Oberhausen. . In der Oberhausener Arbeitersiedlung gibt es Bewohner unterschiedlichster Art. Die „Alten“ können viele Geschichten erzählen.

In der Siedlung Eisenheim scheint die Zeit ein wenig stehen geblieben zu sein. Dabei scheint es nur äußerlich so. Denn wo früher die Bewohner die Nähe zum Kanal genutzt haben, um zum Beispiel Wäsche zu waschen, gibt es heute Waschmaschinen und Trockner. Und auch wenn die Moderne mittlerweile Einzug gehalten hat, ziehen die Häuser jährlich rund 20 000 Touristen an.

Die erste Arbeitersiedlung

Die kleine Siedlung mit den historischen Backsteinfassaden war in der Industrialisierung der Grundstein für 2000 weitere Industriesiedlungen dieser Art. Nur noch wenige davon gibt es heute. Viele Bewohner sind Zugezogene. Einige sind in der Siedlung aufgewachsen, dann zog es sie in die Ferne, bis sie wieder nach Eisenheim zurückgekehrt sind. Wieder andere haben vorher keinen Bezug zur Siedlung gehabt. „Leider wissen einige Bewohner es nicht zu schätzen, dass sie in denkmalgeschützten Häusern wohnen“, beklagt sich Historiker Roland Günter. Seiner Meinung nach würden sich viel zu viele Bewohner hinter ihren hohen Hecken verstecken. „Dabei müssen die Hecken auf Bachnabelhöhe geschnitten sein, damit man einen Blick auf das Haus hat.“

