Oberhausen. . Der gebürtige Oberhausener Berthold Bendorf leitete 14 Jahre lang das Gericht seiner Heimatstadt. Einen Nachfolger für den 65-Jährigen gibt es noch nicht. Bendorf wurde Richter, um die gesellschaftliche Entwicklung beeinflussen zu können: „Die Zeit um 1968 war natürlich politisch hochinteressant.“

Über 200 Mitarbeiter hatte das Amtsgericht Oberhausen, als Berthold Bendorf dort im März 2000 die Leitung übernahm. Heute sind es nur noch 135. „Die Arbeitsverdichtung hat massiv zugenommen“, sagt der 65-Jährige. Seine Abschiedsfeier in den Ruhestand am 29. April will der Amtsgerichtsdirektor deshalb vor allem dazu nutzen, sich bei seinem Team zu bedanken.

„Ohne das überdurchschnittliche Engagement, das alle hier an den Tag legen, wäre unser Arbeitsalltag angesichts dieses Personalmangels kaum zu bewältigen“, betont Bendorf. Mit Freude ist Bendorf aber auch selbst bis heute dabei. In Oberhausen geboren und aufgewachsen, besuchte er einst das Staatliche Gymnasium (heute Heinrich-Heine-Gymnasium). 1968 hatte er sein Abitur in der Tasche und startete gleich im Wintersemester mit dem Studium der Rechtswissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum durch. Die Berufsaussichten waren gut.

Aussperrung in den 70ern als Druckmittel

„Außerdem war die Zeit um 1968 natürlich politisch hochinteressant“, erinnert sich Bendorf. Als Richter wollte er eine Tätigkeit ausüben, bei der er die gesellschaftliche Entwicklung mit beeinflussen konnte. „So galt etwa die Aussperrung von Mitarbeitern bei einem Arbeitskampf als höchst umstritten“, nennt Berthold Bendorf als Beispiel.

Als Aussperrung bezeichnet man die Freistellung von Arbeitnehmern von der Arbeit ohne Fortzahlung des Lohnes. Arbeitgeber setzten dieses Mittel als Antwort auf einen Streik ein. So wollten sie die Kosten für die Gewerkschaften erhöhen. Die Aussperrung gilt übrigens heute als rechtswidrig, wurde aber gerade in den 1960er und 70er Jahren als Druckmittel eingesetzt.

Ein Konzept mit Erfolg

Insgesamt 38 Jahre urteilte Bendorf in Zivil- und Strafrechtsverfahren sowie in Belangen der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Nachlass, Erbscheine, Unterbringung in der Psychiatrie). In all den Jahren musste er erkennen: „Die Fälle von massiven Körperverletzungen nahmen zu.“ Die Hemmschwelle war gesunken.

Und so gründeten Polizei Oberhausen, Staatsanwaltschaft Duisburg, Amtsgericht Oberhausen, Stadt, Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände und die Agentur für Arbeit 1995 den Präventiven Rat Oberhausen. „Der machte sich unter anderem dafür stark, dass bei auffälligen Jugendlichen die Strafe möglichst auf dem Fuße erfolgte“, erläutert Bendorf. Ein Konzept mit Erfolg, an dem sich Bendorf gerne beteiligte: Laut Statistik ist bei den Tatverdächtigen unter 21 Jahren ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen. 2005 zählte die Polizei noch 3066 jugendliche Tatverdächtige, 2009 waren es 2136 und damit über 30 Prozent weniger.

Ab aufs Rad

Seit Jahren schützt eine Sicherheitsschleuse aber auch die Mitarbeiter des Amtsgerichtes vor möglichen Attacken. Berthold Bendorf gilt als Befürworter dieses Systems und fühlt sich durch die „Fundstücke“ seines Wachpersonals bestätigt. „Die haben schon jede Menge Messer einkassiert."

Wenn er könnte, sagt Bendorf, würde er gerne noch ein, zwei Jahre bleiben. „Die Vielfältigkeit der Arbeit hat mir immer Freude gemach“. Wer seine Nachfolge antritt, steht bisher noch nicht fest. Das Bewerbungsverfahren läuft.

In den ersten Tagen seines Ruhestandes wird sich Berthold Bendorf zunächst auf seinen Drahtesel schwingen und „eine längere Radtour machen“, sagt er. „Danach schaue ich erst einmal, ob mir das Leben so Spaß macht oder ob ich mir eine ehrenamtliche Aufgabe suche“.