Oberhausen. Trotz Spähaffären vernachlässigen viele Unternehmen in Oberhausen ihre IT-Sicherheit. Dabei betreibt den Datendiebstahl nicht nur die Konkurrenz, sondern auch die organisierte Kriminalität nutzt die Sicherheitslücken. Allerdings schweigen betroffene Opfer von gestohlenen Kundendaten.
Oberhausener Firmen sollten angesichts der amerikanischen Spähaffäre beunruhigt sein und schleunigst handeln. Das findet der Sicherheitsexperte Markus Hannemann, Geschäftsführer der hiesigen IT-Firma „4Brain“ an der Essener Straße. Zudem warnt er vor dem Irrglauben, man sei nicht groß genug, um betroffen zu sein. „Viele Unternehmen verstehen gar nicht, dass sie gefährdet sind. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen, für die sich Hacker vermeintlich nicht interessieren, stehen am meisten unter Beschuss.“
Doch die Industriespione sitzen nicht ausschließlich in den USA, die größere Bedrohung gehe von China, Indien und Pakistan aus, die das Know-How der Deutschen stehlen wollen. „Aktiv werden viele leider erst, wenn sie selbst betroffen sind“, da seien Firmenchefs und die Bundeskanzlerin gleich. „Gefährdet sind aber alle.
Jedes Unternehmen sollte sich um die Sicherheit seiner Daten Gedanken machen“, bestätigt IHK-Justiziar Andreas Zaunbrecher. „Alles, was erspähbar ist, wird auch erspäht.“ Inzwischen gehe es längst auch nicht mehr nur um Attacken der Konkurrenz, auch die organisierte Kriminalität betreibe inzwischen Datendiebstahl.
Jeder besitzt schützenswerte Daten
Schützenswerte Daten habe jede Firma, sagt Hannemann, etwa Personal- und Kundenunterlagen. Auch komme heute keine Firma mehr ohne E-Mails aus. Auch Smartphones seien verbreitet – deren Absicherung jedoch nicht.
Schaden würden außerdem nicht nur von Hackern eingeschleuste Spionageprogramme, die Betriebsgeheimnisse oder ganze Identitäten stehlen. Auch vor Viren, die teils tagelang das gesamte System lahmlegen, müsse man sich schützen, so der IT-Experte. „Wer über eine Autobahn rennt, kennt die Gefahren“, auf der Datenautobahn würden die meisten Leute hingegen die Gefahren erst gar nicht wahrnehmen.
Firmen können sich bei der IHK beraten lassen
Informationen über Spionage und Wirtschaftsspionage gibt es unter anderem bei der Spionageabwehr des NRW-Verfassungsschutzes (www.mik.nrw.de).
Firmen berät im Bereich Sicherheit und Spionageabwehr auch die für Oberhausen zuständige Industrie- und Handelskammer zu Essen, die Informationen auf ihrer Homepage (www.essen.ihk24.de) hinterlegt hat.
IT-Sicherheitsexperte Markus Hannemann (4Brain) rät Unternehmen zu folgenden Mindestsicherheitsstandards: WLAN abschalten (oder nur für ausgewählte Computer einrichten), unbedingt die Daten verschlüsseln, nie die vom Werk voreingestellten Passwörter der Router verwenden (die sind Hackern bekannt) und keine Namen oder Geburtsdaten als Passwörter verwenden. Weitere Infos zu 4Brain unter: www.4brain.de
Eine Sicherheitslücke seien daher oft ungeschulte Mitarbeiter. Aber nicht bloß diejenigen, die am Firmenrechner heimlich auf Erotikseiten surfen. Spähprogramme und Computerviren würden auch das voreilige Öffnen von E-Mails oder ein unverschlüsseltes Smartphone geradezu einladen.
Thema braucht mehr Aufmerksamkeit
Wie viele Firmen in Oberhausen genau betroffen sind, könne man nur schätzen, so Andreas Zaunbrecher. „Es gibt eine doppelte Dunkelziffer. Die meisten Opfer von Wirtschaftsspionage melden sich bei uns nicht.“ Denn würde bekannt, dass etwa Kundendaten gestohlen wurden, wäre das eine existenzbedrohende Katastrophe. „Andererseits wird ein Großteil der Spionage erst gar nicht bemerkt – wir reden hier ja nicht über James Bond, sondern über Hacker.“
Dabei seien Gegenmaßnahmen nicht kompliziert und oft eine Frage der Gewohnheit, so Markus Hannemann. „Wir brauchen eine größere Aufmerksamkeit für das Thema, damit sich die Unternehmen nicht erst melden, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist.“