Velbert. In Velbert arbeiten Landwirte gegen das Verschwinden von Insekten. Hierbei spielen Pestizide, Brachflächen, aber auch Wissen eine Rolle
Die Sonne scheint auf die Felder rund um „Gut Hixholz“. Die Wiesen und Gräser blühen um die Wette und in der Luft liegt ein sanftes Summen: Tausende Insekten suchen nach neuen Blüten, die sie bestäuben können. Doch dieses Bild trügt.
Denn wie Insektenforscher des Entomologischen Vereins Krefeld in einer über 25 Jahre durchgeführten Studie herausfanden, nahm die Biomasse bei Fluginsekten innerhalb des untersuchten Zeitraumes um 75 Prozent ab. Um zu diesem Ergebnis zu gelangen, stellten die Forscher an fast 90 Standorten in ganz Nordrhein-Westfalen Fangzelte für Insekten auf.
Pestizide machen den Tieren zu schaffen
Die darin gefangenen Tiere wurden gewogen. Der nordrhein-westfälische NABU-Vorsitzende Josef Tumbrinck lässt sich dazu im Internet zitieren: „Während wir 1995 im Durchschnitt noch 1,6 Kilogramm aus den Untersuchungsfallen sammelten, sind wir heute froh, wenn es 300 Gramm sind.“
Doch woran liegt dieses massive Artensterben? Die Antwort ist recht simpel und doch ziemlich komplex: Landwirtschaft. Vor allem die dort eingesetzten Pestizide machen den kleinen Tieren das Leben schwer – im wahrsten Sinne.
Der Naturschutzbund NABU erklärt etwa, dass Neonicotinoide, hochwirksame Pestizide, „nicht nur auf so genannte Pflanzenschädlinge, sondern auch auf Tagfalter und vor allem Bienen Auswirkungen“ hätten.
Verkleinerter Lebensraum
„Man muss immer schauen, wie man Insektizide einsetzt“, sagt Michael Greshake vom „Gut Nixholz“, „für eine einzige Laus mache ich kein Fass auf“. Zudem gebe es Bestimmungen, dass etwa am Waldrand gar nicht gesprüht werden dürfe.
Ein weiteres immenses, doch oftmals unterschätztes Problem ist die Reduktion des Lebensraumes durch landwirtschaftliche Nutzung. Durch die massive Ausbreitung der Landwirtschaft wurde der Lebensraum von Insekten, die auf Wildblumen angewiesen sind, stark reduziert.
Blühstreifen oder Brachen werden gefördert
Um dem entgegenzuwirken, haben viele Bauern mittlerweile von der EU subventionierte Blühstreifen oder Brachen neben ihren Feldern. Dort dürfen keine Pflanzenschutzmittel benutzt werden. „Außerdem müssen fünf Prozent der Äcker ökologische Vorrangfläche sein“, erklärt Greshake. Dort steht ebenfalls nicht der Anbau, sondern das Insekt im Vordergrund.
Doch warum ist das Insektensterben überhaupt ein so großes Problem? Dass die Tiere aussterben oder zumindest vom Aussterben bedroht sind, betrifft viele Facetten der Natur. Zum Einen hängt das ökologische Gleichgewicht von ihnen ab. Denn manche Pflanzen – Apfel- und Kirschbaum oder Tomate und Kartoffel – benötigen zum Überleben Bestäubungen.
Insektensterben hat Einfluss auf Nahrungsangebot für Menschen
Marienkäfer frisst Läuse
Unter den Nützlingen ist wohl die Biene die berühmteste. Weltweit gibt es viele verschiedene Bienenarten, am bekanntesten ist aber sicherlich die Westliche Honigbiene (Apis mellifera), die Honig produziert und als besonders wehrhaft gilt.
Aber auch der Marienkäfer etwa ist ein Nützling. Er frisst Blatt- und Schildläuse und wird deshalb besonders von Landwirten als wichtiger Teil der Schädlingsbekämpfung angesehen.
Das Verschwinden von Insekten würde also auch das menschliche Nahrungsangebot einschränken. Zum Anderen spielen Insekten in der tierischen Nahrungskette eine enorm wichtige Rolle: Viele Tiere fressen Insekten – ohne sie würden Vögel oder kleinere Wirbeltiere aussterben; die wiederum die Nahrung von großen Säugetieren sind.
Vereinfacht bedeutet das: Durch das Aussterben von Insekten würde vielen Tieren die Nahrung fehlen – ein Zustand, der langfristig zum Aussterben der meisten Arten führen würde und auch den Menschen bedrohen könnte. Um dieses Wissen auch an die jüngeren Generationen weiterzugeben, veranstaltet „Gut Hixholz“ regelmäßig Aktionen wie das Bauen von Nützlingshotels.
Diese kleinen Bauten dürfen die Kinder mit nach Hause nehmen und in den Garten stellen – damit Biene, Marienkäfer und Co. einziehen; damit das Summen nicht von den sommerlichen Feldern verschwindet.