Backstreet Boys singen in Oberhausen Songs von Rammstein
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Oberhausen. Junge, du hast wirklich nichts verlernt: Vor gut 20 Jahren starteten fünf Freunde ihren Siegeszug in den Boyband-Olymp. Am Montagabend stellen 11.000 Fans in der ausverkauften Arena in Oberhausen fest: Die erwachsenen “Backstreet Boys“ haben ihr Schmacht-Rezept sogar um einige Nuancen angereichert.
Auch Akustik-Zwischenspiele sind nicht mehr das, was sie einmal waren: Eine gute Stunde ist das mit 11.000 Fans ausverkaufte Konzert der Backstreet Boys in der König-Pilsener-Arena in Oberhausen alt, da greift Nick Carter zur Gitarre und bricht mit den ursprünglichen Gesetzen des Genre. „Ist es nicht ein wenig verrückt, dass eure Lieblings-Boyband jetzt selbst Instrumente spielt?“
Tanzen. Schmachten. Tanzen. Schmachten. Das war gestern. Und verrückt ist es sicher, denn die fünf „Ex-Jungs“ aus Florida, mittlerweile im Alter zwischen 34 und 42 Jahren, haben gerade eine Passage aus dem Fundus der deutschen Brachialrock-Gruppe Rammstein angestimmt („Du hast“), den Song „Move your Ass“ der Elektro-Schreihälse Scooter in „Move your Arsch“ umgedichtet und sich mit „Ich find' dich scheiße“ von der zersplitterten Girlband Tic Tac Toe die Lacher des Abends gesichert. Augenzwinkern und Grinsen auf Großbildleinwänden. Im betagteren Alter darf man plötzlich so viel mehr: zum Beispiel hemmungslos Selbstironie zeigen.
Auf Plakaten der BSB-Fans steht „Welcome Home“
Die Nummer auf den Cocktail-Hockern will nicht nur sagen, dass die Band ihr Schmacht-Rezept am Boyband-Büfett humorvoll erweitert. Die Gruppe spricht in dieser einen knappen Passage mehr in deutscher Sprache als manch anderer Kollegen während seiner kompletten Tournee. Die US-Boys wissen genau, vor 20 Jahren fing auf hiesigen Bühnen alles an. 130 Millionen verkaufte Platten später halten Brian Littrell (39), Nick Carter (34), AJ McLean (36), Howie Dorough (40) und Kevin Richardson (42), der nach sechsjähriger Pause erstmals wieder mit einstimmt, ihre Anfangszeit in Ehren. Die Fans in der Arena, rund 80 Prozent weiblich, recken im diffusen Licht der Scheinwerfer Papierzettel in die Höhe: „Welcome Home!“ Zu Gast bei Freundinnen.
Sie haben Spaß. Kreischen wie mit 16. Mädels beim Konzert-Ausflug. Bei den Sektgläsern aus Plastik fehlt höchstens das Klirr-Geräusch. Mitsingen ist in der bebenden Backstreet-Boys-Bude quasi Pflicht. Viele kennen noch die großen Hits „We've Got It Going On“ (1995), „Everybody (Backstreet's Back)“ (1997) oder „All I Have To Give“ (1998) aus erster Hand. Aber ein Ehemaligen-Treffen von Besitzern kitschiger Fan-Bettwäsche und flugfähiger Kuscheltiere ist das Konzert in Oberhausen dennoch nicht.
Backstreet-Boys-Kreischen in der zweiten Generation
Unter die Ü30-Fraktion mischt sich eine stattliche Zahl BSB-Fans der zweiten Generation. Sie sind kaum älter als die Hits der Gruppe, haben die Musik von großen Schwestern und Müttern geerbt. Und auch die sehr erwachsenen „Backstreet Boys“ selbst schreiben mittlerweile Songs für ihre eigenen Kinder. Brian Littrells elfjähriger Sohn Baylee singt im Vorprogramm.
Kinderleicht fallen dem Fünferrat noch immer die Tanzbewegungen, die möglicherweise etwas langsamer geworden sind. Und an Gesten sparen sie nicht: Das dramatische Ablegen des Jacketts, das Kokettieren im ärmelfreien Shirt. Boyband-Kniffe wirken da wie Fahrradfahren. Einmal gelernt, schmachtet es sich ein Leben lang. Zuletzt bewiesen es die Backstreet Boys vor zwei Jahren beim Doppelkonzert mit den Genre-Dinosauriern von „New Kids On The Block“ an gleicher Stelle.
Auf Kreuzfahrt mit den Backstreet Boys
Und so greift ein Rad ins andere: Alle großen Hits, dazu bloß nicht zu viel Neues. Fans, die kurz auf die Bühne dürfen und sogar ein Küsschen bekommen. Vergilbte Fotos aus Teenagerzeiten auf Videowänden. Ein lautes „Ahhhhh!“ Ein schrilles „Kreisch!“ So ungeheuer spaßig kann solide Konzertkost sein. Mit 120 Minuten bietet die Gruppe fast ein Viertel mehr Spielzeit als eine übliche US-Produktion. Zugabe? Am 28. März spielen die Backstreet Boys in Düsseldorf.
Übrigens wird heute wie damals mit der Marke Backstreet Boys ganz gut verdient: Waren es in den 90er Jahren überwiegend Klamotten, geht der erwachsene Backstreet Boy mit der Zeit. Einen Kinofilm soll es bald geben. Und mit „Backstreet Boys Cruise“ kann der Fan in Miami mit den Fünf sogar eine lustige Kreuzfahrt unternehmen. Junge, du hast wirklich nichts verlernt!
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