Velbert. . Schüler des GSG in Velbert haben ein Kabarettprogramm erarbeitet. Sie äußern Kritik an der Gesellschaft, auch die Lehrer bekommen ihr Fett weg.

„Willkommen in Trump-World!“ Mit Cowboyhut auf dem Kopf steht Jeroen auf der Bühne und preist mit amerikanischem Akzent den neuesten Trend aus den Staaten an: einen politischen Themenpark. „Hier können Sie Konjunktur-Express fahren, immer im Kreis!“ Und die nächste Attraktion: Eine Märchenwelt, die den Deutschen zeigen könne, wie toll ihr Leben ohne die vielen Ausländer in ihrem Land sein könnte. Wo es diesen Freizeitpark gibt? Im Kabarettprogramm des Geschwister-Scholl-Gymnasiums (GSG).

„Hier können die Schüler einfach mal Dampf ablassen“, erklärt Kai Bülte, der die Kabarettgruppe leitet. Euphorisch steht er bei der Probe wie ein Dirigent vor der Gruppe, während diese sich auf der Bühne zu einem Chor formiert hat. Sie geben gerade Helene Fischers Klassiker „Atemlos“ zum Besten. Aber irgendwas ist anders: „Atemluft wird bald knapp. Spür was Diesel mit uns macht“, heißt der Text nun.

Ein dreiviertel Jahr Vorbereitungszeit steckt hinter dem Programm

Seit einem dreiviertel Jahr arbeite die Gruppe nun intensiv an ihrem Programm, an den Inhalten und den Texten. „Wir haben alles selbst geschrieben“, erklärt die 17-jährige Virginia Kalb. Aber zunächst hieß es zu Beginn der Arbeiten: Ideen sammeln. Ob auf der Straße, in der Schule, in ihrem Alltag: „Wir haben erstmal alles aufgeschrieben, was uns stört“, sagt Virginia weiter.

Mit Engagement bei der Sache: Kai Bülte leitet das Schülerkabarett am GSG.
Mit Engagement bei der Sache: Kai Bülte leitet das Schülerkabarett am GSG. © Ulrich Bangert

Zusammen sei die Gruppe – bestehend aus Schülern der zehnten bis zwölften Klasse – dann im letzten Herbst für drei Tage in eine Jugendherberge gefahren, um alle Ideen zu Papier zu bringen. Warum nehmen sie sich diese Zeit? „In der Schule schreibt man zwar mehr, aber hier halt nur über Themen, die einen interessieren“, erklärt die 17-jährige Virginia. „Außerdem sind wir auch einfach eine coole Truppe“, pflichtet Lena Wanzke ihr bei.

Schule hatte in den 80ern schon ein Kabarett

Wieviel Stunden es am Ende tatsächlich gewesen seien, die die Gruppe in das Projekt investiert habe, weiß Kai Bülte schon gar nicht mehr. „Viele“, sagt er nur. Als er vor rund 4 Jahren als Lehrer ans GSG gekommen sei, sei ihm aufgefallen, dass die Schule in den 80er Jahren schon mal ein erfolgreiches Kabarett gehabt habe: die Sense. „Ich hab gedacht, das muss man doch wieder aufleben lassen.“

Auch eigene Lehrer werden parodiert

Doch auch er selbst ist als Lehrer vor den Ideen seiner Schüler nicht geschützt: „Bei einem Stück haben wir uns schon an unseren eigenen Lehrern orientiert“, sagt Virginia Kalb lachend. „Aber wir übertreiben natürlich voll“, schiebt Lena Wanzke schnell hinterher. Und so sei dann das Lieblingsstück von Virginia entstanden: die Schulkonferenz.

Frau Blitzmerker, Frau Kuschel-Waldorf, Herr Young and Cool und Frau Spieß sitzen im Lehrerzimmer und diskutieren darüber, wie sie ihre Schüler am besten quälen können. Sie verteilen sogar Punkte: Noten würfeln – zehn Punkte. „Die Schüler streuen halt in dem Stück noch mal schön Salz in die Wunde“, sagt Kai Bülte lachend.

Viele aktuelle Themen werden im Programm dargestellt

Justus Klement begleitet die Gruppe während ihrer Aufführung am Klavier.
Justus Klement begleitet die Gruppe während ihrer Aufführung am Klavier. © Ulrich Bangert

Und so nehmen die zwölf Schüler nicht nur ihre Lehrer auf’s Korn. Auch mit den Themen Hubschrauber-Eltern, Gender-Diskussion, Datenschutz oder auch Rassismus hat die Gruppe sich beschäftigt. Zuschauer können dabei natürlich viel lernen: zum Beispiel, wie sich Goethes Tragödie „Faust“ anhört, wenn sie gendergerecht interpretiert wird.

„Es macht einfach richtig viel Spaß, Probleme so übertrieben darzustellen“, freut sich Lena Wanzke. Die 16-Jährige ist zum zweiten Mal in der Kabarettgruppe von Kai Bülte dabei und ist vor Auftritten schon immer aufgeregt. „Es ist trotzdem cool“, sagt sie lachend.

Motto der Gruppe stammt von einem deutschen Lyriker

Kai Bülte weist darauf hin: „Wir machen uns hier nie über einzelne Personen lustig, immer über Probleme.“ Die Gruppe arbeite ganz nach dem Motto des deutschen Lyrikers Hans Bötticher: „Humor ist der Knopf, der verhindert, dass einem der Kragen platzt.“

>> KABARETT ALS FORM DER POLITISCHEN ÄUßERUNG

  • Die nächste Aufführung findet am Freitag, 5. April, um 19 Uhr im Theaterraum des Geschwister-Scholl-Gymnasiums statt.
  • Die Gruppe wolle mit dem Kabarettprogramm auch deutlich machen, dass junge Leute nicht so unpolitisch seien, wie gerne behauptet werde, so Kai Bülte. Kabarett sei eine Ausdruckmöglichkeit, sich politisch zu äußern.