Oberhausen. Der ehemalige musikalische Leiter des Theaters schätzt die Gemütlichkeit in Eisenheim. Leben ohne Kiosk, Laden und Kneipe, aber „mitten in Europa“.
Zu Hause ist, wo’s gemütlich ist, wo man sich kennt, wo die Nachbarschaft stimmt: Gründe, die Eisenheims Bewohner Anfang der 70er Jahre dazu brachten, für den Erhalt ihrer Kolonie zu kämpfen, halten über 40 Jahre später einen Otto Beatus davon ab, jetzt, wo dem beruflich eigentlich nichts mehr im Wege steht, die Siedlung zu verlassen und irgendwo anders seine Zelte aufzuschlagen. Seit 2004 wohnt der ehemalige musikalische Leiter des Theaters im denkmalgeschützten Mittelhaus an der Berliner Straße. Er hat es, als er von Berlin nach Oberhausen kam, von seinem Vorgänger, Ulli Brüstle, übernommen.
Mit dem im nahe gelegenen Volksmuseum ausgestellten typischen Zechenhaus-Wohnstil hat Beatus’ Domizil nichts gemein. Er wohnt nicht nur, er lebt schon mit Kabelanschluss, Zentralheizung und Holzfenstern, die frisch gestrichen sind. Die Viva West kümmere sich. „Super Fenster“, sagt Beatus. „Doppelglas.“
Zwei Eisenheim-typisch schön verzierte Eingangstüren gibt es, eine zur Berliner Straße und eine zur Gartenseite. Eine führt ins Wohnzimmer, die andere in den Hausflur, von dem Küche und winziges Musikzimmer abgehen und von wo aus man ins Treppenhaus gelangt.
Das Musikzimmer ist gerade so groß, dass ein Flügel reinpasst. „Hochkant kam er durch die Tür. Man kann die Beine abnehmen.“
Zwei Treppen rauf geht’s ins Obergeschoss. „Eng“, sagt Beatus. „Eigentlich nichts für alte Leute.“ Weil eine Treppe nach links, die andere nach rechts hinauf führt, kann man erahnen, dass hier aus früher zwei Häusern eins gemacht worden ist. Jede Seite verfügt über zwei Kämmerlein mit Dachschrägen und Badezimmer. Die Kacheln deuten darauf hin, dass sie aus den 70er oder 80er Jahren, der Zeit des Umbaus, stammen. Die Stübchen mag Beatus. Zum Arbeiten, als Besuchszimmer, zum Schlafen, „ich nutze sie alle“.
Keine Liebe auf den ersten Blick
Wer Eisenheim lieb hat, meint drinnen und draußen. Vor der Tür, die zur Gartenseite führt, stehen der obligatorische Tisch und zwei Stühle. Dort hält man ein Schwätzchen, „schön, ohne Balkongitter“. Dort wird man von Eisenheim-Touristen schon mal gefragt, ob man mal reinschauen darf ins historische Häusle. „Ich sitze gern hier und gucke, was andere tun“, sagt Beatus. „Die Gärten sind hinter den ehemaligen Ställen. Zu jedem Haus gehört einer. Doch die werden eher genutzt zum Grillen oder wenn man zusammen feiern will. Schon früher spielte sich das Leben zwischen den Ställen und den Häusern ab.“
Das Leben im ehemaligen Arbeiterhaus war für Beatus alles andere als Liebe auf den ersten Blick. „In Berlin wohnte ich in einer großzügigen Altbau-Wohnung, konnte mir Wohnen in kleinen Räumen nicht vorstellen. Doch dann hat’s mich angemacht, Leben im historischen Element, grün, ruhig und nah an der Innenstadt. Ich habe ein idyllisches Fleckchen gefunden.“
Frisch im Ruhestand, hatte Beatus überlegt, nicht mehr zu bleiben „und nun was ganz anderes zu tun“, um mal für ihn Liedermacher Hannes Wader zu zitieren. „Doch was willst du als BVB-Fan in Bayern?“ Und als jemand, der in der Musik- und Theaterszene des Ruhrgebiets zu Hause ist und ihre Kreativität und Vielfalt zu schätzen weiß.
Obwohl Beatus „sein“ Heim und „sein“ Eisenheim liebt, dort sogar Mitgründer des neuen Kulturvereins ist, denkt er über Stadtgrenzen hinweg. Eigentlich ist er Neu-Ruhrstädter geworden. „Und verreisen werde ich immer.“ Aber eben auch wieder zurückkommen, dorthin, wo die Nachbarschaft stimmt. Leben ohne Kiosk, Laden, Kneipe, aber „mitten in Europa“.