Sprockhövel. Neuauflage des Projektes „Hospiz macht Schule“: Vertreter des Hospizdienstes und ein Assistenzarzt kamen in die Grundschule Haßlinghausen.
Für die Schüler der 4c der Gemeinschaftsgrundschule in Haßlinghausen war es jetzt eine ganz besondere Woche. Denn von Montag bis Freitag standen nicht Rechnen, Schreiben und Lesen auf dem Programm, sondern ganze Tage, die unter Mottos wie „Werden und Vergehen“ oder „Trost und Trösten“ stehen. Klassenlehrerin Anne Göbelsmann hatte das Projekt „Hospiz macht Schule“ vom Ambulanten Hospizdienst Witten-Hattingen eingeladen.
Eltern ziehen bei dem Projekt mit
Zum vierten Mal sind die speziell ausgebildeten Ehrenamtler schon in der Grundschule, um eine Woche lang mit Schülern der dritten oder vierten Klasse über Tod, Sterben und Trauer zu reden. Göbelsmann weiß, wie wichtig es ist, mit Kindern über diese Themen zu sprechen, und sie ist froh, dass auch die Eltern ihrer Klasse die Idee der Projektwoche begrüßen. Jetzt am zweiten Tag geht es um Krankheit und Leid. Die Lehrerin merkt jetzt schon, dass die Projektwoche die Kinder verändere. „Wer vorher immer den Klassenclown gegeben hat, ist jetzt ganz interessiert an den Themen und macht mit“, stellt sie fest. Die Mädchen und Jungs haben Fragen auf Karteikarten notiert, die sie einem Experten stellen dürfen.
Schüler fragen den Arzt Löcher in den Bauch
Malte Engelhard kommt nämlich für eine Stunde vorbei. Der Assistenzarzt arbeitet in der Anästhesiologie eines Krankenhauses und kennt sich aus mit Krankheiten, und er kann sie so erklären, dass man versteht, was im Körper passiert, wenn man zum Beispiel von Krebs spricht. Darüber wollen die Schüler einiges wissen, und fragen Malte ohne Scheu Löcher in den Bauch. Fragen, die eigentlich simpel klingen, stellen auch den Experten vor Herausforderungen. „Was ist Krebs?“, wollen die Kinder wissen. „Da brauchen Medizinstudenten ein ganzes Semester für, um das zu verstehen“, gesteht der Arzt.
Unkontrolliertes Wuchern der Zellen
„Aber ich versuche mal, es anschaulich zu erklären: Die Zellen der Haut etwa sind so programmiert, dass immer genau so viel Haut nachwächst wie abstirbt. Von Krebs spricht man, wenn die Zellen vergessen, wie sich zu wachsen haben und unkontrolliert wuchern. Das ist der Grundmechanismus.“ Jetzt wollen die Kinder natürlich noch wissen, was man gegen Krebs machen kann, wie viele Arten es gibt, und wie Krebs aussieht.
Kindern sind todbringende Krankheiten nicht neu
Die Fragen der Kinder zeigen, dass viele von ihnen schon von ernsten, manchmal todbringenden Krankheiten gehört haben. „Was passiert bei einem Schlaganfall, was ist ein plötzlicher Herztod oder warum sterben Babys vor der Geburt“, fragen die Jungs und Mädchen. Sie stellen diese Fragen mit großer Neugier und hören gebannt den Erklärungen des Gastes zu. Engelhard nimmt sich Zeit, um jede Frage zwar in kindgerechter Sprache, aber ohne zu beschönigen, zu beantworten.„Hast du auch schon mal einen entzündeten Schleimbeutel rausoperiert?“, möchte Nina wissen, denn sie selbst musste sich dieser OP schon mal unterziehen. „Selbst entfernt habe ich einen Schleimbeutel am Knie nicht. Das machen besser die Chirurgen mit ihren ruhigen Händen. Ich kümmere mich um die Narkose.“ „Wie bearbeitest du die Menschen?“, möchte Magnus daraufhin wissen. Malte überlegt kurz, ob er die Frage richtig verstanden hat: „Als Anästhesist kümmern wir uns darum, dass die Schmerz- und Schlafmedikamente vor, während und nach der Operation richtig dosiert werden, dass vor allem bei älteren Patienten die keine Lungenentzündung entstehen. Wir setzen zum Beispiel auch Katheder, also Schläuche, in die Luftröhre, so werden die Menschen während der OP beatmet.“
Was tut gut bei Krankheit?
Mathilda und eine Handvoll anderer Kinder möchten später noch persönlich mit Malte sprechen, ihm Fragen stellen, die nichts in der großen Runde verloren haben. Freudestrahlend kommt sie ein paar Minuten später in die „Grüne Gruppe“ von Silvia Kaniut. Dort schreiben die Kinder auf ein grünes Blatt, was ihnen guttut, wenn sie krank sind. „Kuscheln, Kekse, Fernsehen, Medizin, Monopoly spielen, einem Film gucken“ fällt den Kindern ein. Dann sollen sie das Blatt umdrehen und dort notieren, was sie machen, um jemanden zu helfen, der krank ist. „Ihm ein Geschenk basteln“, schlägt ein Junge vor. „Sehr gute Idee, da würde ich mich drüber freuen“, meint die Hospizlerin Kaniut. „Den Kindern wird so bewusst, dass jedem unterschiedliche Sachen guttun“, erklärt sie den Sinn der Übung.
INFO
Die Woche wird nachklingen, ist sich die Klassenlehrerin sicher.
„Wir werden auch in der kommenden Woche darüber sprechen und Nachfragen klären, und ich habe meiner Klasse auch gesagt, dass sie jederzeit zu mir kommen können, wenn sie was bedrückt.“