Oberhausen. Oberhausenerin wirft EKO misslungene Herzkatheter-Untersuchung vor.Bluterguss im Oberarm. Vier Operationen in Folge. Drei Finger sind bis heute ohne Gefühl.

Kerstin und Martin W. (Namen geändert) können nicht mehr. Sie warten seit zwei Jahren. Über 700 Tage, in denen Kerstin W. ohne die Hilfe ihres Mannes nicht einmal mehr ihre Bluse zuknöpfen kann – „nachdem ein Arzt in der Kardiologie des Evangelischen Krankenhauses Oberhausen zu dieser folgenschweren Herzkatheteruntersuchung angesetzt hatte“.

Martin W. erzählt, wie es dazu kam. Seine Ehefrau (69) hat dazu keine Kraft mehr. Probleme mit Bluthochdruck habe seine Frau schon lange gehabt. Doch am 31. Mai 2012 sei es ihr besonders schlecht gegangen. „Wir waren bei unserer Hausärztin, die ihren Puls als besorgniserregend niedrig einschätzte“, erinnert sich der 72-Jährige. Die Ärztin wies Kerstin W. ins EKO ein, notierte auf der Einweisung die Frage „Eventuell Herzschrittmacher?“. Zwei Tage lang lag die Oberhausenerin auf der Überwachungsstation. „Dort wurde ihr Blutdruck neu eingestellt.“ Und plötzlich sei es ihr auch wieder gut gegangen. „Wenn die sie doch da bloß mal entlassen hätten!“, bedauert Martin W. heute.

Doch die Ärzte hätten wohl sichergehen wollen und eine Herzkatheter-Untersuchung angesetzt. Der Herzkatheter ist ein dünner, biegsamer Kunststoffschlauch, ausgerüstet mit Hightech. Mit ihm lässt sich unter anderem der Druck in den Herzkammern messen und der Zustand der Gefäße überprüfen. Am 8. Juni 2012 war es soweit. Da Kerstin W. bereits Bypässe erhalten hatte und ihre Adern nicht mehr die besten sind, wollte der zuständige Arzt den Katheter über die Armarterie einschieben. „Doch das klappte nicht, wie gedacht. Meine Frau erzählte mir später, der Mann habe sich mit seinem ganzen Körper auf ihren Arm gelegt – bis sie laut geschrien habe ,Aufhören, aufhören!“. Der Eingriff sei schließlich abgebrochen worden. Gleich danach klagte Kerstin W. über starke Schmerzen an der Einstichstelle im rechten Oberarm. „Die Krankenschwestern holten Kühlbeutel, ein Arzt sah sich das aber nicht an.“

Lange auf gütliche Einigung gehofft

Am dritten Tag – auch bis dahin habe sich kein Arzt um den riesigen Bluterguss, der sich mittlerweile gebildet hatte, gekümmert – platzte Kerstin W. der Kragen. Sie fühlte sich allein gelassen, bat ihren Mann, sie abzuholen. Doch nur einen Tag später landete sie wieder in der Notaufnahme des EKO. „Sie hielt die Schmerzen einfach nicht mehr aus.“ Am 13. Juni folgte eine Not-Operation, an die sich drei weitere Operationen anschließen sollten. „Es musste sogar ein Stück Haut vom Oberschenkel transplantiert werden, damit die Wunde geschlossen werden konnte.“ Noch heute, zwei Jahre nach den Operationen, mache seine Frau eine Schmerztherapie. In drei Fingern der rechten Hand habe sie kein Gefühl mehr, den Arm könne sie nur eingeschränkt bewegen, die Pflegestufe 1 sei ihr zuerkannt.

Gleich nach der Entlassung hatte sich das Paar auf Anraten der Krankenkasse an eine Rechtsanwaltskanzlei gewandt. Doch auf eine Stellungnahme des EKO oder ein Schmerzensgeld wartet Kerstin W. bislang vergeblich. „Wir haben den Eindruck, dass unser Fall absichtlich in die Länge gezogen wird“, meint Martin W. Nach drei Jahren greife die Verjährungsfrist. „Außerdem spekulieren die wohl darauf, dass wir schon so alt sind“, meint Martin W. sarkastisch. Der 72-Jährige hat sich nun dazu durchgerungen, Prozesskostenhilfe zu beantragen. Auf Nachfrage der WAZ sagt Pia Voigt von der Pressestelle des EKO zu dem Fall: „Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, können wir dazu im Moment leider nichts sagen.“

Patienten können sich an ihre Kasse wenden

2243 Behandlungsfehler haben die Ärztekammern für 2013 bestätigt. Höhere Zahlen nennt der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK): Er stellte 2013 rund 14.600 Gutachten wegen Verdachts auf Fehler aus. Knapp 3700 Mal wurde dieser Verdacht von den MDK-Gutachtern bestätigt.

Der MDK wird bei vermuteten Behandlungsfehlern von den Krankenkassen eingeschaltet. Patienten, die den Verdacht haben, bei ihnen könnte ein Ärztefehler vorliegen, sollten sich deshalb zuerst an einen Mitarbeiter ihrer Kasse wenden. Dieser leitet Anliegen und Unterlagen an einen Gutachter des MDK weiter. Der Arzt des MDK schätzt nach Prüfung des Sachverhaltes ein, ob der Verdacht eines Behandlungsfehlers begründet ist oder ob der Gesundheitsschaden möglicherweise durch eine Komplikation hervorgerufen sein könnte. Liegt ein begründeter Verdacht vor, wird ein ausführliches, wissenschaftlich begründetes Gutachten erstellt. Den Versicherten entstehen dafür keine Kosten. Mit diesem Gutachten können Betroffene dann eine außergerichtliche Einigung mit der Haftpflichtversicherung des betreffenden Krankenhauses oder Arztes anstreben (Anwalt empfohlen, Kosten dafür müssen selbst getragen werden). Ist ein Vergleich nicht möglich, kann (ebenfalls auf eigene Kosten) eine Klage eingereicht werden.

Weitere Informationen dazu gibt es auf der Internetseite des MDK: www.mdk.de