Velbert. Fachmann der TBV kontrolliert in Velbert in regelmäßigen Intervallen insgesamt 21.000 Bäume. Werk zerstörerischer Pilze bleibt lange verborgen.
Daniel Bierig geht die Checkliste durch. Und sein aufmerksamer Blick geht von unten nach oben: vom Wurzelbereich über den Stamm bis hoch zur Krone. Der 36-Jährige ist Baumkontrolleur bei den Technischen Betrieben Velbert (TBV) und – abgesehen vom Forst – für sämtliche Bäume im Stadtgebiet zuständig. Allerdings müssen nicht alle rund 21.000 Exemplare jedes Jahr überprüft werden.
„Es kommt auf die Lebensphase an“, erklärt der gelernte Gärtner (Fachrichtung Baumschule), der für seine neue Aufgabe im Umweltbildungszentrum Höxter gebüffelt hat. Nunmehr ist er eigens geschult und zertifiziert, zuvor war er Vorarbeiter der TBV-Baumkolonne. Die Intervalle sind in den Richtlinien der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung/Landschaftsbau festgelegt. Bei jüngeren Bäumen reichten alle drei Jahre, reifere und alternde kämen alljährlich dran. Entsprechend selten ist Bierig an seinem Schreibtisch, sondern fast immer unterwegs und draußen. Mit seinem Kontrollgerät auf Tablet-Basis, das im Prinzip die Mobilversion des TBV-eigenen Katasters ist. Denn die 21.000 Exemplare sind jeweils mit ihrem individuellen Steckbrief im Baumkataster erfasst. Das Kontrollgerät stellt detaillierte Luftbilder zur Verfügung, zeigt klar die Grenzen zwischen privatem Grund und öffentlichem Raum, und der TBV-Mann kann sofort vor Ort die Befunde ergänzen und ggf. Maßnahmen vermerken.
Warnungen immer ernst nehmen
Eine wichtige Frage ist stets, ob ein Baum eine Gefahr für die Öffentlichkeit darstellt, also etwa für Autos oder Passanten. „Kann er was beschädigen, müssen wir dafür geradestehen“, sagt Dennis Schieferstein. Im einfachsten Fall sei das ein Versicherungsfall. Bei Sturm ab Windstärke 8 sei die normale Haftung ausgehebelt, so der TBV-Sachgebietsleiter weiter. „Das gilt als höhere Gewalt, weil es nicht absehbar ist. Und jeder sollte auch die Warnungen des deutschen Wetterdienstes wirklich ernst nehmen.“
Bei seinen Kontrollen achtet Daniel Bierig darauf, ob und in welchem Ausmaß es Vorschädigungen gibt und bezieht in die Bewertung auch den Standort mit ein. Zu den möglichen Maßnahmen gehört z. B. das Entfernen von Efeu, um verdeckten Pilz sehen zu können. Oder auch die Herstellung des so genannten Lichtraumprofils über Straßen durch einen Kastenschnitt. Gebrochene und tote Äste ab einem bestimmten Durchmesser gehören entfernt, weil sie eine durchschlagende Wirkung haben können. Zur Baumerhaltung wird mitunter auch eine Kronen- bzw. Bruchsicherung durchgeführt, indem man mit Hilfe von Hohltauen die Belastungen besser verteilt.
Für Schutz an Baustellen sorgen
Der Kontrolleur kümmert sich auch um Baustellen, damit in deren Bereichen stehende Bäume geschützt werden, zudem macht er die Wertermittlung, wenn ein Baum z. B. bei einem Verkehrsunfall beschädigt worden ist. Zuweilen werde ein Baum auch beim Rasenmähen angefahren oder auf einer Baustelle irrtümlich angegraben. Aktuell habe man allerdings vor allem viele Trockenschäden infolge des zurückliegenden Sommers. Viele Bäume trieben nur zögerlich oder gar nicht aus.
Blutbuche nicht mehr standsicher
„Pilze gibt es in Massen“, berichtet der Baum-Experte. Manche Arten lebten in Symbiose mit dem Baum, seien ihm also förderlich. Das ist bei holzzersetzenden Pilzen gründlich anders. „Das Zerstörerische sieht man leider erst, wenn es schon weiter fortgeschritten ist, man kann den Prozess allenfalls herauszögern, etwa durch Zurückschneiden. Wenn der Pilz da ist, ist er da.“ Zwar sei nicht jedes Loch gleich ein Alarmzeichen, aber wenn sich der holzzerstörerische Pilz ausbreite, mache er dem Baum u. U. den Garaus. So habe es bei der großen alten, von Brandkrustenpilz befallenen Blutbuche Am Wiemhof einen regelrechten Wettlauf zwischen Holzabbau und -aufbau gegeben. Die erste Diagnose lag zwei Jahre zurück; der Baum wurde eingekürzt, um zumindest den Winddruck zu verringern. Letztlich wusste Bierig nicht, wie weit die Fäule vorangeschritten war und zog – wie immer in Zweifelsfällen – einen externen Gutachter hinzu. Der kam nach einer Bohrung zu dem Urteil, dass der Baum nicht mehr standsicher sei. „Er hat leider der Blutbuche noch maximal sechs Wochen gegeben, wir haben sie daraufhin vor drei Wochen fällen lassen.“
Roteiche ist 126 Jahre alt
Bäume, die tatsächlich das Ende ihrer Lebensdauer erreichen – so genannte Altersabgänge, sind nach TBV-Auskunft die Ausnahme. Eichen und Linden könnten bis zu 1000, Platanen an die 500 und ein Ahorn bis zu 150 Jahre erreichen.
Das älteste Exemplar im TBV-Kataster ist eine 126 Jahre alte Roteiche: 25 Meter hoch, 20 Meter Kronendurchmesser und 440 Zentimeter Stammumfang. Sie steht an der Straße des 17. Juni in Langenberg.