Langenberg. . Der Clan „Celtic Wolves“ trainiert für die neue Saison. Leistung sei ein wichtiger Aspekt, aber die Männer motiviert vor allem etwas anderes.
„Ich esse 50 bis 70 Eier die Woche.“ Ich muss nochmal nachfragen – was, wie viele? „Ja wirklich, 50 bis 70. Sonst könnte ich niemals solche Leistungen abrufen“, sagt Daniel Derwanz überzeugt. Er atmet tief ein uns aus und fixiert mit den Augen die Steinkugel, die vor ihm auf dem Rasen liegt. Er beugt sich nach vorn und hebt die 120-Kilo schwere Kugel mit einem angestrengten Stöhnen auf seine Beine. Ein kurzes Verschnaufen ist nötig, bevor der 110 Kilo schwere Mann die Kugel hoch hieven und auf dem Holzstamm vor ihm ablegen kann. Derwanz ist Mitglied des Highland-Clans „Celtic Wolves“ – zehn bärenstarke Männer, die eine einzige „Schwäche“ haben.
Mit der Hand berühre ich die Steinkugel und versuche, sie ein Stück zu bewegen. Sie rollt zwar ein bisschen nach vorne, aber hochheben? Dafür müsste ich wohl doch noch ein, zwei Eier mehr in der Woche essen. Ich bin beim Training des Highland-Clans „Celtic Wolves“. Im Mai stehen die ersten Wettkämpfe an. Dann heißt es wieder: höher, schneller, weiter. Nacheinander probieren die Männer, einen fünf Meter langen Holzpflock so zu werfen, dass er sich einmal überschlägt. Ich lasse mal lieber die Finger davon.
Rudeltiere als Namensgeber für den Verein
Die „Celtic Wolves“ – das sind zehn Männer, jeder einzelne ein Bär von einem Mann. Doch als das Team-Maskottchen angelaufen kommt, werden die starken Männer ganz weich. Dackel Odin genießt Streicheleinheiten von allen Seiten. Einen Moment später spießen sie einen neun Kilo schweren Strohsack mit einer Mistgabel auf und werfen ihn in die Höhe.
Vor vier Jahren hat Lukas Joschko die Gruppe gegründet. Wie er auf den Namen gekommen ist? „Wölfe sind halt tolle Tiere“, sagt der 36-Jährige lachend. „Und Rudeltiere natürlich.“ Denn natürlich wollten die Männer bei jedem Wettkampf Höchstleistungen abrufen, „aber der Teamzusammenhalt ist eigentlich das Schönste an dem Sport“, sagt Lukas Joschko.
Bei Wettkämpfen geht es nicht nur darum, der Beste zu sein
„Habt ihr gehört? Der hat grad gesagt, ihr seid blöd“, scherzt Matthias Unbehauen laut und haut seinem Teamkollegen lachend auf die Schulter. Der Ton ist rau, aber herzlich bei den „Celtic Wolves“. Sie freuen sich darauf, ab Mai bei den Wettkämpfen wieder gemeinsam Gas zu geben. „Die Wettkämpfe sind immer eine sehr familiäre Angelegenheit“, sagt Lukas Joschko.
Nächste Disziplin: Weitwurf. Ich greife zielstrebig die kleinere der beiden Kugeln, die auf dem Rasen liegen. Clan-Mitglied Matthias erklärt mir, wie ich die Kugel schwingen und abwerfen soll. „Gar nicht so schlecht“, sagt er, als ich die Kugel losgelassen hab. Dass die Profis mit der schwereren Kugel fast doppelt so weit geworfen haben wie ich, lässt er an dieser Stelle unkommentiert. Höflich sind sie ja, die Highlander.
Highland-Sport ist ehrlich und hart
Die Ergebnisse der letzten Turniere seien für die „Celtic Wolves“ auch „recht genial“ gewesen, wie der 36-Jährige Lukas beschreibt. Als sie das zweite Mal an dem Turnier in Rüsselsheim – und damit auch an der Deutschen Meisterschaft – teilgenommen haben, sind die „Celtic Wolves“ Siebter geworden. „Damit sind wir mega zufrieden“, sagt Lukas Joschko.
Der Highland-Sport sei „ehrlich und hart“, beschreibt Matthias Unbehauen. Was die meisten nicht wissen: Es ginge gar nicht ausschließlich um Kraft. „Wir müssen auch Ausdauer haben“, sagt der 36-Jährige. Besonders beim „Farmers Walk“. Das scheint die Lieblingsdisziplin der Männer zu sein. Sie stöhnen genervt, als Matthias vorschlägt, diese Disziplin doch als nächstes zu üben.
Historischer Hintergrund spielt keine große Rolle
An jeweils einer Schlaufe tragen die Männer zwei Baumstämme – jeweils 40 Kilo – und versuchen in einer Minute, so viel Strecke wie möglich zurückzulegen. Als keiner hinsieht, probiere ich, einen der Baumstämme anzuheben. Bei dem Gedanken, beide Stämme gleichzeitig mehrere Meter tragen zu müssen, muss ich lachen. „Spaßig oder?“, sagt Lukas und grinst mich dabei freudestrahlend an.
Der Highland-Sport sei für die Teammitglieder ein guter Ausgleich zur Arbeit und stelle einen jedes Mal vor neue Herausforderungen. „Ich find auch den historischen Background voll gut“, ergänzt Milan Schonski. Die schottische Kultur mache zwar keinen großen Anteil ihres Trainings und der Wettkämpfe aus, „aber die Schotten sind einfach geil“, sagt Milan lachend.
Sport ist nicht nur was für Männer
Auch Anna Derwanz ist heute zum Training der Highland-Jungs gekommen. Puh, ich bin nicht die einzige Frau hier. Aber zu früh gefreut: Anna beginnt nach einer langen Verletzung gerade wieder mit leichtem Training. Auch wenn sie als Frau in der Unterzahl ist, mache der Sport ihr großen Spaß. „Dass das Sport ist, merkt man erst, wenn man abends auf der Couch sitzt und sich nicht mehr bewegen kann“, sagt sie überzeugt.
Schneller als ich gucken kann, trage ich einen grün-blauen Schottenrock. „So wirft es sich direkt viel weiter“, sagt Matthias. Die „Celtic Wolves“ – das sind zehn bärenstarke Männer. Und wie ich jetzt weiß: mit einer Schwäche für Dackel und dem Herz am rechten Fleck.
>> PLATZIERUNG STEHT NICHT IM VORDERGRUND
- Die Highland Games sind traditionelle Veranstaltungen und waren ursprünglich Bestandteil der Treffen schottischer Clans in den schottischen Highlands.
- Für die „Celtic Wolves“ steht der erste Wettkampf am 4. Mai in Kempen an. Am 14. September finden auch in Velbert die Highland-Games statt.
- Für die meisten Teams ginge es dabei gar nicht unbedingt um die Platzierung, erklärt Lukas Joschke: „Weil alle ganz genau wissen, wie anstrengend das ist.“