Sprockhövel. Jeder kann einen Beitrag leisten, dass Insekten wieder eine Lebensgrundlage haben. Der Gärtner Wolfgang Trilling zeigt, wie es geht

Wie sich die Zeiten ändern: Das Ideal des sattgrünen Rasens frei von so genanntem Unkraut scheint Risse zu bekommen, seit auch dem letzten Zeitgenossen klar wird, dass die Zahl der Insekten dramatisch sinkt und mit ihr auch die der Vögel. Die Traumwiese ist jetzt eben nicht mehr homogen grün, sondern bunt und vielgestaltig. Blühwiesen sind angesagt, und wo die Flächen kleiner sind: Blühstreifen.

Fast jeder kann einen Beitrag leisten

Das Reizvolle am neuen Trend: Fast jeder kann einen Beitrag leisten, dass es grünt, blüht und summt. Kein Balkon oder Reihenhausgarten ist zu klein, es müssen ja nicht gerade 1,5 Hektar sein, die Wolfgang Trilling auf dem Gelände der IG-Metall-Bildungsstätte pflegt. Der Auftrag hier in Obersprockhövel ist klar: Abgesehen von den Flächen, wo Sport getrieben wird und die Seminarteilnehmer frische Luft tanken, soll es möglichst bienenfreundlich zugehen. „Dafür müssen zunächst einmal Grundlagen geschaffen werden“, erläutert der studierte Gartenfachmann. Für eine Blühwiese braucht es einen mageren Boden, also wenig Kalk und Dünger, "Nitrat zum Beispiel ist Gift für eine Blühwiese", betont der Sprockhöveler.

Aussähen am besten im Mai

Nun ist es nicht damit getan, eine pralle Hand voll irgendwo erstandene Samenmischung einfach auf die Fläche zu schmeißen. "Angebote gibt es viele, ich empfehle die Raiffeisenmärkte oder die ökologischen Anbieter wie Demeter", sagt Trilling. Der ideale Zeitpunkt für eine Neuanlage sei im April oder Mai, aktuell sei das Jahr eigentlich schon zu weit fortgeschritten.

Kornblumen blühen demnächst

Was dann konkret im Ergebnis in die Höhe schießt, ist recht unterschiedlich. "Man sollte da keine bestimmten Erwartungen haben", meint der Gärtner. Das können mehrere Dutzend verschiedene Pflanzen- und Blumenarten auf einmal sein, manchmal kommen einige davon aber nicht zur Entfaltung. Bei der IG Metall sind es unter anderem Küchenschelle, Löwenzahn, verschiedene Arten von Disteln, Spitzwegerich, Klee und auch Kornblumen, "wenn die demnächst blühen, wird es wunderschön blau auf dem Gelände", schwärmt Trilling. Unter den Wildpflanzen gibt es aber auch giftige Exemplare: "Vorsicht vor Jakobskreuzkraut!", warnt der Gärtner. Den Saft der gelb blühenden Pflanze kann man bei Berührung auch über die Haut aufnehmen, und das schädigt die Leber bei Mensch und Tier.

Blühwiese braucht nicht viel Pflege

Viel Pflege braucht eine Blühwiese egal welcher Größe nicht. "Maximal zweimal im Jahr muss die Wiesenfläche geschnitten werden, das erste Mal aber nicht vor Ende Juli - besser noch nur einmal und dann im September", informiert Wolfgang Trilling. Von zentraler Bedeutung ist dann, wie das geschieht. "Grundsätzlich nur mit Sense oder Mähmesserbalken, damit die feinen Wurzeln und Sprossen der Blumen nicht verletzt oder gar ausgerissen werden", sagt er. Danach muss der Schnitt zum Kompostieren abgeharkt und von der Wiese entfernt werden, "nur so kann der Boden am Standort arm gehalten werden", sagt Trilling.

Vorsicht vor falschen Mähmethoden

Hält man sich an diese Grundsätze, übersteht die Blühwiese auch Frost- und Winterperioden und wird in den Folgejahren neu erblühen. Wolfgang Trilling warnt indes vor dem Einsatz von Motorsensen, Scheiben- und Schlegelmähern, dem Mulchen und jeder Form von Mäheinsatz, bevor sich der Samenstand ausgebildet hat. "Schauen Sie mal auf die Randstreifen unserer Straßen", sagt er. Wegen der dort praktizierten, sehr effizienten, aber brachialen Mähmethoden gebe es dort nur Gras. "Wildblumen haben da keine Chance."

Wiesen in der Alpenregion sind bunter

Der Gärtner Wolfgang Trilling sagt, es sei kein Zufall, dass in der Alpenregion die Wiesen insgesamt bunter seien als hierzulande.

Diese Standorte würden, auch mit Blick auf den Tourismus, wenig gedüngt und somit arm gehalten für Wildblumen. Überdies gebe es dort viele Flächen in Hanglage, die schwer zu befahren seien.