Sprockhövel. . Weibliche Opfer von häuslicher Gewalt warten oft Jahre, bis sie ins Frauenhaus des Ennepe-Ruhr-Kreises gehen. Es gibt für sie eine Hilfe-Hotline.
- Eine 38-Jährige erlitt über viele Jahre häusliche Gewalt, bevor sie ins Frauenhaus ging
- Seit neun Monaten lebt die Frau in der Einrichtung des Ennepe-Ruhr-Kreises
- Sie hat eine Ausbildung zur Krankenschwester begonnen, um anderen zu helfen
Sieben Jahre lang ertrug die heute 38-Jährige häusliche Gewalt. Jeden Tag lebte sie während dieser Zeit in Angst, suchte den Fehler bei sich selbst und hoffte geduldig auf Besserung. „Das war ein Fehler“, sagt die Betroffene heute. Aus Sicherheitsgründen möchte sie ihren Namen nicht nennen. Anonymität ist für sie ein hohes Gut. Zu groß ist die Angst der Frau, gefunden zu werden.
Die Frau, deren Heimatort mehrere Hundert Kilometer entfernt vom Ennepe-Ruhr-Kreis liegt, hat im Frauenhaus des Kreises Zuflucht gefunden. Doch bis dahin war es für sie ein langer Weg. „Mich zu überwinden und zu gehen, das war wohl die schwierigste Entscheidung“, sagt sie rückblickend. Eines Tages rief sie aber dann tatsächlich bei der Hilfe-Hotline der Frauenhäuser an und bekam sofort einen Platz. „Das war wohl Glück“, sagt sie heute.
Frauen müssen oft auf eine Aufnahme warten
Marion Steffens, Leiterin des Frauenhauses, kann da nur zustimmen. „Besonders in den Ballungsräumen ist das Platzangebot viel zu gering. Frauen müssen oftmals auf eine Aufnahme warten oder mehrere Anläufe unternehmen, um einen Platz im Frauenhaus zu bekommen.“ Zwischen 40 und 100 Frauen finden jährlich im Frauenhaus des Kreises Ennepe-Ruhr einen Zufluchtsort. „Wenn ein Platz frei wird, wird er sofort neu besetzt – so groß ist leider der Bedarf“, erklärt Steffens. Aktuell leben 14 Frauen dort – das ist bereits Vollbelegung. Eine von ihnen ist die 38-Jährige. Seit mehr als neun Monaten wohnt sie jetzt im Frauenhaus. Ihr Leben hat sich komplett gewandelt. „Früher dachte ich, dass eine Frau nicht alleine leben kann, jetzt habe ich gelernt, dass es geht. Man oder besser gesagt Frau muss es eben nur wollen.“
Räumliche Trennung ist wichtig
Bis betroffene Frauen tatsächlich den Schritt in ein Frauenhaus wagen, vergehen oftmals Jahre. „In der Regel sind die Frauen stark von ihrem Umfeld isoliert worden und ihr Selbstbewusstsein ist zerstört. Weshalb es sehr viel Zeit braucht, sich daraus zu befreien“, erläutert Steffens. Ob eine Frau in ein wohnortnahes Frauenhaus geht oder weit weg zieht, hängt von ihrem eigenen Wunsch und ihrer persönlichen Lebenssituation ab. „Kinder, Familie, der Arbeitsplatz – das alles sind Faktoren, die berücksichtig werden müssen, um das Beste für die individuelle Situation der Frau finden zu können“, erklärt Steffens.
Die 38-jährige Betroffen schaffte den Schritt und will ihr Leben selbst in die Hand nehmen. Jetzt macht sie eine Ausbildung zur Krankenschwester. „Mir wurde geholfen, jetzt möchte ich anderen helfen“, sagt sie. Niemals möchte sie wieder nur die Putzfrau oder die Sklavin für jemanden sein. Wertschätzung ist es, was jeder Mensch verdienen sollte. „Männer und Frauen haben die gleichen Rechte und Frauen sind auch Menschen“, sagt sie heute. Das Wichtigste sei es, eine räumliche Trennung zu schaffen. „Ich musste raus. Es ging nicht mehr.“
Betroffene will andere Frauen warnen
Mittlerweile möchte die angehende Krankenschwester andere Frauen warnen: „Oft fängt es mit psychischer Gewalt an und endet dann in physischer Gewalt. Als Frau sollte man früh genug gehen und sich selbst etwas wert sein.“ Seit langer Zeit ist die 38-Jährige jetzt wieder glücklich und zufrieden. Anderen Betroffenen möchte sie die Angst vor dem Frauenhaus nehmen: „Es ist machbar, im Frauenhaus haben mir viele helfende Hände in ein besseres Leben geholfen. Alle Frauen haben hier Gewalt erlebt. Das Frauenhaus ist für mich wie ein Mutterhaus.“