Oberhausen. Sechs Tage gastiert der Fronleichnamsrummel im Zentrum von Oberhausen-Sterkrade. Ein Ausnahmezustand für die Anwohner – oder ein Grund zu feiern.
Wo Marko Baum wohnt, da bleiben einem zur Kirmeszeit eigentlich nur zwei Möglichkeiten: sechs Tage Reißausnehmen oder mit Anlauf in den Rummel vor der Haustür eintauchen. Baum gehört zu den Sterkradern von letzterem Schlag. Von seinem Balkon aus bereitet er mitten im Stadtteilzentrum der Sterkrader Fronleichnamskirmes ein Willkommensfest unter Freunden.
Über einen versteckt gelegenen Hof und durch ein verwinkeltes, helles Treppenhaus führt die Wegbeschreibung, dann steht Marko Baum im bunten Blumenshirt und mit freundlichem Lächeln vor einem. „Marko“, stellt er sich vor und ist einem gleich sympathisch: „Bei der Kirmes duzt man sich ja.“
Noch einen Treppensatz führt Marko bis unters Dach, schon steht man mitten im Geschehen: Über die Bahnhofstraße mit den ersten schlendernden Besuchern des Kirmesheiligabends reicht der Blick, den der schmale Balkon mit zwei mannshohen Palmen, Süßem auf dem Holztisch und den ersten drei gut gelaunten Gästen dieses Abends bietet. Der Unternehmer Mark Jankowski, der zur Kirmes einen Ferientag in seinem Betrieb ansetzt, sitzt dort zusammen mit Eckard Boehm und dessen Frau Angela. Auch sie: Fans des Traditionsrummels. Er sagt geradeheraus: Ein Kirmestag ohne Kirmesbesuch, das sei ein verlorener Tag. Sie juxt: „Da sparen wir uns sechs Tage lang das Kochen.“
Ein heiterer Erinnerungsaustausch
Vor der Kulisse des aufbrausenden Rummels beginnt so ein heiterer Erinnerungsaustausch – vom Kirmesgeld in Kindertagen bis zum Klassentreffen an der Schwarzwald-Christel.
Auch interessant
Zum Beispiel: Kirmesheiligabend. „Früher war das ja der Abend der Sterkrader“, sagt Mark. Bis Anfang der 90er Jahre hatten am Mittwoch vor Kirmesstart nur die Kneipen geöffnet. Ganz Sterkrade habe sich getroffen, man sah frühere Schulkollegen oder immer irgendeinen Bekannten. Seit Imbissbuden und Fahrgeschäfte auch schon mittwochs öffnen, kommen Besucher von überall. „Gut für die Schausteller, klar, aber schade für uns Sterkrader“, meint Eckard.
Seit einigen Jahren treffe sich der Freundeskreis auf dem Balkon, von dem Gastgeber Marko sagt: „Bei der Wohnungssuche war es ein Standortvorteil, mitten in Sterkrade zu sein.“ Auch zur Kirmes: Der Krach störe nicht. „Wobei hier ja keine Fahrgeschäfte stehen.“
Nach dem ersten Umtrunk in luftiger Höhe dreht der Freundeskreis seine Runden über den Rummel. Jeder hat seinen Lieblingstreffpunkt und die meisten Schausteller kommen seit so vielen Jahren nach Sterkrade, dass man sich sogar namentlich kennt.
Foto mit der Tortenqueen
So erzählt Eckhard, wie seine Nichte vor einigen Jahren vom WDR als besonders backtalentiert und „Tortenqueen“ ausgezeichnet wurde. „Wir standen an diesem Abend auf der Kirmes am Cheers“, einem Bierstand mit Cocktailkarte. Die Tortenqueen habe er den Schaustellern angekündigt, ein Foto gemacht und dem Team des Cheers geschenkt. „Noch heute erinnern sie sich daran.“ (Anm. der Red.: Das tun sie wirklich. Und das Bild steht auch immer noch im Regal des Bierstands.)
Nach etwa einer Stunde wechselt die Gästeschaft auf dem Balkon: Dirk Neudorf und Andrea Sickelmann kommen dazu. „Aber nicht lange“, sagt sie, es stünde noch eine Geburtstagsfeier an. „An Kirmesheiligabend?“, wird da kritisch hinterfragt.
Der Abschied aus der Runde ist schnell gesagt: „Wir sehen uns später noch“, auf der Kirmes eben.