Velbert-Mitte. Die BAB-Brücke Am Putschenholz zu sanieren lohnt nicht. Straßen NRW will abreißen und neu bauen. Während der Bauzeit gibt es ein Pilotprojekt.

Dong dong! Dong dong! – Jedes Mal, wenn in Fahrtrichtung Norden ein Auto über den Übergang zwischen Brücke und fester Fahrbahn rollt, schlägt es kurz hintereinander bei jeder Achse dumpf. „Da muss ich mal einen rausschicken“, meint André Deutenberg und vermutet, dass am Fahrbahnübergang eine so genannte Steuerfeder, mithin ein Verschleißteil, defekt sei. Aber das ist noch das geringste Problem der Autobahnbrücke Am Putschenholz: Sie muss nämlich komplett neu gebaut werden.

35.000 Fahrzeuge in 24 Stunden

„Eine Sanierung lohnt sich nicht.“ Das sei klar, fügt der Projektleiter Brückenbau der Niederlassung Krefeld vom Landesbetrieb Straßen NRW hinzu. Nach Auskunft des Bauingenieurs wurde das vierspurige

Statik der Talbrücke Grund wird gecheckt

Bei der A 535-Talbrücke Grund in Tönisheide ist noch in diesem Jahr die so genannte Einfachprüfung fällig. Sie stammt aus dem Baujahr 1976, zählt ebenfalls zur Brücken-Klasse 60 und erhielt bei der letzten Hauptprüfung in 2016 die Note 2,4.

Nach Auskunft von Straßen NRW soll im nächsten Jahr die Statik der Brücke Grund gründlich überprüft werden, um zu schauen, ob man sie angesichts der heutigen Verkehrsbelastung für die nächsten Jahrzehnte weiter nutzen kann.

Spannbetonbauwerk 1974 errichtet, gehört es zur Brückenklasse 60, ist jeder Überbau 13,40 Meter breit und die Brücke, die die Schmalenhofer Straße überspannt, 64 Meter lang. Aktuell brausen binnen 24 Stunden in beiden Richtungen 35.000 Fahrzeuge über die A 535; laut Prognose soll das in fünf bis zehn Jahren auf 40.000 ansteigen.

Bauwerk schlecht benotet

André Deutenberg ist Projektleiter Brückenbau und gehört zu der Krefelder Niederlassung von Straßen NRW.
André Deutenberg ist Projektleiter Brückenbau und gehört zu der Krefelder Niederlassung von Straßen NRW. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Die Brücken im Lande werden alle sechs Jahre einer Haupt- und dazwischen einer einfacheren Prüfung unterzogen. 2018 sprang für das Bauwerk Am Putschenholz als Note lediglich eine 3,3 heraus. Und zwar für beide, damals getrennt erstellte Überbauten. „Alles unter drei ist schlecht“, erklärt Deutenberg. „Ein Neubau sollte eine 1,0 haben.“

Für Abriss gibt es mehrere Gründe

Doch die miese Bauwerksnote ist nicht der einzige Faktor, der für Abriss und Neubau spricht. Die Klassifizierung reiche nicht mehr aus, erläutert der Projektleiter. Zudem sei der Spannstahl von schlechter Qualität und entspreche die konstruktive Bauart „längst nicht mehr dem Stand der Technik“. Laut Bauzeitenplan soll es im Januar 2020 losgehen, werden 33 Monate und „bis zu zwölf“ Millionen Euro veranschlagt.

Ausreichend Wettbewerb und genug Anbieter

Das Projekt sollte sehr viel früher starten, aber es gab eine Verzögerung im Vergabeverfahren. Ein Bewerber habe die Vergabekammer angerufen und Protest gegen die Verwendung spezieller Wechselverkehrszeichen erhoben, berichtet André Deutenberg. Der sei letztlich abgeschmettert worden, Straßen NRW habe gewonnen und sich mit dem Verband der Verkehrssicherer auf eine Einigung verständigt. Aktuell laufe jetzt die Vergabephase: „Es gab ausreichend Wettbewerb und wir haben genug Anbieter.“ Als erster wird der westliche Überbau mit den Richtungsfahrbahnen nach Süden abgerissen und neu gebaut. Übrigens wiederum als ein Spannbetonbauwerk. Da die gesamte Fahrbahnbreite gerade einmal zehn Meter beträgt, reicht das nur für drei Spuren durch den Baustellenbereich.

Beton-Trennwand flexibel einsetzbar

In der Bauphase wird der Lärmschutz vorübergehend demontiert. Die Wände sollen aber so bald wie möglich wieder auf der neuen Brücke installiert werden.
In der Bauphase wird der Lärmschutz vorübergehend demontiert. Die Wände sollen aber so bald wie möglich wieder auf der neuen Brücke installiert werden. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Angesichts dieser Gefechtslage hat sich der Landesbetrieb für ein Pilotprojekt namens „automatisierte Wechselverkehrsführung“ entschieden. Zum Einsatz kommt ein U.S.-Spezialfahrzeug, das vorn das jeweils ein Meter lange Element einer untereinander gekoppelten Reihe von knapp 80 Zentimeter hohen Beton-Trennsteinen packt, anhebt, im Inneren um eine Fahrspur rüberzieht, hinten auf der anderen Seite wieder „ausspuckt“ und absetzt. In diesem Fall 800 Meter lang. Das könne man sich wie eine Perlenkette vorstellen, sagt Deutenberg. Und so werden Tag für Tag frühmorgens gegen vier, fünf Uhr zwei Spuren für die Rush-Hour nach Wuppertal eingerichtet; gen Nachmittag läuft das gleiche Spielchen in umgekehrter Richtung. „Eigentlich“, meint der Projektleiter, „dürfte es so keinen Stau geben.“