Oberhausen. . Zwei Jahre leitete Christiane Fern die Arbeitsagentur Oberhausen/Mülheim. Wir sprachen mit ihr über die hiesige Arbeitsmarktsituation, über den Ausbildungsmarkt, erreichte Ziele und Herausforderungen, mit denen Oberhausen weiterhin konfrontiert sein wird.

Zum 1. August wechselt die Vorsitzende der Geschäftsführung der Arbeitsagentur Oberhausen/Mülheim, Christiane Fern, nach Osnabrück, um dort in gleicher Funktion tätig zu sein. Zwei Jahre arbeitete sie in Oberhausen. Wir sprachen mit ihr über die hiesige Arbeitsmarktsituation, über den Ausbildungsmarkt, erreichte Ziele und Herausforderungen, mit denen Oberhausen weiterhin konfrontiert sein wird.

Gehen sie leichten Herzens?

Christiane Fern: Nein, ich gehe mit einem weinenden Auge. Die Menschen, die Mitarbeiter, die Kontakte, die ich im Laufe der Zeit geknüpft habe – all’ das wird mir fehlen. Auch das offene Wesen der Ruhrbietler habe ich sehr zu schätzen gelernt.

Wie sieht Ihre Bilanz aus?

Fern: Es ist uns nicht gelungen, die Arbeitslosigkeit zu verringern. Die wirtschaftliche Situation hat sich in den zwei Jahren nicht so verbessert, dass die Arbeitslosigkeit gesunken ist. Als ich kam, betrug die Arbeitslosenquote im Arbeitsagenturbezirk Oberhausen/Mülheim 9,9 Prozent. Aktuell sind es 10,2 Prozent. Das sind 19 000 Menschen. Da ist jeder einzelne zu viel.

Stellenmeldungen der Unternehmen sind rückläufig

Was sind die Gründe?

Fern: Von einer besonders guten wirtschaftlichen Entwicklung kann man hier im Ruhrgebiet nicht sprechen, im Gegensatz zum Landestrend übrigens. Die strukturellen Probleme sind geblieben. Die Stellenmeldungen der Unternehmen sind rückläufig, die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung geht aktuell leicht zurück, was atypisch ist; demgegenüber steigt die Zahl der geringfügig Beschäftigten seit Jahren weiter an.

Schuld sind also die Arbeitgeber?

Fern: Nein, das kann man so nicht sagen. Viele junge Menschen sind zum Beispiel ohne Schulabschluss. Viele Menschen im Alter bis 25 Jahre, die arbeitslos sind, haben keine Ausbildung, in Mülheim sind es 60, in Oberhausen 75 Prozent. Für sie es schwer, auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Weiterhin spielen oftmals andere Faktoren wie das Alter der arbeitslosen Menschen, die gesundheitliche Einschränkung oder fehlende Qualifikation eine entscheidende Rolle. Eine Einmündung in den Arbeitsmarkt wird dann schwieriger.

Was konnten Sie an Positivem bewegen?

Fern: Interne Vermittlungsprozesse wurden optimiert und das übergreifend, bei der Arbeitsagentur und beim Jobcenter. Die Organisation im Jobcenter, das von der Agentur für Arbeit Oberhausen sowie der Stadt Oberhausen getragen wird, wurde neu justiert, indem sich der Bereich der Leistungserbringung von der Arbeitsvermittlung und Beratung getrennt hat. Es gibt dort nun Teams für die Sachbearbeitung für Leistungen an die Arbeitslosengeld-II-Bezieher und es gibt die Teams der Experten für Arbeitsvermittlung.

Öffentlich geförderte Beschäftigung

Was wurde dadurch besser?

Fern: Die Intensität, mit der die Wiedereingliederung von Langzeitarbeitlosen in die Berufswelt betrieben werden kann, sowie die Kontaktdichte wurden erhöht. Dies ist auch notwendig, denn mehr als die Hälfte der Bezieher von Hartz-IV ist länger als ein Jahr arbeitslos. Ich weiß, dass die Neuorganisation langsam, aber sicher Früchte trägt.

Kann das nur über einen ersten Arbeitsmarkt gelingen?

Fern: Das eine Erfolgskonzept gibt es leider noch nicht. Es müssen verschiedene Wege gegangen werden, um Menschen nachhaltig in Arbeit zu bringen. Modellprojekte wie ,Perspektiven im Betrieb‘ und neue Bundesprogramme für Langzeitarbeitslose sind dafür geschaffen worden, aber sicherlich brauchen wir auch für einen Teil unserer Arbeitslosen öffentlich geförderte Beschäftigung. Diese muss aber kofinanziert werden und da sind grundsätzlich die Städte auch bereit zu. In Mülheim wird diese öffentlich geförderte Beschäftigung bereits seit Jahren durchgeführt.

Sie gehen nach Osnabrück, wie hoch ist dort eigentlich die Arbeitslosenquote?

Fern: Die Arbeitslosenquote beträgt dort aktuell nur 4,5 Prozent, wir reden also von Vollbeschäftigung. In Osnabrück werden wieder ganz andere Herausforderungen auf mich warten. Im Fokus wird dort sicherlich die Fachkräftesicherung stehen.

Jugendarbeitslosigkeit

Ein großes Arbeitsfeld von Christiane Fern war während ihrer Dienstzeit das Thema Jugendarbeitslosigkeit.

Wie sehen sie die Lage?

Fern: Oberhausen ist in NRW fast Schlusslicht. Die Quote betrug 2013 im Schnitt 12 Prozent. In Mülheim ist sie mit 3,6 Prozent deutlich besser. In Mülheim gelingt es frühzeitig, junge Menschen, die keine Berufsperspektive haben, anzusprechen und mit ihnen gemeinsam Lösungen zu finden. Kein Abschluss ohne Anschluss – Mülheim ist da Referenzkommune. Dort sind 262 Menschen im Alter bis 25 Jahre arbeitslos, in Oberhausen sind es 1344, davon erhalten 1061 Grundsicherung über das Jobcenter.

Was ist zu tun, was wurde schon getan?

Fern: Oberhausen muss sich beim Thema Jugendarbeitslosigkeit noch besser ausrichten. Der Grundstein dafür wurde aber inzwischen gelegt, auch durch die Neuorganisation des Jobcenters. Neben der finanziellen Unterstützung und Beratung der jungen Menschen müssen diese noch stärker motiviert werden, sich für eine Berufsausbildung zu entscheiden. Auch die Abbrecherquote muss verringert werden.

Seitens des Landes gibt es die Idee der sogenannten Jugendberufsagenturen. Was ist das?

Fern: Das ist eine gemeinsame Anlaufstelle von Arbeitsagentur und Jobcenter und der Jugendhilfe. Unser Gebäude hier an der Mülheimer Straße böte dafür ausreichend Platz. Das wird mein Nachfolger sicherlich weiter forcieren. In Mülheim haben wir dazu auch bereits erste Gespräche geführt und befinden uns in der engen Abstimmung.