Sprockhövel. Die Gartenfreunde Sprockhövel gibt es seit 90 Jahren. Ursprünglich ein Verein der Selbstversorger, bietet das Vereinsleben heute vieles mehr.
Einer der größeren Vereine Sprockhövels feiert in diesem Jahr seinen 90. Geburtstag. Wenige Monate nach der Machtergreifung der Nazis wurde der Verein als Obst- und Gartenbauverein gegründet. Der heutige Vorsitzende Hans-Walter Sante erklärt, warum es in jenen Jahren überall solche Vereine gab und welche Funktion ihnen zukam.
„In dieser Zeit waren viele Menschen Selbstversorger“, berichtet Sante, der auch aus einer Sprockhöveler Familie stammt, die noch ein paar Nutztiere und einen großen Garten besaß. „Kaufen mussten wir kaum etwas dazu, und so war es bei vielen Familien damals.“ Was fehlte und für Selbstversorger wichtig war, war Saatgut. Die Gartenbauvereine waren Verbünde, in denen die Mitglieder durch Tausch an Saatgut kamen und auch an Pflanzen, meist Setzlinge für Obst und Gemüse.
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Hinzu kam, dass Mitglieder von Gartenvereinen Beratungstermine organisierten, wo Fachleute oder kenntnisreiche Laien über Anbaumethoden informierten und auch über Pflanzenschutz. Nach Kriegsende änderte der Sprockhöveler Verein seinen Namen in Gartenfreunde, aber die Ernährungsproblematik blieb die alte, insbesondere in den ersten Nachkriegsjahren.
„Mit wachsendem Wohlstand hat sich der Schwerpunkt auch der Gartenfreunde in Sprockhövel verändert“, berichtet der Vorsitzende. Aus harter Gartenarbeit wurde über die Jahre ein Feierabend-Hobby, „Und so haben sich mit den veränderten Ansprüchen auch die Gärten verändert, sie sind überwiegend zu Ziergärten geworden“, erläutert Sante.
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Und die Vereinsaktivitäten änderten sich: Mit der Zunahme der Mitglieder, die mitunter keinen großen Garten mehr hatten, sondern nur noch Balkone bepflanzten. „Das sind kleine Flächen, die besonders gerne mit Kräutern oder Blumen bepflanzt werden.“
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Was sowohl in der Dreißigern wie auch heute die Mitglieder des Sprockhöveler Vereins zusammenhält, ist die Liebe zur Natur und zu schön angelegten Gärten, sagt Sante. Aus der guten alten Zeit hat sich bis heute die regelmäßig angebotene Pflanzentauschbörse erhalten, bei der die Gartenfreunde immer viel Zulauf haben. Im Gegensatz zu früher, so hat es Hans-Walter Sante beobachtet, ist die Geselligkeit immer wichtiger geworden. Anstatt in der Erde zu wühlen, freuen sich die Gartenfreunde heute deutlich mehr über ein Jahresprogramm, das Sante mit dem Vorstand erarbeitet, und das Fahrten und Tagesreisen beinhaltet.
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Sehr beliebt sind weiterhin Fachvorträge, zu denen der Verein nicht nur seine Mitglieder einlädt – inzwischen weniger über Anbaumethoden oder Baumschnitt, sondern heute eher medizinischer Art. „Wir sind alle älter geworden“, sagt der 85-Jährige, der sich gerne auf der nächsten Jahreshauptversammlung wieder zum Vorsitzenden wählen lassen möchte. Im Schnitt 75 Jahre alt sind die weiblichen und männlichen Gartenfreunde: Mit der Nachwuchsarbeit klappt es nicht so gut, zeitgemäß ist heute wieder die Kleingartensiedlung, aber die Gründung einer solchen hat der Verein nie angestrebt.
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„Unser Zusammenhalt ist wirklich bewundernswert“, lobt Sante. Das habe sich auch während der Pandemie erwiesen. Unzählige Telefongespräche hat Sante mit den isolierten Mitgliedern geführt, „damit die auch durchhalten.“ Wie eine große Familie kommt einem der Verein mit seinen derzeit rund 400 Mitgliedern vor, wenn er nach Dülmen zum Grünkohlessen fährt, eine Spargel- oder eine Heidelbeerfahrt anbietet oder wie in diesem Jahr am 9. September zur Landesgartenschau nach Höxter fährt. Im Oktober folgt dann noch das Herbstfest, bevor es am 11. November im evangelischen Gemeindehaus das beliebte Konzert mit Stefan Lex und weiteren Künstlern gibt.