Neviges. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Kerstin Griese besuchte bei ihrer Sommertour einen Milchbauernhof. Und staunte über den „gelenkten Kuh-Verkehr.“

Das Thema, das den Landwirten zurzeit am meisten auf der Seele brennt, hat Kerstin Griese direkt vor der eigenen Haustür mitbekommen: „Ich bin gestern Abend aus dem Urlaub gekommen, da war es schon dunkel. Heute morgen hab ich dann gesehen, wie verbrannt der Rasen überall ist“, sagte die SPD-Bundestagsabgeordnete zum Start ihrer 16. Sommertour, die sie auf den Igelsbrucher Hof zum Milchbauern Martin Mühlinghaus führte. Der Jungbauer hat den väterlichen Betrieb an der Alaunstraße erst zum 1. Juli übernommen – und muss gleich mit einer Situation umgehen, die es in dieser Dramatik noch nicht gegeben hat.

Insolvenzen sind nicht ausgeschlossen

Wenn es nicht allzu heiß ist, treiben sich die Kühe auch gern auf den weitläufigen Weiden herum.
Wenn es nicht allzu heiß ist, treiben sich die Kühe auch gern auf den weitläufigen Weiden herum. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

„So dauerhaft trocken hatten wir es noch nie. Die Wasserdiskrepanz macht mir langsam Angst“, sagt der Vorsitzende der Kreisbauernschaft Martin Dahlmann sorgenvoll. „Da sind auch Insolvenzen nicht ausgeschlossen.“ Kaum Niederschlag, dazu im Juli die tagelange Rekordhitze bis zu 40 Grad, da machte nicht nur der Futtermais schlapp, von dem der Jungbauer nur noch wenige Reste hat.

Es muss dringend regnen

Und Kraftfutter ist teuer, das weiß auch der stellvertretende Vorsitzende der Kreisbauernschaft Josef Aschenbroich. „Es muss dringend mal länger regnen. Wir sehen oft, dass es hinten in der Ferne schwarz wird und auch was herunterkommt. Aber nicht hier bei uns“, seufzt auch Dorothee Mühlinghaus, die sich nach wie vor um den „Bürokram“ kümmert, wie sie sagt. Und mit Sohnemann als neuem Chef hochzufrieden ist. Wie auch Vater Emil Mühlinghaus, der froh ist, nach all den Jahren jetzt auch mal die Beine hochlegen zu können.

Der idyllisch gelegene Igelsbrucher Hof im Windrather Tal.
Der idyllisch gelegene Igelsbrucher Hof im Windrather Tal. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Die EU-Beilhilfen nicht senken

Bevor sich die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesarbeitsministerium das Herzstück und den Familienstolz des Igelsbrucher Hofes anschaute – den hochmodernen Stall – nutzte Martin Dahlmann die Chance, noch eine Sorge der Landwirte los zu werden: „Die EU-Beihilfen müssen bleiben, das ist sonst existenzgefährdend.“

Kleine Betriebe haben es schwer

Zu 40 Prozent seien die Bauern von den Direktzahlungen abhängig. Und Dahlmann schlug auch gleich eine Brücke, warum der Bereich Arbeit und Soziales ziemlich viel mit Landwirtschaft zu tun habe: „Die Betriebe werden ja immer größer und brauchen mehr Angestellte.“ Was daran liege, dass die zunehmenden Auflagen der EU nur zu stemmen seien, wenn mehr Umsatz erreicht werde. Und da hätten kleine Familienbetriebe schon ordentlich zu strampeln.

Hochmodernen Stall selbst entworfen

Vier Termine in Velbert

Kerstin Griese macht auf ihrer Sommertour vier Mal in Velbert Station. Am 7. August, besucht sie in Langenberg das Buchdruckmuseum Buchmacherey, in Neviges steht am 8. August das aufstrebende Unternehmen Straka 3d Lasertechnik auf dem Programm und in Velbert-Mitte am 9. August die Kolping-Kita Bartelskamp.

Weitere Städte ihrer Sommertour sind in ihrem Wahlkreis Heiligenhaus, Wülfrath und Ratingen.

Die Familie Mühlinghaus jedenfalls ist froh, sich vor vier Jahren für den Bau eines hochmodernen Stalls entschlossen zu haben, den Martin Mühlinghaus in der Meisterschule selbst ausgetüftelt hat. Mit dem Ergebnis ist auch Papa Emil zufrieden, und das gleich aus mehreren Gründen. Unter anderem hat Sohn Martin bewiesen, dass er gut kalkulieren kann: „Ich hatte mir bei dem Bau als Ziel gesetzt, unter einer Million zu bleiben“, sagt der junge Landwirt und zeigt stolz auf das isolierte Dach, den Boden, der automatisch gereinigt wird. 850.000 Euro hat der hochmoderne Stall gekostet. „Haben die alle einen Namen?“, fragt Kerstin Griese, als sie den Stall betritt. Haben sie. Und Käthe, Amelie und all die anderen Kühe wussten in den letzten Wochen ihr modernes Zuhause zu schätzen. Durch die Isolierung sei es fünf Grad kühler als in herkömmlichen Ställen, so Martin Mühlinghaus.

Melkroboter erleichtert die Arbeit

120 Kühe liefern hier 100.000 Liter Milch im Monat. Wie das abläuft, fand Kerstin Griese besonders spannend: „So einen Melkroboter hab ich noch nie gesehen.“ Kuh Käthe jedenfalls weiß, was sie zweimal am Tag zu tun hat. Über den „gelenkten Kuhverkehr“, angelockt durch Kraftfutter, schreitet sie würdevoll in die Schleuse, wartet gleichmütig ab, bis die vollautomatisch gesteuerten Melkbecher die Zitzen greifen. Kurz darauf füllt sich der Behälter. 14,5 Liter. Job erledigt. Käthe trottet weiter. Für Martin Mühlinghaus ist der Melkroboter eine riesige Arbeitserleichterung. „Meine Freundin will ja auch mal was von mir haben.“ Ob auch alles rund läuft, wenn Käthe und Co den Melkroboter ansteuern, kann er vom Smartphone aus kontrollieren. Was natürlich nicht heißt, dass die Tiere sich hier selbst überlassen sind. „Das ist schon faszinierend, ich sehe zum ersten Mal so einen digitalen Betrieb“, meinte Kerstin Griese, die froh war, auch bei ihrer 16. Sommertour der Tradition treu geblieben zu sein: Ein Bauernhof gehöre einfach dazu.