Oberhausen. . Knapp 24.000 Oberhausener können nach Angaben von Creditreform ihre Rechnungen nicht bezahlen. Die Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung der Caritas erlebt einen enormen Ansturm. Die Folge: Betroffene müssen teils monatelang auf einen Termin warten. Der richtige Umgang mit Geld müsse schon in der Schule gelehrt werden.

Die Zahl der Oberhausener, die ihre Rechnungen nicht bezahlen können, bleibt weiter hoch. Nach Angaben der Wirtschaftsauskunftei Creditreform gab es 2013 insgesamt 23.880 überschuldeten Privatpersonen in der Stadt. Im Vergleich zum Jahr 2012 mit 23.920 Schuldnern ist damit keine durchschlagende Verbesserung in Sicht.

Aufgrund eines statistischen Effektes (Infobox) ist die Schuldnerquote in der Stadt aber gestiegen: Für jeden siebten erwachsenen Oberhausener (13,53 Prozent) sind demnach die zu leistenden monatlichen Gesamtausgaben höher als die Einnahmen. Das ist auf einem hohen Niveau noch einmal eine leichte Steigerung um 0,12 Prozentpunkte im Vergleich zum Jahr 2012.

Der aktuelle Wert liegt deutlich über dem Bundesdurchschnitt (9,78 Prozent) und auch noch einmal über dem Durchschnitt der Ruhrgebietsstädte (13,14 Prozent). Folge ist ein Ansturm auf die Schuldnerberatungsstellen: „Wir bräuchten eigentlich einen 48-Stunden-Tag, um alle Ratsuchenden zu betreuen“, sagt Iris Kampmann von der Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung der Caritas.

Deutliches Nord-Süd-Gefälle

Besonders viele überschuldete Oberhausener leben den Creditreform-Zahlen zufolge in der alten Mitte. Mehr als jeder fünfte Bewohner über 18 Jahre dort (21,17 Prozent) kann seine laufenden Ausgaben nicht mehr begleichen. Im Norden der Stadt, in Holten und Schmachtendorf, sind dagegen nur 7,08 Prozent der Bewohner von Überschuldung betroffen. Das ist eine große Spanne, die ein deutliches Nord-Süd-Gefälle innerhalb der Stadt offenbart.

Der Zensus-Effekt

Nach den Ergebnissen des Zensus 2011 leben in Deutschland rund 1,5 Millionen Menschen weniger, als bisher angenommen. Damit hat sich die Basis der Creditreform-Berechnung, nämlich die Anzahl der Einwohner (über 18 Jahre) des Ruhrgebiets, verändert.

Die Verschiebungen der Schuldnerquote, die hierdurch ausgelöst werden, nennt Credit­reform „Zensus-Effekt“. Hiervon betroffen ist auch Oberhausen, das geringere Schuldnerzahlen als 2012 aufweist und trotzdem einen Anstieg der Schuldnerquote zu registrieren hat.

Iris Kampmann sieht die Entwicklung in Oberhausen mit Sorge. Denn der Andrang in ihrer Beratungsstelle sei weiterhin enorm. Rund 300 Fälle hat die Einrichtung im vergangenen Jahr betreut. „Mehr ist einfach nicht möglich.“ Betroffene müssen Wartezeiten auf einen Beratungstermin von mehreren Wochen bis Monaten im Kauf nehmen.

Energiekosten als Dauerthema

Ein Dauerbrennerthema seien weiterhin die Energiekosten. „Die meisten Ratsuchenden, die zu uns kommen, haben bereits einen Vorkassezähler zu Hause oder eine Ratenzahlung mit der Energieversorgung Oberhausen ausgehandelt.“ Bei sogenannten Vorkassezähler zahlen die Kunden ähnlich wie beim Kartenhandy in Vorkasse ihren Strom. Auch mit Kosten für Handy oder Internet hätten viele Oberhausener zu kämpfen. „Dazu kommen Kredite und Versandhausbestellungen, die einfach nicht bezahlt werden können.“

Arbeitslosigkeit, eine Trennung oder Scheidung sowie Krankheit nennt Kampmann als die drei Hauptgründe, warum Menschen in die Überschuldung geraten. Ein großes Problem bestehe aber auch darin, dass in Oberhausen immer weniger Menschen lernen, wie sie mit ihren Einnahmen und Ausgaben haushalten können. „Es gibt bereits ganze Familiendynastien, die in der Überschuldung stecken. Wenn Oma und Opa bereits diese Probleme haben, ist das für die nachfolgenden Generationen natürlich kein gutes Vorbild.“ So würden oftmals wichtige Zahlungen für Miete oder Strom nicht geleistet, andere Rechnungen dagegen bezahlt. „Die Gläubiger, die am lautesten nach ihrem Geld verlangen, werden bedient.“ Daraus ergibt sich für Kampmann ein dringender Handlungsbedarf. „Wir müssen mehr für die Prävention machen. Ratsam ist es, Kindern direkt in der Schule einen gesunden Umgang mit Geld beizubringen.“