Velbert. . Beim Rathaussturm besetzen die Narren das Rathaus in Velbert. Dort, wo sonst Büroarbeit auf dem Tagesplan steht, wird ausgelassen gefeiert.
Vor dem Rathaus sind nur einzelne Jecken unterwegs. Eine Indianerin und eine Polizistin posieren an Weiberfastnacht gerade für ein Selfie. Es wirkt ruhig vorm Rathaus. Doch als ein Mann mit Pilotenbrille und Kapitänsmütze auf dem Kopf die Tür öffnet, dröhnt laute Musik aus dem Foyer das Rathauses. „Jetzt geht’s los, wir sind nicht mehr aufzuhalten“, grölen die Jecken im Rhythmus der Musik. Sie sind nicht mehr aufzuhalten, gleich das Rathaus zu stürmen.
„Die haben sich nur schon mal warmgelaufen“, meint Ilona Silipo lachend. Gemeinsam mit vielen anderen Jecken hat sie um 11.11 Uhr schon in Heiligenhaus das Rathaus übernommen. Und jetzt macht sie in Velbert weiter. „Die Party geht ja jetzt erst richtig los“, ist sie sich sicher.
Verkleidung ganz im Zeichen Europas
Und damit hat sie recht: Um 15:11 Uhr bahnt sich das Prinzenpaar mit dem Hofstaat – verkleidet als Hockey-Team – seinen Weg durch die Jecken. Noch hat sich Bürgermeister Lukrafka in den Büroräumen des Rathauses versteckt. „Die Jecken stürmen jetzt das Rathaus“, ruft Karnevalsprinz Dennis I. laut.
Und das ist dann wohl das Stichwort für den Bürgermeister: Blauer Zylinder auf dem Kopf, blinkende Brille im Gesicht und eine Europa-Flagge auf die Wange gemalt, betritt Dirk Lukrafka das Foyer des Rathauses. „Über unsere Kostüme haben wir uns viele Gedanken gemacht“, sagt er ins Mikrofon zur jecken Menschenmenge vor ihm. Man habe damit ein Zeichen für Europa gesetzt.
Prinzenpaar muss sich den Schlüssel erst verdienen
Doch ganz so einfach möchte es der Bürgermeister dem Prinzenpaar beim Sturm auf das Rathaus dann doch nicht machen. Bevor er den Jecken seinen Schlüssel übergibt, müssen Dennis und Jessie erst noch ein paar Fragen beantworten. Hauptstädte den richtigen Ländern zuordnen, Königspaare Europas erkennen. „Jetzt habt ihr euch den Schlüssel auch verdient“, sagt der Bürgermeister nach bestandener Prüfung. Und dann die feierliche Übergabe: „Jetzt lass uns jeck sein und feiern, bis in die Nacht!“, ruft Bürgermeister Lukrafka unter tosendem Applaus der Leute im Rathaus.
Das Prinzenpaar steht in der Menge. Aber irgendetwas ist anders: Stolz hebt Jessie I. das Zepter in die Höhe, Dennis hält den Blumenstrauß in seiner Hand. An Weiberfastnacht werden die Rollen getauscht. „Ehrlich gesagt“, sagt Jessica, als sie auf den langen Stab in ihrer Hand schaut, „ist das total unpraktisch.“ Aber für einen Tag überall an erster Stelle zu stehen, „das fühlt sich natürlich toll an“.
Die Stimmung ist jede Anstrengung wert
Der Karneval als Brauchtum sei eine so wichtige Sache, findet Prinz Dennis. Er beginnt zu schwärmen, wenn er daran denkt, dass er gemeinsam mit Jessie gerade stellvertretend für alle Jecken der Stadt die Herrschaft über das Rathaus übernommen hat. „Das ist ein richtig geiles Gefühl“, sagt er lachend.
Dass die Karnevalstage für das Prinzenpaar auch anstrengend sein könnten, tun beide mit einer ablehnenden Handbewegung ab. „Das Feedback der Jecken macht jedes frühe Aufstehen, jede Anstrengung wieder wett“, sagt Prinzessin Jessie. Die Gemeinschaft, das Feiern, einfach ein paar Tage ohne Sorgen sein. Das bedeute für sie Karneval.
Und da sei eben auch der Rathaussturm als Brauch besonders wichtig, bestätigt Bürgermeister Lukrafka: „Karneval ohne Rathaussturm? Undenkbar!“
>> STRAFFES PROGRAMM FÜR DAS PRINZENPAAR
- Das Brauchtum von der symbolischen Besetzung des Rathauses hat seinen Ursprung im preußischen Rheinland.
- Das Velberter Prinzenpaar zieht in der Karnevalszeit von einem Termin zum nächsten. An diesem Wochenende ist es zum Beispiel unter anderem bei der großen Prunksitzung im Forum, beim Umzug in Tönisheide und natürlich beim Rosenmontagszug in Velbert Mitte unterwegs.