Velbert. Die Gemeinschaftslehrwerkstatt in Velbert stößt international auf Interesse. Eine erste Delegation aus Polen studierte unser Ausbildungssystem.
In der „Gemeinschaftslehrwerkstatt der Industrie von Velbert und Umgebung“ (GLW) geben sich neuerdings polnische Delegationen quasi die Klinke in die Hand. „Unsere Gäste wollen sehen, wie wir das Duale System umsetzen und leben“, sagt der Technische GLW-Geschäftsführer Volker Knipping. Die erste Delegation hat den GLW-Leuten jetzt eine Woche lang über die Schulter geschaut; fünf weitere werden noch anreisen.
Gewichtung von Theorie und Praxis
In Polen werde das Duale Ausbildungssystem durchaus praktiziert, erklärt Joanna Wierzbicka-Grajek, doch die Unterschiede zu den deutschen Gepflogenheiten seien immens. Zuweilen reichten schon sechs Stunden pro Woche im Werk; die Schule habe gegenüber der Firma prinzipiell ein deutliches Übergewicht. Sie leitet die Abteilung Aus- und Weiterbildung bei der deutschen Außenhandelskammer (AHK) in Warschau. Die AHK, erzählt sie, realisiere in Polen Projekte für dort heimische Unternehmen bzw. für internationale Firmen mit Sitz in dem Land und helfe ihnen bei der Implementierung des Dualen Systems.
Auch ortsansässige Firmen besucht
Volker Knipping – ihm steht als Kaufmännische Geschäftsführerin Waltraud Reindl zur Seite – zufolge haben dieser Tage bei dem aus EU-Mitteln finanzierten Projekt namens „Job Shadowing“ fünf Ausbilder
Vor mehr als 100 Jahren von Velberter Unternehmen gegründet
Die GLW wurde 1938 von den Velberter Unternehmen mit dem Auftrag gegründet, die Metallgrundausbildung im ersten Ausbildungsjahr durchzuführen. Metallbearbeitung, Gießereitechnik sowie die Schloss- und Beschlagtechnik sind früher wie heute traditionell immer noch ein großer Teil des Arbeitsauftrages.
Inzwischen haben sich als Schwerpunkte spanende Fertigung, Automatisierungstechnik, Federtechnik und Stanztechnik herausgebildet. Nicht nur die Grundausbildung, sondern auch die Weiterbildung und Qualifizierung gehören zu den vielfältigen Aufgabenbereichen der heutigen GLW.
aus unterschiedlichen Unternehmen und Städten den Alltag an der Poststraße studiert, um das hiesige Lernen kennenzulernen und auch ortsansässige Firmen besucht: Vitz und Erbslöh. Der GLW-Chef spricht von „begleitendem Zuschauen“, wie hierzulande ausgebildet werde und wie man Ausbildung umsetze. Immer bei der Delegation dabei: Wierzbicka-Grajek und ein Dolmetscher.
Ein wirklich guter Fachmann beherrscht beides
Beides sei wichtig, sowohl Theorie als auch Praxis, findet Slawomir Pilat, denn wenn jemand theoretisch wirklich gut vorbereitet sei, sei erfahrungsgemäß auch die praktische Ausbildung einfacher, so der Ausbildungsleiter von „Wago-Elwag“ (Breslau), einem Produzenten von Kabeln und Elektroverteilern. Aktuell gebe es dort acht Azubis. Er betont: „Ein guter Fachmann muss beides beherrschen.“ Als optimales Verhältnis kann sich der Ausbildungschef einerseits etwa 40 Prozent Theorie und andererseits 60 Prozent Praxis vorstellen.
Besonders beeindruckt zeigt sich Pilat von dem projektbezogenen Arbeiten, das er in Velbert erlebt hat. Dass erst eine Einweisung erfolge – oft auch in schriftlicher Form – und dass vor allem die drei Schritte Planung, Umsetzung und Kontrolle tatsächlich als eine Einheit begriffen und verstanden würden, gefällt ihm ausgesprochen gut.
IHK-Spitzen besichtigen die GLW
Zu Beginn stattete übrigens auch eine Abordnung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Düsseldorf der Lehrwerkstatt einen Besuch ab. Mit von der Partie waren Kammer-Hauptgeschäftsführer Gregor Berghausen, Geschäftsführer Clemens Urbanek (Abteilung Berufsbildung/Prüfungen) und natürlich der IHK-Präsident Andreas Schmitz. Dieser habe just eine Woche zuvor bei der feierlichen Ehrung der Aus- und Weiterbildungsbesten in der Landeshauptstadt ausgeführt, dass Menschen eigens aus dem Ausland kämen, berichtet der GLW-Geschäftsführer, nur um das hiesige Ausbildungssystem kennenzulernen. „Und am Montag hat er dann genau das bei uns erlebt“, schmunzelt Knipping.