Sprockhövel. Sprockhövel hat zum dreitägigen Vokalmusikfest eingeladen. 500 Beteiligte haben 25 Veranstaltungen bestritten. Und so ist es gewesen.

In Zeiten wie diesen, wo weltweite Krisen auch im kleinsten Dorf unbeschwerte Freuden erdrücken, kann Gesang sehr heilsam sein. In Sprockhövel wurde das Experiment eines dreitägigen Vokalmusikfestes gewagt – auf der großen Bühne im Freien, künstlerisch wertvoll in Kirchen und sogar im häuslich-privaten Rahmen. Fest steht: der bunt gedeckte Tisch mit vielen Angeboten ist richtig gut angenommen worden.

Splish-splash passt gut ins Freibad

Viele junge Gäste und deren Familien waren am Samstag beim Kinderkonzert der Lauschelieder dabei.
Viele junge Gäste und deren Familien waren am Samstag beim Kinderkonzert der Lauschelieder dabei. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Regina van Dinther war sehr beeindruckt. Am Sonntagvormittag lauschte sie wie viele andere auf dem kurz geschnittenen Grün im Freibad den Klängen der vielen Chöre, die hier im Halbstundentakt ihr Repertoire singen. Die Präsidentin des Chorverbandes NRW wohnt in Hattingen, „und da habe ich es mir nicht nehmen lassen, an zwei Tagen hier vorbeizuschauen, bei dieser Vielfalt.“ Soeben hat Pfarrer Martin Funda – auch als Moderator launig wie immer – den gemischten Sprockhöveler Chor Canzonas angekündigt. Zu wummernder Musik vom Band singen sie viele Gute-Laune-Lieder, am Ende der, wie Leiterin Frauke Schittek ankündigt, der bekannte Song Splish-splash aus den Fünfzigern, „weil’s so gut hier ins Freibad passt“.

Konzertgäste im Freizeitoutfit

Das Freibad als zentraler Auftrittsort – das war eine gute Idee von dem Vorbereitungsteam um Initiator Jens Hamann, der auch künstlerischer Leiter und selbst auftretender Gesangskünstler ist. Denn hier kommen die Musikinteressierten in Freizeitklamotten an, als wollten sie schwimmen gehen. Die Kühltasche dabei, ganze Familien lassen sich im Umkreis der Bühne nieder und genießen die Musik.

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Mitsingen bei den Lauscheliedern

„Ja, für unsere zwei kleinen Kinder ist das schon schön heute“, sagt Mark Niedrecht am Samstagnachmittag. Der Familienvater und seine Frau haben es sich auf einer Decke am Samstagnachmittag bequem gemacht, ein Sprockhöveler Bier von Wiegenbräu hat er sich geholt, während sich der Nachwuchs von der Band Lauschelieder animieren lässt, im Takt zu schunkeln und mitzusingen.

Bürgermeisterin schimpft auf blöde Pandemie

Konzerte der Innerlichkeit

Abseits vom vollmundigen Chor- oder Bandgesang gab es auf dem Vokalmusikfest in Sprockhövel auch kammermusikalisch aufgezogene Veranstaltungen mir ausgeprägter Innerlichkeit im Rahmen der Kultur-Kirche Herzkamp.

Jens Hamann trat am Sonntag unter dem Titel „Guerra Amoroso“ in Herzkamp auf uns sang Arien und Lieder von Barockkomponisten wie Bach, Cesti, Händel und Legrenzi. Begleitet wurde er von Laute und Cembalo. Der Countertenor Franz Vitzthum bestritt ebenfalls in Herzkamp ein Konzert, wo er von Harfe und Salterion begleitet wurde. Von ihm kamen Lieder zum Licht von Händel, Kapsberger und Wenk.

„Endlich haben wir die blöde Pandemie hinter uns“, hat die Bürgermeisterin zu Beginn des Kinderprogramms den vielen jungen Zuschauerinnen und Zuschauern gesagt. Sie hat das Chorprojekt der Mathilde-Anneke-Schule angekündigt, später ist dann noch eine Gesangstruppe von Da Capos aufgetreten. „Die ganz große Stärke des Vokalmusikfestes ist gleichzeitig auch seine Schwäche“, findet Ursula Mönning, die sich eine Tüte Popcorn vom Förderverein der evangelischen Kita Perthes-Ring geholt hat. 500 mitwirkende Sänger und Musiker traten zwischen Freitag und Sonntag in 25 Veranstaltungen auf, da lief vieles parallel. „Man muss eine Auswahl treffen und wäre doch gerne überall dabei“, so Mönning.

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Viele Konkurrenzveranstaltungen

Bürgermeisterin Sabine Noll begrüßt den Knappenchor Consolidation aus Gelsenkirchen.
Bürgermeisterin Sabine Noll begrüßt den Knappenchor Consolidation aus Gelsenkirchen. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Ein weiterer Schwachpunkt ist, dass das Vokalmusikfest von großen Konkurrenzveranstaltungen in Hattingen, Bochum, ja sogar in Sprockhövel selbst umgeben ist: Das Sommerfest des SCO, ein Publikumsmagnet erster Güte, fand ebenfalls von Freitag bis Sonntag statt. Luftlinie wenige hundert Meter vom Bad entfernt haben sich sie Sängerinnen und Sänger des evangelischen Kirchenchors auf dem Kirchplatz neben der Zwiebelturmkirche ausgebaut, es gibt kühle Getränke für die dankbaren Zuhörer. In der Kirche zeitgeich kultureller Hochgenuss: Zunächst das Junge Podium mit Bundespreisträgern von Jugend musiziert, dann stimmgewaltig der Auftritt von dem noch jungen Ensemble „Klang hoch 4“, dem auch Jens Hamann angehört. Deutsche Romantik von Brahms, Rheinberger, Jenner und Herzogenberg stehen hier auf dem Programm.

Knappenchor vor historischer Kulisse

Mit einer besonderen Dramaturgie trat am Samstagabend der Knappenchor Bergwerk Consolidation in Sprockhhövel auf – auch hier unter freiem Himmel im Malakow-Park, inmitten der zahlreichen Maschinenexponate aus der Blütezeit des Ruhrbergbaus. „Eine würdige Veranstaltung“, meinte Besucherin Dafne Katsaris. „Damit man nicht vergisst, auf welchem historischen Fundament Sprockhövel steht.“

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