Oberhausen. . Als Familie Fenger in Klosterhardt baute, sollten Eigenheime nebenan entstehen. Der Investor wechselte, die Stadt erlaubte vier Mehrfamilienhäuser.
Von den Behörden im Stich gelassen fühlen sich Michael Fenger und seine Familie. Seit 2012 wohnen sie im neuen Eigenheim im Hinterland der Harkortstraße, direkt neben dem Sportplatz vom RSV Klosterhardt. Es ist aber nicht der Sportplatz, der die Familie stört. Seine Existenz war ja bekannt, als sie das Baugrundstück erwarb. Sie hat dort gebaut, weil sie davon ausging, im Umfeld würden weitere Eigenheime entstehen. Tatsächlich ist dort aber zurzeit der Wohnpark Aphrodite mit vier Mehrfamilienhäusern im Bau. Die Wohnungen werden als Eigentumswohnungen verkauft.
65 Pkw-Fahrten pro Tag
Die großen Blöcke verbauen den Fengers nach Süden und Westen die Sicht. Nach Norden sorgt eine 5,20 Meter hohe Lärmschutzwand dafür. Die muss Bauherr Heinz-Jürgen Schmitz aus Wesel errichten, um die vier Blöcke vom Sportplatz-Lärm abzuschirmen. Zudem führt hinter Fengers Garten künftig nicht mehr die Zufahrt zu zehn Einfamilienhäusern, sondern die zu den insgesamt 34 Eigentumswohnungen. „Wir haben den Garten in Südlage und bekommen jetzt den ganzen Verkehr ab“, ärgert sich das Ehepaar. Laut Gutachten handelt es sich um mindestens 165 Pkw-Fahrten pro Tag.
Gekauft haben die Fengers ihr 600 Quadratmeter großes Grundstück Ende 2011 von Heinz Bongartz. Der legte ihnen zu ihrer Beruhigung einen positiven Bauvorbescheid der Stadt vom Februar 2011 vor. Danach durfte er das etwa 8000 Quadratmeter große Areal noch mit bis zu elf weiteren Einzel- und Doppelhäusern bebauen. Zwei Eigenheime waren bereits errichtet. Mit dieser Nachbarschaft, einem Ein- und Zweifamilienhausgebiet also, hätten die Fengers gut leben können.
Nicht mehr anfechtbar
„Für diese Bebauung wurde noch bis Ende 2014 geworben“, erzählt Michael Fenger. Am Tag vor Heilig Abend 2014 habe er dann von einem Nachbarn erfahren, dass das noch unbebaute Gelände an einen neuen Besitzer verkauft wurde, eben an den Investor Heinz-Jürgen Schmitz. Er ließ von Architekt Thomas Schulte den Wohnpark Aphrodite im Penthouse-Stil entwickeln. Beim ersten von vier Blöcken wurde im September 2015 Richtfest gefeiert (wir berichteten).
Versuche Fengers, die Oberhausener Baubehörde zu bewegen, die für ihn nachteilige Planung noch zu stoppen, schlugen fehl. Die Beamten beriefen sich darauf, nach Recht und Gesetz gehandelt zu haben. Deshalb scheuten die Fengers das finanzielle Risiko einer Klage gegen die ersten Baugenehmigungen, die im November 2014 erteilt wurden. Dadurch wurden diese Baugenehmigungen schließlich rechtskräftig. Sie können seitdem nicht mehr vor dem Verwaltungsgericht angefochten werden.
Voreigentümer setzte Häuser durch
Zur Vorgeschichte: Bevor Alteigentümer Heinz Bongartz mit seinen Planungen begann, standen auf der Fläche im Wesentlichen ein Fachwerkhaus und eine Werkstatt. Die Lage nahe der Stadtgrenze zu Bottrop stufte die Stadt damals als Außenbereich ein. Eine Eigenheimbebauung wäre demnach unmöglich gewesen.
Dagegen setzte Bongartz sich vor Jahren vor dem Verwaltungsgericht zur Wehr, weil sein Grundstück so weniger wert war. Das Gericht hielt die Fläche zum Innenbereich zugehörig und damit für bebaubar; er schloss mit der Stadt einen Vergleich.
Der positive Bauvorbescheid für die Eigenheime im Februar 2011 stützte sich auf den „Baulückenparagrafen“ des Baugesetzbuchs. Der gilt im Innenbereich, wenn der Rat keinen Bebauungsplan aufstellt. In diesem Fall können Häuser aber nur gebaut werden, wenn sie sich in die Umgebung einfügen.
Abstand zu den Neubauten groß genug
Nach Ansicht der Stadt tun genau das die genehmigten Mehrfamilienhäuser des neuen Investors. Der Investor habe schließlich auf Drängen der Stadt umgeplant. Ursprünglich seien dort dreigeschossige Häuser vorgesehen gewesen. Nach der Änderung würden sie zweigeschossig ausfallen. Die Nachbarn seien nicht zu beteiligen gewesen, weil ihr Abstand zu den Neubauten groß genug sei.
Rat und Bezirksvertretung seien aus der Sache herausgehalten worden: Erstens handele es sich bei Baugenehmigungen um ein Geschäft der laufenden Verwaltung. Zweitens habe die Stadt sich beim Vergleich verpflichtet, die Fläche ohne Bebauungsplan zu entwickeln. Nur mit Bebauungsplan aber hätten die Mehrfamilienhäuser verhindert werden können.
Nach Auffassung der Bezirksregierung Düsseldorf als Aufsichtsbehörde hätte der Rat dort durchaus einen Bebauungsplan aufstellen können. Im übrigen gab sie der Stadt aber Rückendeckung. „Es ist Ausdruck der Baufreiheit, dass der Bauherr von einem Bauvorbescheid keinen Gebrauch macht und nach einer Umplanung ein anderes Vorhaben zur Genehmigung stellt“, schrieb sie den Fengers.
Anwalt: „Der Rat der Stadt hat geschlafen“
Der Herner Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Thomas Heinrichs, sieht im Konflikt an der Harkortstraße ein Versagen der Kommunalpolitiker: „Da hat der Rat geschlafen.“ Denn der könne jedes Geschäft der laufenden Verwaltung an sich ziehen. Auch könne er Richtlinien erlassen, bei welchen Planungsvorhaben er gefragt werden muss, ob er einen Bebauungsplan will. Damit ließen sich solche Nachbar-Konflikte vermeiden.
Schon über den Vergleich mit dem Alteigentümer hätte der Rat informiert werden und dann handeln müssen. „Ich würde als Planungsamtsleiter so eine Umplanung nicht auf meine Kappe nehmen.“ Heinrichs lässt nicht gelten, durch Verzicht aufs dritte Geschoss habe man die Häuser genehmigen müssen. „Jeder Architekt nimmt einfach das Obergeschoss ein paar Zentimeter zurück. Danach sieht es zwar weiter dreigeschossig aus, hat aber rechtlich nur noch zwei Geschosse.“