Oberhausen. . Seit Kreditinstitute ihre Kunden in Briefen informierten, dass die Kirchensteuer auf Zinserträge ab 2015 automatisch abgezogen wird, schnellt die Zahl der Kirchenaustritte in die Höhe. Dabei ändert sich lediglich das Verfahren.
Seit Bankkunden von ihren Kreditinstituten per Brief informiert wurden, dass die Kirchensteuer auf Zinserträge ab 2015 automatisch abgezogen werde, schnellt die Zahl der Kirchenaustritte in die Höhe.
In Oberhausen verließen im ersten Halbjahr 2014 allein 345 Katholiken die Kirche. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es 189, im gesamten Jahr 473. Bei den evangelischen Christen ist die Lage genauso dramatisch. 287 Menschen kehrten hier bereits in den ersten sechs Monaten des Jahres der Kirche den Rücken zu. Im gesamten vergangenen Jahr waren es 298.
Persönlichen Kontakt stärken
Warum dieser hohe Anstieg? „Die Briefe sind so missverständlich, dass es für die Bankkunden so aussieht, als gäbe es eine neue Steuer“, sagt Thomas Witt-Hoyer, stellvertretender Superintendent. Das ist aber nicht so. Stadtdechant Peter Fabritz gibt Entwarnung: „Es handelt sich um keine neue Kirchensteuer, auch nicht um eine Erhöhung. Kirchensteuer fällt schon immer auch auf Kapitalerträge wie Zinsen und Dividenden an.“ Nur das Verfahren würde vereinfacht. Auch die Sorge, die Kirche könne Einblick ins Bankkonto bekommen, sei unbegründet.
Nur noch 84 710 Mitglieder in Oberhausen
Die Zahl der Kirchenaustritte steigt jährlich. Verließen im Jahr 2012 noch 255 Christen die evangelische Kirche, waren es im Jahr darauf bereits 298 Menschen, die der Kirche den Rücken kehrten.
Bei der katholischen Kirche gingen im vorletzten Jahr 310 Gläubige. Ein Jahr später waren es 473. Zum 31. Dezember 2013 zählten die Katholiken in Oberhausen noch 84 710 Mitglieder.
Aber wie erklärt es sich, dass so viele Menschen so rasch den Entschluss fassen, aus der Kirche auszutreten? „Insgesamt liegt eine Entfremdung vieler Christen gegenüber ihrer Kirche und ihrer Ortsgemeinde vor“, sagt Peter Fabritz. Der Stadtdechant und Pfarrer verweist auf eine Umfrage der Evangelischen Kirche in Deutschland. Danach beabsichtigen Kirchenmitglieder, die ihren Pfarrer vor Ort persönlich kennen, in der Regel nicht, aus der Kirche auszutreten.
Kontakt mit Menschen suchen
Fabritz: „Derjenige, der Kirche als eine anonyme Großinstitution sieht, der bildet sich sein Bild meistens nur über Skandale, die es in der Kirche natürlich auch gibt und über die auch ausführlich berichtet wird.“ Dann stelle sich diesen Menschen die Fragen: Was soll ich da noch? Warum soll ich denen mein schwer verdientes Geld geben?
Einen Ausweg aus dem Dilemma sieht Fabritz darin, noch stärker den persönlichen Kontakt zu den Menschen zu suchen. „Die Kontaktmomente wie Taufen, Beerdigungen, Hochzeiten, Hausbesuche, Kitas und Schulen müssen von uns Seelsorgern noch viel ernster genommen werden.“ Außerdem müsse allen Bürgern klar gemacht werden, dass der Weg in die Kirche zurück einfach ist: Man müsse nur eine Unterschrift leisten. „Manche sehen darin eine unüberwindbare Hürde. Dabei ist es für mich als Pfarrer die größte Freude, jemanden wieder aufzunehmen“, sagt Fabritz.