Oberhausen. Marion Schmidt-Busch ahnte als Käuferin nichts von der Geschichte des Hauses. Inzwischen hat die Eigentümerin ein gutes Verhältnis zu den Denkmalschützern.
- Jüdische Gemeinde hat wohl schon in den 1920er Jahren ihr Gotteshaus aufgegeben
- Seit 30 Jahren gehört Marion Schmidt-Busch das Gebäude nahe der Bahnstraße
- Gegen den 1991 erlassenen Denkmalschutz für ihr Wohnhaus hatte sie sich zunächst gewehrt
Unscheinbar liegt sie im Hinterland der Mechthildisstraße, die frühere jüdische Synagoge. Eingerahmt wird sie von zwei viel höheren Mehrfamilienhäusern. Keine hundert Meter entfernt türmt sich die katholische Kirche St. Johann in der Nachbarschaft eindrucksvoll auf. Der Unterschied beider Gebäude ließ auch zu den „Lebzeiten“ der Synagoge als Gotteshaus keinen Zweifel daran aufkommen, welche Religion im Ort die Mehrheit stellte. Seit 1991 steht das kleine Haus unter Denkmalschutz.
„Ende 1858 hat es in Holten mindestens 32 jüdische Mitbürger gegeben“, berichtet Marion Schmidt-Busch. Seit Mitte der 1980er Jahre gehört ihr das Gebäude. Seitdem sammelt sie Informationen über die Synagoge und über die jüdische Gemeinde in Holten. Besonders ergiebig sind diese Nachforschungen bislang nicht gewesen.
Die Vorgeschichte der Synagoge
1858 jedenfalls durften die Holtener Juden auf dem Gartengrundstück ihr Gotteshaus errichten. Es entstand ein massiv gemauertes, zweigeschossiges Gebäude mit Satteldach. Dass es sich um ein besonderes Gebäude handeln könnte, darauf deutet lediglich der Okulus („Ochsenauge“), das runde Fenster im Giebel, hin. „Es soll aber auch mal ein Tauchbecken in den Boden eingelassen gewesen sein“, erzählt die Besitzerin.
Auch Marion Schmidt-Busch war nicht klar, welche Vorgeschichte das Haus hat, als sie es erwarb. „Ich wollte schon als Kind immer in einem kleinen Häuschen mit Fensterläden und rot-weißen Gardinen wohnen“, erinnert sie sich. Auf ihrer Suche danach stieß sie vor etwa 30 Jahren auf das Haus an der Mechthildisstraße. „Es war fast eine Bauruine“, sagt sie. Der Vorbesitzer habe es geerbt. Und weil der Zustand des Gebäudes so schlecht gewesen sei, sei es damals auch recht günstig gewesen.
124 Quadratmeter Wohnfläche hat es zu bieten, genug für ihre Familie, mit der sie es damals bezog. Mittlerweile wohnt sie allein darin. Aber alles sei sehr verbaut gewesen. Da es damals ja noch nicht unter Denkmalschutz stand, konnte sie es frei umgestalten.
Dach muss saniert werden
„Wenn ich gewusst hätte, dass es einmal ein Denkmal würde, hätte ich die Finger davon gelassen“, sagt sie heute. Denn mittlerweile gebe es kaum noch staatliche Fördermittel für die Sanierung eines Denkmals. „Meines Wissens kann man heute die Mehrkosten gegenüber einem normalen Haus nur noch steuerlich absetzen“, sagt die Holtenerin. Schließlich dürfe sie es ja noch nicht einmal ohne Genehmigung anstreichen.
Damals legte sie vergeblich Widerspruch dagegen ein, das Haus in die Denkmalliste einzutragen. „Ich wollte doch das Dach höher setzen, damit man darin gut stehen kann“, sagt sie. Das Haus sei ja auch nicht unterkellert. Aber die technischen Möglichkeiten, die ihr die Denkmalschützer dabei aufgezeigt hätten, seien für sie nicht bezahlbar und würden ihr auch nicht gefallen. Gleichwohl müsse das Dach demnächst saniert werden.
Dringend hätte die alte Synagoge auch einen neuen Außenanstrich nötig. Aber das ist eine Geschichte für sich. „Das Haus war regelrecht nass. Das Mauerwerk hat wie ein Schwamm das Wasser aufgesaugt“, sagt seine Eigentümerin. Zwei Fehler seien zu Zeiten des Vorbesitzers gemacht worden: Erstens sei die Dachrinne so angebracht gewesen, dass durch die Maueröffnungen für ihre Verankerung Regenwasser nach innen gelaufen sei. Und dann habe man der Außenwand auch noch eine Farbe verpasst, mit der man die Becken von Freibädern bemalt, mit einer sehr wasserbeständigen Farbe also.
Farbe hat Mauerwerk versiegelt
Diese Farbe habe das Mauerwerk nach außen regelrecht versiegelt. Jedenfalls ließ sich die Farbe jahrelang nicht entfernen. Schmidt-Busch: „Wir mussten warten, bis sie eines Tages abfällt.“ Das sei inzwischen der Fall. Aber prompt seien die Denkmalschützer zur Stelle gewesen, als sie begonnen habe, unfachmännisch von außen den Putz auszubessern. „Dafür hätte ich eine Genehmigung gebraucht“, sagt sie. Das solle nicht wieder vorkommen. Inzwischen habe sie ein gutes Verhältnis zu den Denkmalschützern.
Bis an den Zentralrat der Juden in Deutschland ist Marion Schmidt-Busch herangetreten, um Informationen über ihr Haus und seine Vorgeschichte zu bekommen. Im Stadtarchiv sei sie nämlich nicht fündig geworden. „Es gibt nicht einmal Bauzeichnungen“, sagt sie. Das deute darauf hin, dass diese Unterlagen gezielt vernichtet wurden oder aber in den Wirren der damaligen Zeit verloren gingen.
Immerhin kann Schmidt-Busch einige der Angaben, die die Stadt zu dem Denkmal macht, nicht bestätigen. Zutreffend sei wohl nur, dass das Haus bis 1927 als Synagoge benutzt worden sei, danach nur noch als Bethaus. „Die Gemeinde war für eine eigene Synagoge wohl zu klein geworden“, vermutet sie.
Keine Brandspuren gefunden
Dass das Haus in der Reichspogrom-Nacht aber gebrannt sei, kann sie nicht bestätigen. „Wir haben ja sehr viel umgebaut und sind dabei nie auf Brandspuren gestoßen.“ Das mache ja auch wenig Sinn, denn erstens gebe es vom 12. Juli 1937 eine Genehmigung des damaligen Oberbürgermeisters, das Haus umzubauen und zweitens habe es ja in jener furchtbaren Pogrom-Nacht vom November 1938, als in Deutschland überall die Synagogen brannten, bereits nichts mehr mit der jüdischen Gemeinde zu tun gehabt. Für fragwürdig hält sie von daher auch die Angabe, das Haus sei erst nach Kriegsende zu Wohnzwecken umgebaut worden.