Oberhausen.
Der Buchenbach plätschert leise, fließt in den Rotbach, Spaziergänger, Radfahrer erholen sich in der Waldidylle. Ein wenig abseits von den viel genutzten Spazierwegen reckt sich eine stattliche Buche in den Himmel, die „Lorms-Buche“. Rund 500 Meter von der Stelle, wo der Buchen- in den Rotbach mündet, liegt die „Lorms-Kuhle“. Hier ist es also geschehen. Am 17. Juni 1912: Tödliche Schüsse auf Förster Gerhard Lorm.
Geschichten wie dieser haben die beiden Königshardter Autoren Thomas Pawlowski-Grütz und Peter Gnaudschun in ihren nunmehr vier Büchern der Reihe „Geschichte und Geschichten der Königshardt“ nachgespürt und Erstaunliches auch über diesen Kriminalfall zu Tage gefordert. Heute erinnert nichts daran, dass an dieser Stelle im einst so wilden Sterkrader Norden diese tödlichen Schüsse abgefeuert worden sind.
Autoren-Duo auf Spurensuche
Damals grassierte die Wilderei, und so war Förster Lorm an jenem Montag wie so oft vom Forsthaus Ravenhorst aus unterwegs in seinem Revier. Er war auf der Hut und ließ sich nicht von der friedlichen Stille täuschen: Gegen 5.30 Uhr am Morgen war er rund fünfhundert Meter entfernt von der Mündung des Buchenbachs in den Rotbach – und er hatte die Wilderer aufgespürt. Ludwig Bastians und Gustav Wagner, beide Bergleute, letzterer aus Bottrop, waren auf der Pirsch um Rehe und Hirsche zu wildern, die vor dem Ersten Weltkrieg noch häufig in den hiesigen Wäldern anzutreffen waren.
Da bemerkten sie mit schussbereiten Flinten nahe einer Buche „plötzlich in 14 Metern Entfernung ein Gesicht und einen Gewehrlauf und gleichzeitig den Anruf des Försters“, wie es damals ein Pressebericht formulierte: Und Gustav Wagner fackelte nicht lange, schoss und traf den Arm des Försters.
Wilderer war der Schütze
Sein Schuss hatte die Schlagader verletzt. Stunden später fanden Waldarbeiter den Schwerverletzten. Er hatte bereits viel Blut verloren, als sie ihn endlich ins Krankenhaus gebracht hatten. Wundbrand stellte sich ein, der Arm wurde amputiert und schließlich starb Gerhard Lorm in den Nachmittagsstunden des 22. Juni 1912. Er hinterließ Ehefrau und zwei Kinder.
Die Wilderer hatten ihrerseits sofort das Weite gesucht und hielten sich versteckt – Bastians sogar über vier Monate, ehe sie verhaftet und vor Gericht gestellt werden konnten: Wagner, der Todesschütze, wurde wegen vorsätzlicher Tötung und Wilderei zu zehn Jahren und sechs Wochen Zuchthaus, sein Komplize wegen Wilderei zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt.
Seither sind 96 Jahre vergangen. Wilderer sind im Fernewald wohl kaum noch anzutreffen. Das Rotwild ist selten geworden im Forst, der nicht mehr zur Jagd, sondern vielmehr zum Spazieren einlädt. Und außer einigen Pressenotizen erinnern nur noch die Namen „Lorms-Kuhle“ und „Lorms-Buche“ an Förster Lorm und den Tod im Fernewald.