Oberhausen.. Joseph Cornelius Rossaint wagte die Annäherung an Jungkommunisten. Der „Katholikenprozess“ vom April 1935 gilt als einer der spektakulärsten der NS-Zeit, inszeniert von Propagandaminister Joseph Goebbels.Der Volksgerichtshof verurteilte am 28. April 1937 Joseph Rossaint zu elf Jahren Zuchthaus.
Kaplan Dr. Joseph Cornelius Rossaint zeichnete sich vor allem durch eines aus: Achtung vor jedem Menschen. Hautfarbe, religiöse Zugehörigkeit, politische Überzeugung spielten für ihn keine Rolle. Zumindest, so lange die politische Gesinnung sich nicht gegen andere richtete. Dann aber, so befand der Katholik, sei es Zeit, sich zur Wehr zu setzen. Und so hinterließ Rossaint, obgleich er nur fünf Jahre in Oberhausen wirkte, auch vor Ort beeindruckende Spuren im Widerstand gegen das Nazi-Regime.
Klaus Oberschewen hatte J. C. Rossaint selbst kennengelernt und ihn Ende der 1980er Jahre in der Eifel besucht. „Rossaint war seiner Zeit weit voraus“, meint der Vorsitzende des Historischen Vereins Oberhausen-Ost, dem es eine Herzensangelegenheit ist, die Erinnerung an Widerstandskämpfer wie ihn lebendig zu halten. Mit Stolz habe ihm Rossaint erzählt, dass er der „älteste Kaplan Deutschlands“ sei. Denn der Geistliche galt auch innerhalb der eigenen Amtskirche bis ins hohe Alter als unbequemer Querdenker. Eine eigene Pfarrei blieb ihm wohl aus diesem Grund verwehrt.
„Heute würden wir Rossaint als Streetworker bezeichnen“
Seit 1927 wirkt Joseph Rossaint als Kaplan in Oberhausen. Er wird Bezirkspräses des Katholischen Jungmännerverbandes (KJMV), aus dem sich die Katholischen Sturmscharen in Oberhausen entwickelten. „Schwerpunkte seiner Jugendarbeit waren politische Veranstaltungen sowie die Einrichtung von Arbeitslosentreffs, die damals auch Piele-Klubs genannt wurden“, berichtet Klaus Oberschewen. Dabei müsse man sich die Sturmscharen ähnlich den heutigen Pfadfindergruppen vorstellen. „Die Piele-Klubs führten auch Fußballturniere durch.“ 60 bis 100 Jugendliche hätten daran in der Regel teilgenommen. „Heute würden wir Rossaint wohl als Streetworker bezeichnen.“
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wagte sich der Kaplan auf gefährliches Terrain: Er stellte über die Jungkommunisten Johann van Suntum Max Schäfer Kontakte zwischen der katholischen Jugend und dem kommunistischen Jugendverband (KJVD) her. Joseph Rossaint erinnert sich in seinem Buch „Vom Zweiten ins Dritte Reich. Weimar, Faschismus, Widerstand“ an diese in Deutschland höchst seltene Zusammenarbeit: „Im Vordergrund stand zunächst bei uns die allgemeine Aversion gegen den heraufkommenden Faschismus.
Gegen den Faschismus kämpfen
Er stand so sehr in Gegensatz zu unseren Erwartungen auf eine demokratische Änderung der Zustände, den Motiven unserer kirchlichen und sozialen Arbeit, aber auch gegenüber den Ideen der Jugendbewegung. Die mehr soziale Seite unseres Engagements, die Frage der Änderung der Gesellschaft, wie sie ja auch die Sozialdemokraten und Kommunisten wollten, hat uns ebenfalls dazu gebracht, zusammen mit den Mitgliedern des KJVD gegen den Faschismus zu kämpfen.“
1935 entsteht ein gemeinsames Flugblatt gegen die in Deutschland wieder eingeführte Wehrpflicht. Am 6. Februar 1936 wird Rossaint von der Gestapo verhaftet. Im April 1937 begann einer der wohl aufsehenerregendsten Prozesse der NS-Diktatur, der als „Berliner Katholikenprozess“ in die Geschichte einging. Hauptangeklagter war der 34-jährige Kaplan, der zwischenzeitlich an die Düsseldorfer Pfarrkirche Mariä Empfängnis versetzt worden war. Drei Wochen lang berichtete die Presse über den von Propagandaminister Joseph Goebbels inszenierten Schauprozess.