lesung und und Erzählungen aus seinem Leben. Mehr als zweieinhalb Stunden fesselte er damit über 50 Besucher und Besucherinnen in der Galerie 23.

Diese hohe Anerkennung habe es ihm fast schwer gemacht, den Knast später wieder zu verlassen. „Einige der Flüchtlinge, mit denen ich als Freigänger in der Düsseldorfer Diakonie arbeitete, würde ich immerhin weiterhin sehen." Beispielsweise den Syrer Yahia Alselo, der als anwesender Künstler, genauso wie Claudia Maas, bei der Lesung und gleichzeitig stattfindenden Vernissage Präsenz zeigte. Auch Alselo ist Teil des Buches „Selbstzerstörung“, aus dem der Autor liest.

Autor Helge Achenbach signierte in der Galerie 23 von Galeristin Doris Stevermüer (2.v.l.) sein neues Buch .
Autor Helge Achenbach signierte in der Galerie 23 von Galeristin Doris Stevermüer (2.v.l.) sein neues Buch . © Editha Roetger | Editha Roetger

Über die deutsche Kunstszene

Dann entführt der Autor in seine schon damals reiche Welt. „Mein altes Leben passte mir offenbar nicht mehr so: Der Anzug flatterte, stellte er fest, als er nach vier Jahren das Gefängnis verließ. Immer wieder erläutert er mit kurzen Sätzen, lässt Namen einfließen und eine Welt entstehen, die für Kenner und Interessierte der Kunstszene gleichermaßen faszinierend sind. Das Buch ist schon fast ein Muss für Kunstinteressierte, zeigt es doch eindrucksvoll wie sich die deutsche Kunstszene seit Beginn der 1970er Jahre entwickelt hat.

„Wie größenwahnsinnig muss ich gewesen sein“

Helge Achenbach war Student, Galerist, Kunstberater, Millionär, Betrüger, im Knast wurde er selbst zum Künstler und schrieb ein Buch über seinen Aufstieg und Absturz, nimmt sich selbstkritisch in den Blick. Er schildert sein Leben als Kapitalverbrecher. „Wie größenwahnsinnig muss ich gewesen sein“, reflektiert sich der heute sich 67-Jährige und erzählt von seinem Hubschrauberflug von Düsseldorf nach Wolfsburg. Wenn er heute mit dem Zug fahre, fiele im auf, wie sehr er sich doch verändert habe. Dann erzählt er von seinem ersten Freigang, bei dem er auf einer Kunstparty zu Gast war. „Die Kunstszene ist eine kleine Welt, die der Außenstehende kaum durchblicken kann.“ Menschen, die früher fast alles für seine Meinung gaben, schauten durch ihn hindurch. Er war ein Geächteter, der die Szene verunreinigt hatte.

Nur jeder zehnte Freund blieb

„Die Reichen sprechen über Kunst wie die Künstler über Geld, zumindest die, die keines haben.“ Im Buch bleiben viele seiner Wegbegleiter ohne Namen, Jeff Koons nicht. Der Amerikaner empfing den Freigänger entspannt und locker wie immer: „Sein Wort und seine Umarmung taten gut.“ Von den hunderten sogenannten Freunden „blieben mir nur rund zehn Prozent. Die Lesung ist ein Heilbad, hier kann ich mich erklären.“

Ausstellung bis zum 22. Dezember

Die Galerie 23, Frohnstraße 3, stellt bis einschließlich Sonntag, 22. Dezember, Werke unterschiedlichster Künstler aus der ganz Welt aus.

Darunter einige Werke der Künstler Jems Robert KokoBi (ElfenbeinKüste), Armin Baumgarten (Deutschland), Yahia Alselo (Syrien) und Evelina Velkaite (Litauen), Helge Achenbach (Deutschland) und CBA Tokyo (Japan).

Öffnungszeiten nach Vereinbarung: per Email an und 02052 9258363.

Kurzweilig uns selbstironisch

Aufgefangen habe ihn die Kunst und er erläutert, wie die Kunstszene in seinen Anfängen funktionierte. „Wir haben auch nicht geglaubt, dass Kunst jemals so teuer wird.“ Mit einen kleinen Exkurs über Gerhard Richters „Kerze“ erläutert er die Inflation in der Kunst: Damals habe man sie noch geschätzt, weil man sie schön fand. Ein Jahr lang zierte das Bild die Wand seines Wohnzimmers. Er kaufte es für 18.000, verkaufte für 25.000. Kaufte es für 40.000 zurück und verkaufte es für 240.000. Kurzweilig und selbstironisch zeigt er sein Leben auf und eröffnete damit die Ausstellung in der Galerie 23.

Claudia Maas’ Arbeiten zeigen fast ausschließlich Menschen in Bewegung, sei es der Tanz, Akrobatik oder andere Sportarten und anderes mehr. In der Serie „Sport“ wird der Blick auf die Mimik in der Bewegung fokussiert. Die Figuren scheinen sich allerdings in Zeitlupe zu bewegen, zu schweben, zumal es keinen Hintergrund sowie keine weiteren bildfüllenden und bedeutungsträchtigen Elemente gibt. Die Gesichter erscheinen entrückt in einer anderen Welt zu sein. In ihrer Aussagekraft wirken sie wie Heiligenbilder bzw. zeigen sie Figuren, die als Helden in den Himmel gehoben werden.

Künstlerin Claudia Maas vor einem ihrer Bilder.
Künstlerin Claudia Maas vor einem ihrer Bilder. © Editha Roetger | Editha Roetger

Goldfarbene Hintergründe

Maas hat die Farbgebung mit leicht grünlichen Hauttönen und goldfarbenen Hintergründen aus der Renaissancemalerei übernommen und greift damit die Verehrung von Ikonen und Heiligenbildern auf: „Fußball hat ja auch schon etwas Religiöses“, erläutert die Künstlerin ihre Farbwahl. Die Bilder mit Motiven von Fußballspielern harmonieren gut mit der kompletten Ausstellung und vor allem vor dem Hintergrund der Lesung von Helge Achenbach, dessen.

Passende Kunstwerke

Die Auswahl der Werke der verschiedenen Künstler und Künstlerinnen zeigt das besondere Talent von Galeristin Doris Stevermüer, thematisch passend Kunstwerke zu einem harmonischen Ganzen zusammen zu fügen. Die derzeitige Ausstellung ist ein Vorläufer für die für das kommende Jahr geplante größere Ausstellung in der Galerie 23, die seit Mai 2011 zeitgenössische Kunst auf mehr als 200 Quadrametern Ausstellungsfläche für Malerei, Skulptur und Fotografie in verschieden gestalteten Räumen auf drei Ebenen bietet.