Ein Besuch in Eisenheim

Die älteste Arbeitersiedlung des Ruhrgebiets im Jahr 1970.
Die älteste Arbeitersiedlung des Ruhrgebiets im Jahr 1970. © Archiv
Eisenheim - der Name sagt bereits, warum hier 1846 die erste Arbeitersiedlung des Ruhrgebiets entstand.
Eisenheim - der Name sagt bereits, warum hier 1846 die erste Arbeitersiedlung des Ruhrgebiets entstand. © Kathrin Migenda /FUNKE Foto Services
Eisenheim wurde nicht in einem Zuge errichtet.
Eisenheim wurde nicht in einem Zuge errichtet. © Kathrin Migenda /FUNKE Foto Services
In mehreren Bauphasen entstanden 51 Häuser.
In mehreren Bauphasen entstanden 51 Häuser. © Kathrin Migenda /FUNKE Foto Services
In den 1890er Jahren zogen auch Bergleute ein.
In den 1890er Jahren zogen auch Bergleute ein. © Kathrin Migenda /FUNKE Foto Services
Etwa 1200 Menschen lebten hier zur Zeit der Jahrhundertwende.
Etwa 1200 Menschen lebten hier zur Zeit der Jahrhundertwende. © Kathrin Migenda /FUNKE Foto Services
Die alten Steine sind noch gut zu erkennen.
Die alten Steine sind noch gut zu erkennen. © Kathrin Migenda /FUNKE Foto Services
Der Niedergang der Siedlung begann nach dem Zweiten Weltkrieg.
Der Niedergang der Siedlung begann nach dem Zweiten Weltkrieg. © Kathrin Migenda /FUNKE Foto Services
Man baute die zerstörten Häuser nur halbherzig wieder auf.
Man baute die zerstörten Häuser nur halbherzig wieder auf. © Kathrin Migenda /FUNKE Foto Services
Sieben Meisterhäuser - die ältesten Gebäude der Siedlung - wurden durch mehrgeschossige Neubauten ersetzt.
Sieben Meisterhäuser - die ältesten Gebäude der Siedlung - wurden durch mehrgeschossige Neubauten ersetzt. © Kathrin Migenda /FUNKE Foto Services
Anfang der 1970er Jahre sollte die Siedlung abgerissen werden.
Anfang der 1970er Jahre sollte die Siedlung abgerissen werden. © Kathrin Migenda /FUNKE Foto Services
In den Gärten bauen die Bewohner Äpfel an.
In den Gärten bauen die Bewohner Äpfel an. © Kathrin Migenda /FUNKE Foto Services
Dem phantasievollen Kampf der Bewohner ist zu verdanken, dass Eisenheim saniert wurde ...
Dem phantasievollen Kampf der Bewohner ist zu verdanken, dass Eisenheim saniert wurde ... © Kathrin Migenda /FUNKE Foto Services
...  und die verbliebenen 38 Häuser zum Denkmal erklärt wurden.
... und die verbliebenen 38 Häuser zum Denkmal erklärt wurden. © Kathrin Migenda /FUNKE Foto Services
Der Eisenheimer Ronald Günter hat das Blaue Bücherhaus am Anfang der Siedlung bauen lassen.
Der Eisenheimer Ronald Günter hat das Blaue Bücherhaus am Anfang der Siedlung bauen lassen. © Kathrin Migenda /FUNKE Foto Services
Der Tonio Guerra Park gehört zu dem Haus von Ronald Günter.
Der Tonio Guerra Park gehört zu dem Haus von Ronald Günter. © Kathrin Migenda /FUNKE Foto Services
Im Park sitzen Skulpturen von Ronald Günters Tochter.
Im Park sitzen Skulpturen von Ronald Günters Tochter. © Kathrin Migenda /FUNKE Foto Services
Tonio Guereea ist ein italienischer Geschichtenerzähler. Er hat sich auch im Park niedergelassen, als Skulptur.
Tonio Guereea ist ein italienischer Geschichtenerzähler. Er hat sich auch im Park niedergelassen, als Skulptur. © Kathrin Migenda /FUNKE Foto Services
Das Blaue Bücherhaus und der Tonio Guerra Park sind reine Kunstwerke, angelehnt an den Bauhaus-Stil.
Das Blaue Bücherhaus und der Tonio Guerra Park sind reine Kunstwerke, angelehnt an den Bauhaus-Stil. © Kathrin Migenda /FUNKE Foto Services
Die Straße am Tonio Guerra Park führt in die Siedlung Eisenheim.
Die Straße am Tonio Guerra Park führt in die Siedlung Eisenheim. © Kathrin Migenda /FUNKE Foto Services
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Zugegeben: Man muss sich erst daran gewöhnen, dass Touristen vor allem im Sommer an der eigenen Hausfassade vorbeilaufen und den einen oder anderen Blick auch durch die Erdgeschossfenster werfen. „Darauf muss man sich einstellen, wenn man hier wohnt“, sagt Günter.

Touristen auf Sightseeing-Tour

Für die Touristen und auch für manche Bewohner hat er mit anderen Bewohnern vor vielen Jahren Informationsschilder drucken und an die Hausfassaden anbringen lassen, die Geschichten der Häuser und deren Bewohner erzählen.

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Viele alte Geschichten kann auch Anneliese Nowak erzählen. Seit über einem halben Jahrhundert wohnt sie in dem 104 Quadratmeter großen Haus. „Langsam ist es ein wenig zu groß für mich“, sagt sie, aber einen alten Baum verpflanzt man nicht. Jedes ihrer drei Kinder ist „auf der Couch im Wohnzimmer“ geboren, erzählt sie. Das Haus bestand, wie auch die anderen Siedlungshäuser, aus vier Wohnungen. Zwei waren an der Straßenseite angeordnet, zwei zum Garten hin. Unten waren die Wohnräume, oben die Schlafzimmer. Heute sind die Häuser umgebaut.

Die Siedlung Eisenheim 1970
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Die Siedlung Eisenheim 1970 © Archiv

Die „Mutti“ der Siedlung

Mit ihren 87 Jahren wird sie auch „die Mutti“ der Siedlung genannt. „Ich komme hier mit allen gut aus. Die Nachbarn sind freundlich und hilfsbereit“, erklärt Anneliese Nowak. Aus Eisenheim wegzuziehen kann sie sich nur schwer vorstellen. „Anneliese Nowak ist ein Urgestein dieser Siedlung“, da ist sich auch Roland Günter sicher.