Neviges. Bei der 32. Hardenberger Hubertusmesse war es vielen wehmütig ums Herz. Doch Pater Hubertus sorgte wie gewohnt auch für Heiterkeit.
Immer lauter brausen die Klänge durch den mächtigen Dom: Bei „Highland Cathedral“, da legt sich das Fanfarencorps noch einmal richtig ins Zeug, da wischen sich auch gestandene Männer verstohlen über die Augen. Die Hardenberger Hubertusmesse lässt einfach niemanden kalt. Und dieses Mal war zu befürchten, dass es nicht nur sehr stimmungsvoll, sondern auch traurig zugeht im voll besetzten Dom. Zum letzten Mal zelebrierten die Franziskaner diese 32. Messe, führten die Brüder den eindrucksvollen Einzug ins Gotteshaus an. Gefolgt vom 1. Fanfarencorps Neviges 1957, dem Velberter Männerchor, den Jagdhornbläsern Hardenberg-Neviges, dem Hardenberger Schützenverein und dem Feuerwehr Löschzug Neviges.
Pater Hubertus bleibt lebensfroh
Etwas Wehmut machte sich tatsächlich breit, aber keine tiefe Traurigkeit. Und das lag an jenem Mann, der diesen Gottesdienst 1988 mit aus der Taufe hob. Fröhlich winkte Pater Hubertus, der in Kürze 90 Jahre alt wird, beim Einzug dem ein oder anderen Bekannten zu. Dass er dabei im Rollstuhl saß, erschreckte die Besucher nur einen kleinen Augenblick. Mehrmals hob er kurz die Hände, als wolle er entschuldigend sagen: Kann man nichts machen. Und schien gleichsam seinem Helfer zu verstehen zu geben: Mach voran, los, lott jonn. Auch mit Handicap verströmt der frühere Wallfahrtsleiter eine unglaubliche Energie und Lebensfreude.
Kein Platz mehr frei im Dom
Doch bevor er seine Predigt hielt, begrüßte Bruder Wolfgang Strotmeier die Besucher im voll besetzten Dom, hielt Uwe Kromberg eine kurze Lesung, in der es unter anderem darum ging, niemals aufzugeben, das gelte für Sportler wie für Christen. Und auch Pater Hubertus, so viel sei hier vorweg genommen, verkündete später launig: „Wenn ich noch lebe, bin ich nächstes Jahr wieder dabei.“ Mucksmäuschen still wurde es nach dem imposanten „Fürstengruß“ der Jagdhornbläser und den eindringlichen „Klängen der Freude“ des Velberter Männerchors, als der Senior zum Mikrophon griff.
Angelangt im Herbst des Lebens
„Ich sehe hier viele alte Leute“, begann er, daher sei es wohl an der Zeit, einmal über sich selbst zu sprechen. „Wir sind im Herbst angelangt, und alle rühmen diesen schönen Herbst: die Dichter, die Denker, die Künstler.“ Im Herbst, da ernte man, was Zeit zum Reifen brauche. „Ich bin allerdings schon über das Verfallsdatum hinaus. Wer 90 wird, hat selber schuld.“ So schön der Herbst sei, der Mensch sei nicht nur Zuschauer, sondern auch mitverantwortlich. Wohlwollende Worte fand Pater Hubertus für „diese jungen Menschen, die sich mit allerlei Aktionen für die Natur einsetzen.“ Der Mensch sei nicht nur ein Mitwirkender, es sei auch alles in Bewegung. Und das sei gut so.
Zum Glück müsse er im Herbst nicht alles ernten, was er einst gesät habe. „Es gab ja auch Unkraut, Irrwege.“ Im Herbst des Lebens, da sei der Blick am klarsten, „aus grün wird bunt.“ Das ein oder andere Taschentuch wurde gezückt, als der Franziskaner mit großer Inbrunst sagte: „Ich möchte mit großer Dankbarkeit auf das zurück blicken, was mir das Leben geschenkt hat. Und ich möchte es hier sagen, in meinem lieben Neviges.“
Launige Anmerkung zum Zölibat
Quintett hob Messe aus der Taufe
Bürgermeister Dirk Lukrafka gehörte ebenso zu den Besuchern wie sein Stellvertreter Emil Weise und Alt-Bürgermeister Heinz Schemken. Voraussichtlicher Termin der Hubertusmesse 2020 ist der 8. November.
Auf einem Pfarrfest 1988 hatten fünf Männer die Idee, eine Messe für Nevigeser Vereine zu organisieren: Dazu gehörten Josef Willwoll, Willi Sondermann – beide verstorben – Lothar Häger, Horst Kromberg und Pater Hubertus.
Doch Pater Hubertus wäre nicht Pater Hubertus, säße ihm nicht faustdick der Schalk im Nacken. Als er seinen „lieben Freund Franz Röwer“ an der Orgel begrüßt, gibt er eine kleine Anekdote von dessen Enkelin Laura zum besten. Dann der Satz: „Wir dürfen ja keine Enkelkinder haben, wir dürfen noch nicht mal Papa sein. Wenigstens nicht offiziell.“ Mit einem launigen „Wir sehen uns ja am 1. Advent wieder, zum Konzert mit dem Rhythmus-Chor“ beendet Pater Hubertus seine Predigt – wohl wissend, dass er nach dem letzten Lied „Großer Gott, wir loben dich“, noch einiges zu tun haben würde beim Platzkonzert auf dem Pilgerplatz.
Musikstück eigens für die Franziskaner
Da gilt es Hände zu schütteln, „Aus der Traube in die Tonne“, schmetterte der Velberter Männerchor, dazu ließ sich manch einer die herum gereichten Schnäpschen schmecken. Die Jagdhornbläser spielten, dann wurde es noch einmal richtig feierlich vor dem Dom. „Nehmt Abschied, Brüder“, so hatte Lothar Häger, Leiter des Fanfarencorps, eigens für die Franziskaner eingeübt. „Nicht für dich, mein lieber Hubertus, sondern für die anderen, die gehen“, rief er dem Senior zu. An einen endgültigen Abschied mag Stefan Ludwig, Vorsitzender der CDU Neviges, gar nicht denken: „Vielleicht kann man zur Hubertusmesse die Franziskaner einfach einladen, um die Tradition aufrecht zu erhalten.“ Zu den Besuchern, die jedes Jahr kommen, gehört auch Gertrud Keßel: „Mein Vater war Jäger, aber er ist kurz vor der ersten Messe 1988 gestorben. Für mich ist das hier etwas ganz besonderes.“
Frauen schunkeln zu „Rosamunde“
Zum Schluss wurde es dann wieder fröhlich und ausgelassen: Da spielte das Fanfarencorps schmissig „Rosamunde“, schunkelten ein paar Frauen. Pater Hubertus strahlte, verteilte an die Musiker dicke Taler mit der Aufschrift „Für Verbundenheit und Treue. Kölnische Franziskanerprovinz.“ Mittlerweile lebt Pater Hubertus in einem Pflegeheim direkt neben dem Franziskanerkloster in Dortmund. „Bei mir in meiner neuen Anstalt, da ist nichts los. Wenn ich mal einen Witz erzähle, lacht da einer von Zehn.“ Da kommt er doch lieber nach Neviges.
Mehr Fotos der Hubertusmesse auf www.waz.de/velbert.