Kreis Mettmann. . Landkreise hätten bei der Personalausstattung gegenüber Großstädten das Nachsehen, auch wenn im Kreis Mettmann alle Planstellen besetzt sind.

  • Landkreise haben bei Personalausstattung gegenüber Präsidien in Großstädten das Nachsehen
  • Behördenleiter Thomas Hendele moniert: „Die wachsende Respektlosigkeit ist unerträglich“
  • Alle Planstellen sind zwar besetzt, doch fehlt oft die Diensterfahrung - und die Überstunden häufen sich

Thomas Hendele als Behördenleiter und die Führungskräfte der Kreispolizeibehörde Mettmann präsentieren bei ihren Jahresberichten immer gerne – und nachvollziehbar auch ein bisschen stolz – die Kriminalitäts- und die Unfallhäufigkeitszahl. Diese beiden Kennziffern geben Auskunft darüber, wie hoch im Kreisgebiet die Wahrscheinlichkeit bzw. das Risiko ist, Opfer einer Straftat oder aber eines Unfalls zu werden. Und sie können sich sehen lassen, schneiden bei Vergleichen in vielfacher Hinsicht um Längen besser ab. Allerdings haben sie auch Nachteile. Nämlich bei der Personalausstattung. „Wir haben gute Ergebnisse“, sagt der Landrat, „aber das schlägt uns bei der Verteilung der ausgebildeten Polizisten die Beine weg.“ Wer schlechte Kennzahlen hat, bekommt mehr Leute.

Landrat kritisiert Zwei-Klassen-Gesellschaft

Denn im Zusammenhang mit der so genannten belastungsbezogenen Kräfteverteilung, die es neben einem Personalsockel gibt, führe die Betrachtung der Kennziffern dazu, dass es von 2000 bis 2016 bei den Präsidien in den Großstädten einen Zuwachs um 6,8, hingegen in den Landkreisen einen Personalschwund um 5,4 Prozent gegeben hat. Das Vorgehen habe zur Folge, dass die Stadt Duisburg mit 500 000 und somit etwa gleich vielen Einwohnern wie im Kreis Mettmann, 298 Stellen mehr habe. „Dass die mehr brauchen, ist unbestritten, aber müssen es 300 sein?“

Das Delta wirkt bis heute nach

Was den CDU-Landrat, der ja auch Präsident des NRW-Landkreistages ist, in diesem Zusammenhang besonders wurmt und was er anmahnt: „Der Abstand ist einfach zu hoch und er ist zementiert.“ Das führe zu einer Zwei-Klassen-Gesellschaft; man brauche eine neue, andere Verteilungsgerechtigkeit. Das Missverhältnis wirke sich vor allem bei der Verteilung der Nachwuchskräfte aus. „Wir müssen gucken, wo diese belastungsbezogene Komponente korrigiert werden kann“, findet Thomas Hendele. „Wir liefern nun einmal gute Zahlen, auch dank der guten Polizeiarbeit.“

Behörde steht vor Riesen-Pensionierungswelle

Nicht minder engagiert prangert er an, dass die Landesregierungen im vorigen Jahrzehnt jahrelang die Einstellungszahlen NRW-weit auf 480 Anwärter herunter gefahren haben. Mittlerweile wurden im Jahr 2016 1920 und aktuell 2000 Beamte eingestellt. Dieses Delta wirke bis heute nach: „Das holen wir nie wieder auf.“ Außerdem erwarte die Polizei eine Riesen-Pensionierungswelle. Beispielsweise seien die Ermittler bei der Kripo im Schnitt über 50.

Privatleben spielt immer größere Rolle

Als Hendele – inzwischen im 18. Amtsjahr – anfing, hatte seine Kreispolizeibehörde „deutlich mehr als 700 reine Polizisten“. Jetzt sind’s nur noch 686. Grundsätzlich seien alle Planstellen besetzt, erläutert Manfred Frorath, doch fielen an die 40 Männer und Frauen aus. U. a. bedingt durch Elternzeit, Schwangerschaft, Krankheit etc. Prinzipiell, erläutert der Leitende Polizeidirektor weiter, spiele die Vereinbarkeit von Beruf und Familie bei der Organisation der Diensteinteilung mittlerweile eine immer größere Rolle.

„Die wachsende Respektlosigkeit ist unerträglich“ 

Für weitere Belastungen sorgt der Umstand, dass die Kreispolizei auch andernorts gefordert ist. Weil die Düsseldorfer JVA auf Ratinger Stadtgebiet liegt, müssen Froraths Kollegen Vernehmungen machen und erkennungsdienstliche Aufgaben wahrnehmen. Ran „dürfen“ seine Leute auch regelmäßig bei Fußballspielen, etwa in Dortmund, Düsseldorf oder Mönchengladbach. 30 Leute mussten kürzlich zur AfD-Gegendemo nach Köln ausrücken, und für den G 20-Gipfel im Juli in Hamburg kommt ähnliches auf die Kreis Mettmanner zu.

„Wir helfen gern“, betont der Landrat, „könnten das aber mit höherer Personalstärke besser verkraften.“ Das Problem: Die Überstunden feiern die Kräfte daheim ab. Falls überhaupt schnell machbar. Manfred Frorath: „Wir schieben einen Riesenberg vor uns her.“

Versierte Beamte werden ans LKA abgeordnet

Und abgesehen vom rein Nummerischen spielt die Komponente der Diensterfahrung noch eine wichtige Rolle. Nach Auskunft des Landrates wurden u. a. versierte Beamte ans Landeskriminalamt abgeordnet, verlor man nach dem Charlie-Hebdo-Anschlag 38 Mitarbeiter zugunsten der Stärkung des Staatsschutzes. Die habe man zwar – mit Verzug – nachbesetzt bekommen, „aber keine alten Hasen, sondern Berufsanfänger von der Fachhochschule.“ Der alte Spruch „Wir kennen unsere Pappenheimer“ sei eben durch nichts zu ersetzen.

Und wo bleibt das Positive? „Wir haben eine engagierte Truppe mit einer über dem Schnitt liegenden Aufklärungsquote“, hebt Frorath hervor, „die Polizeiarbeit ist eine gute, wir müssen aber lernen, in andere Strukturen zu kommen.“ Die Flotte von 45 „kolorierten Einsatzfahrzeugen“ der Marke BMW sei zahlenmäßig knapp bemessen, urteilt der Landrat. Sonst sei die Logistik okay. „Die Ratinger Wache neu, die Velberter kommt, die neue Leitstelle in Mettmann ist geplant“, zählt er auf, „wir können uns wirklich nicht beklagen.“

Strafmaß bei Einbrüchen soll sich ändern

Allerdings sei die Arbeit viel schwieriger geworden: „Die wachsende Respektlosigkeit ist unerträglich. Und wenn Sie mit einem Straftäter ohne Haftbefehl das Amtsgericht verlassen und ihn wieder laufenlassen müssen, führt das bei unseren Leuten natürlich nicht zu Begeisterungsstürmen“, erzählt Thomas Hendele. Erfreulicherweise habe sich in dieser Hinsicht aber bereits etwas getan – und es werde sich die Situation, z. B hinsichtlich des Strafmaßes beim Wohnungseinbruch, verbessern.