Oberhausen. Im Technologiezentrum TZU wurden die ersten Ehrenamtskarten für Rabatte in ganz NRW überreicht. Oberbürgermeister Klaus Wehling lobte in seiner Rede das Engagement in vielen verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen. Vorbildliche Bürger erzählen hier ihre Geschichte, warum sie sich gerne für andere Menschen einsetzen.
„Eigentlich müssten Sie auf der Bühne stehen und wir im Publikum!“ Charmant begrüßt Andreas Stahl, Leiter des städtischen Büros für Chancengleichheit, die Gäste im Technologiezentrum an der Essener Straße. Es sind jene 111 Ehrenamtlichen, die sich am schnellsten um eine Ehrenamtskarte beworben hatten.
In würdigem Rahmen werden sie geehrt für ihr jahrelanges Engagement. Es gibt Sekt und Häppchen, Improvisationstheater von den Buhrggeistern, ein außergewöhnliches Streichquartett, das Popsongs spielt – und Grußworte.
Soziale Anforderungen hoch
Oberbürgermeister Klaus Wehling betont den hohen Stellenwert des Ehrenamts in Oberhausen. Lobend erwähnt er „beo“, das Netzwerk für bürgerschaftliches Engagement: „Wir haben ein dichtes Flechtwerk engagierter Bürgern.“ In Zukunft werde die Bedeutung des Ehrenamts noch steigen, „weil die sozialen Anforderungen hoch und die meisten Kassen leer sein werden“.
Die Ehrenamtskarte sei Belohnung für all die Arbeit, die von so vielen geleistet werde. „Zu tun gibt es genug“, resümiert Wehling, „und das Erfreuliche ist: Es wird getan.“
Insgesamt haben sich inzwischen 315 Männer und Frauen aus den unterschiedlichsten Bereichen um die Karte beworben. Einige von ihnen sollen an dieser Stelle selbst zu Wort kommen.
Hilde Nowacki, 84 Jahre alt:
„Seit fünfzig Jahren schon arbeite ich ehrenamtlich in der Herz-Jesu-Pfarrei, 30 Jahre lang habe ich dort die Caritas-Sammlungen gemacht.
Ich weiß noch genau, wie das angefangen hat damals. Wir wohnten in der Inselstraße, direkt in Kirchennähe. Unsere Tochter Petra war drei Jahre alt. Sie war ein so lebhaftes Kind. Ich hatte Angst, dass die Nachbarn sich über den Lärm beschweren. Da bin ich zum Pastor gegangen und habe gefragt, ob er mir helfen kann, einen Kindergartenplatz zu finden. Er hat gesagt: Frau Nowacki, wir machen einen Deal. Sie bekommen einen Platz und machen für mich die Sammlung. Da bin ich dann von Tür zu Tür gegangen. Das war eine tolle Sache, ich kannte ja alle. Da bist du ja endlich, haben manche gesagt. Und dann gab’s erstmal ein Schnäpschen.
Vor zwanzig Jahren, da starb mein Mann, und der Pfarrer hat gesagt: Ich habe eine Aufgabe für Sie. Ich wollte aber nicht, ich war doch so traurig. Er brauchte jemanden, der Krankenbesuche macht. Das mache ich seitdem. Das werd ich auch nicht mehr los, das will ja keiner machen. Das Ehrenamt macht mir Spaß. Es hält mich jung. Ich komm unter Menschen. Den Stock als Hilfe akzeptiere ich noch, aber wenn ich mal einen Rollator brauche, dann höre ich auf.“
Sebastian Steglitz, 25 Jahre alt:
„Ich arbeite ehrenamtlich für den VfR 08. Ich bin dort Trainer der D1-Mannschaft. Alles Zwölfährige, die gerade in die Pubertät kommen. Die hören nicht mehr so gut zu. Da hilft nur: fünf Minuten auf die Bank. Ich wohne seit meiner Geburt direkt an dem Fußballplatz in Dümpten, mein Bruder spielt in der Senioren-Mannschaft. 2011 sollte ich nur aushelfen. Dann bin ich dabei geblieben. Es gibt wenig Leute in meinem Alter, die ehrenamtlich unterwegs sind. Die gehen lieber feiern. Es ist schon schön, wegzugehen. Aber es ist auch schön für die Kinder, von Jüngeren trainiert zu werden.“
Hans-Diether Gotthardt (73):
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„Ich bin der selbsternannte ehrenamtliche Naturschutz- und Informations-Ranger Hühnerheide. Ich mache dort Führungen für psychisch kranke und behinderte Kinder und Erwachsene. Ich habe auch eine Schutzhütte erbaut, für alle, die in dem Waldgebiet spazieren gehen.
Wenn jemand dort Kaffee trinken möchte, stelle ich Bänke und Tische hin. Die Hütte habe ich mit Sponsorengeldern finanziert, die habe ich selbst eingeworben. Jede Woche treffe ich mich mit sechs Jugendlichen und gehe in die Hühnerheide. Auch im Winter, da haben wir dann einen Berg mit sieben Abfahrten.
Bei meinen Führungen erkläre ich den Jugendlichen die Tierwelt und weil nicht alle Tiere da sind, habe ich mir ausgestopfte Tiere angeschafft. Sogar ein Elch ist dabei. Der kommt gut an. Ich hab bestimmt 3500 Euro ausgegeben für die Tiere. Und die müssen ja auch in Schuss gehalten werden. Ob das Spaß macht? Und wie! Ich hab vierzig Jahre im Bergbau gearbeitet. Jetzt freue ich mich immer so sehr, wenn die jungen Leute kommen.“
Bettina (47), Santiago (46) und Christin (17) Barrutieta Ibanez:
„Wir sind alle drei beim Deutschen Roten Kreuz aktiv. Angefangen hat das bei der Fußball-WM 2006. Es wurden Spanisch-Übersetzer gebraucht und Santiago, der aus Bilbao stammt, hat geholfen. Inzwischen machen die Erwachsenen Sanitäterdienste, Betreuungen und Evakuierungen und Christin betreut bei Veranstaltungen verloren gegangene Kinder, bis sie ihre Eltern wiederfinden.
Wenn sie volljährig ist, darf sie auch Einsätze mitmachen. Da freut sie sich schon drauf. Es macht so viel Spaß, bei Veranstaltungen wie Punk im Pott zu helfen.
Vor allem, wenn man später hört: Ohne Ihre Hilfe könnte das alles gar nicht stattfinden. Ob Fußball oder Oktoberfest, viele wissen gar nicht, was ohne Ehrenamtler alles gar nicht möglich wäre.“