Sprockhövel. Die Zahl der Kirchenaustritte steigt weiter. Pfarrerin Heike Rienermann aus Sprockhövel sieht das auch als Chance, etwas Neues zu wagen.

Traditionsverlust und Kirchensteuer sind auch in der evangelischen Kirchengemeinde Bredenscheid-Sprockhövel der Grund für dramatisch steigende Zahlen bei den Kirchenaustritten. Das hat Folgen. „Kirche wird sich grundlegend verändern und auf die Menschen reduzieren, die wirklich interessiert und engagiert sind“, sagt Pfarrerin Heike Rienermann.

Dennoch sollen natürlich auch weiterhin Menschen erreicht und für die Kirche motiviert werden. Ein Weg dahin und für Rienermann die Devise für die Zukunft: Kooperation der evangelischen Gemeinden in ganz Hattingen.

Vieles im Hintergrund wird nicht beachtet

Natürlich bedauert die Pfarrerin, dass Geld jetzt auch für die immer wichtiger wird, für die Kirche eine lange Zeit Heimat gewesen ist. „Das ist einfach der Inflation geschuldet.“ Auch werde den Menschen oft ein negatives Bild von Kirche vermittelt. Man müsse genauer hinsehen. „Es gehört eben mehr zur Kirche als Gottesdienste“, sagt Jugendreferent Robin Breßgott. „Vieles im Hintergrund wird nicht beachtet.“ Soziale Angebote, wie die Jugendarbeit, evangelische Krankenhäuser oder die Suchthilfe würden schließlich auch durch Kirchensteuer finanziert, was vielen Menschen nicht bewusst sei.

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Trotz der hohen Anzahl an Austritten sei das ehrenamtliche Engagement in allen Bereichen von der Jugendarbeit über die Frauenhilfe bis zum Kirchenchor weiterhin zahlreich vertreten. Davon sind Rienermann und Breßgott überzeugt. Die Alterung der Gesellschaft führe jedoch zu großen Problemen gerade im Seniorenbereich. Helfende Hände werden dringend gesucht.

Zudem würden Ämter als Vorsitzende, beispielsweise bei der Frauenhilfe, häufig nicht besetzt, da sie sehr viel Verantwortung mit sich bringen, die kaum noch jemand auf sich nehmen würde. Auch fanden Angebote wie Konfirmandenunterricht, Seniorencafé oder Gottesdienste während der Corona-Pandemie nicht statt. Die Ehrenamtlichen fühlten sich nicht mehr gebraucht.

Die Konfi-Show ist seit Jahren ein Klassiker der Gemeinde: Robin Breßgott und Heike Rienermann applaudieren.
Die Konfi-Show ist seit Jahren ein Klassiker der Gemeinde: Robin Breßgott und Heike Rienermann applaudieren. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

Aus diesem Grund hat die Gemeinde eine Ehrenamtskampagne gestartet, bei der sich Interessierte melden und in allen Bereichen ausprobieren und engagieren können. Zudem freute sich Breßgott nach diesem Konfirmanden-Jahrgang über viel Zuspruch für den „Prime-Time“-Kursus, der in Zusammenarbeit mit der St.-Georgs-Kirchengemeinde in Hattingen stattfindet. „Jugendliche haben während des Konfirmandenunterrichts gemerkt, Kirche ist doch cool“, sagt der Jugendreferent. „Nun wollen sie nach ihrem Konfirmandenjahr den Weg zu ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuern einschlagen.“

Die doppelte Zahl an Teilnehmern zusammenbekommen

Auch die klassischen Predigtgottesdienste am Sonntag, will das Presbyterium neu aufstellen, weil sie nur noch sehr wenige Besucher anlocken. Sonderformate, wie die „mittendrin“-Gottesdienste mit Band oder die „feel g(o)od“-Jugendgottesdienste würden hingegen immer beliebter und sollen deshalb weiter gestärkt werden.

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Die Kooperation mit der St.-Georgs-Gemeinde beim „Prime-Time“-Kursus hat der Jugendreferent positiv wahrgenommen. „Wir erreichen einfach mehr Mitglieder“, berichtet Robin Breßgott. „So haben wir die doppelte Zahl an Teilnehmern zusammenbekommen.“ Zudem habe die Zusammenarbeit mit Julien Middelmann, dem Jugendreferenten bei St. Georg, für Entlastung gesorgt.

Diesen Weg wollen Rienermann und Breßgott weitergehen. Sie denken an eine engere Zusammenarbeit mit allen Kirchengemeinden in Hattingen. „So können wir uns stark aufstellen.“