Sprockhövel. Marlene Klutzny ist Archivarin der Stadt Sprockhövel. Für die 24-Jährige ist das eine spannende Aufgabe. Wie sie Struktur ins Chaos bringt.

Sie ist neugierig, kommunikativ und liebt das strukturierte Arbeiten. Wenn Marlene Klutzny mitreißend von ihrem Beruf erzählt, traut man ihr zu, dass sie ständig durch die Welt jettet und neue Eindrücke sammelt, wie andere Souvenirs von Urlaubsreisen. Aber sie ist leidenschaftliche Archivarin von Sprockhövel.

Die 24-Jährige kann sich noch an den traurigen Blick einer Lehrerin erinnern, als sie ihr erzählte, dass sie eine Ausbildung zur Archivarin macht. Dabei ist für sie die Zusammenarbeit mit Vereinen und Schulen, mit Bürgerinnen und Bürgern und auch mit der Verwaltung einzigartig und spannend. Und sie hat mit allen Altersgruppen Kontakt und Austausch. Oft kommen auch Studenten, die an einer Master- oder Doktorarbeit schreiben, die Palette der Kontakte ist sehr bunt.

Briefe und Zeitungen machen Geschichte für Schülerinnen und Schüler lebendig

Wenn sie beschreibt, was ihren Beruf so unglaublich reizvoll macht, fühlt man sich gleich ertappt. Wenn andere graue Haare bekommen, weil sie an das Chaos in ihrem Keller denken, geht für die junge Frau die Sonne auf. „Die meisten wissen gar nicht, was sie für Schätze haben, die da schlummern. Bloß nicht wegschmeißen“, ist ihre Bitte.

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Denn anhand von alten Bildern, Briefen und Zeitungen könne man Geschichte für Schülerinnen und Schüler so unglaublich lebendig machen. Der Blick, den man auf eine Stadt bekommt, wenn Bürger oder Vereine ihre Kisten mit verstaubten, alten Bildern und Briefen auf den langen Archivtisch gießen, ist eine echte Fundgrube. Für Marlene Klutzny.

Stadtarchivarin Marlene Klutzny im Archiv der Stadt Sprockhövel, das in Hattingen seine Heimat hat.
Stadtarchivarin Marlene Klutzny im Archiv der Stadt Sprockhövel, das in Hattingen seine Heimat hat. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Solche Goldschätze richtig einzuordnen und zu strukturieren, um später eine Dokumentation daraus zu machen, das ist Arbeit. Aber in erster Linie Balsam für die Seele der 24-Jährigen und ein immens wertvoller Beitrag für das Gedächtnis einer Stadt. Genau das erlebt Marlene Klutzny gerade mit der TSG. Der verstorbene, frühere Ehrenvorsitzende Helmut Hüppop, der mit 80 Jahren noch immer rührig in Sachen Sport unterwegs war, hat über Jahrzehnte alles gesammelt, was den Verein betraf.

Anekdoten und facettenreiche Geschichten

Er trat schon 1945 als Handballer in die TSG ein, entsprechend proppevoll sind die Kisten, die Vereinsmitglieder zu Marlene Klutzny schleppten. Es sind auch die Anekdoten und die facettenreichen Geschichten, die das Einordnen des Vereins in die Historie so aufregend machen. „Meine Aufgabe ist es dann, strukturiert an die Arbeit zu gehen, zu prüfen und letztendlich geschichtlich einzuordnen, damit die Fakten stimmen und es Hand und Fuß hat.“

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Kisten mit Bildern und Briefen nicht wegwerfen

Ein bisschen hat der Zufall nachgeholfen. Marlene Klutzny, die 2018 in Witten Abitur machte, hatte schon Geschichte als Leistungskurs und zusätzliches Lernfach. Als sie sich bei der Stadt Sprockhövel um eine Ausbildung bewarb, war zufällig im Archiv eine Stelle frei. Jetzt macht sie ihre Arbeit mit Leidenschaft und bittet die Bevölkerung, auf keinen Fall wertvolle „alte Kisten mit Bildern, Briefen und anderen Dokumenten“ wegzuschmeißen.

Man kann sich an sie unter der Telefonnummer 02324/ 39 19 60 wenden. Das Stadtarchiv Sprockhövel ist im Verbund mit dem Hattinger Archiv und hat seinen Sitz daher ebenfalls in Hattingen an der Rauendahlstraße 40-42.

Schließlich gibt es ja einen hohen Anspruch: Die Geschichte Sprockhövels und des Vereins muss so dokumentiert werden, dass es der Wahrheit entspricht, was für die Nachwelt festgehalten wird. „In das Chaos und Durcheinander Struktur zu bringen, das ist meine Aufgabe“, verrät die 24-Jährige. Das Auswerten und Einordnen in den historischen Kontext ist eine Herausforderung. „Auch Zeitungen sind ein wichtiger Teil. Denn solche Dokumente geben ja den Zeitgeist wieder.“ Das alles zählt zu dem nicht amtlichen Teil der Archivarbeit.

Man entdeckt ständig etwas Neues

Eine andere Aufgabe ist der Verwaltungspart, das Dokumentenmanagement zum Beispiel. „Die Unterlagen von heute sind das Archiv von morgen.“ Es wird zurzeit alles in Richtung elektronisches Archiv umgestellt, denn die Digitalisierung wird vorangetrieben.

Einen hervorragenden Lehrmeister hat Marlene Klutzny in dem erfahrenen Hattinger Archivar Thomas Weiß. Er kann sein geballtes Wissen an die junge Kollegin weitergeben, denn das Sprockhöveler Archiv ist schon vor längerer Zeit in das Gebäude des Stadtarchivs Hattingen gezogen. „Meine Arbeit ist so spannend wie die von Christoph Kolumbus, man entdeckt ständig etwas Neues.“