Oberhausen. . Ingo Dämgen und Michael Weier plädieren für eine lebendige Friedhofskultur.Sie haben Beispiele dafür entdeckt. Warum sie den Westfriedhof in Lirich schätzen.

„Der Tod ist kein Beinbruch“, sagt Ingo Dämgen und zitiert dabei die Oberhausener Kabarettistin Gerburg Jahnke. Bei unserem Spaziergang auf dem Westfriedhof hört sich das erst einmal makaber an, doch für Dämgen steckt dahinter ein Kern Wahrheit: „Wir brauchen mehr Leichtigkeit im Umgang mit dem Tod, um uns die Angst vor der Sterblichkeit zu nehmen.“

„Lieber Gott, viel Spaß“ – so verabschiedete der Art Directors Club stilecht den Humoristen Loriot in einer Todesanzeige. Ein Augenzwinkern kann manchmal eben genauso befreiend sein wie ein achtsam gestaltetes Grab mit persönlichen Erinnerungen.

Von beidem finden Dämgen und Trauerredner Michael Weier auf dem Westfriedhof nahe der Emscher übrigens manches, und wissen das zu schätzen: barocke Engel, ein Playmobil-Löwe, Steine, Vögelchen, Bilder der Verstorbenen, sogar ein kleiner Tempelnachbau, den die griechisch-orthodoxe Gemeinde auf einen Sockel nahe der Gräber ihrer verstorbenen Mitglieder stellte.

Lebendige Friedhofskultur

„Wichtig ist, dass man einen Ort hat, wo man sich mit der Trauer um den Verstorbenen auseinandersetzen kann“, plädiert Weier für eine lebendige, vielfältige Friedhofskultur. Denn jeder bewältige Schmerz auf seine Art. Bei aller Ähnlichkeit von Gräbern gebe es daher einen Trend zur Individualisierung. Von einem gelben Sonnenschirm erzählt Weier, den eine Frau auf dem Grabstein ihres Mannes abbilden wollte, „weil der Verstorbene eine Bar auf Lanzarote mochte, die diese Sonnenschirme hatte“. Und in manchen Kulturen würden sogar Stühle und Tische ans Grab gestellt, um anschließend symbolisch mit dem Toten zu feiern.

Auf dem Landfriedhof steht wiederum ein Grabstein, über den eine kleine Bronzebrücke spannt mit zwei Figuren, die sich dort begegnen. „Wer begegnet sich dort und wer geht wohin?“, kommt Dämgen beim Anblick ins Grübeln. Genau um dieses ungezwungene Nachdenken geht’s: Wie sollte ein Friedhof sein, was gehört zur Friedhofskultur? Denn verklemmt sei der Umgang mit dem Tod häufig genug.

Nacht der offenen Friedhöfe

„Der Friedhof ist ein Ort, der uns aufs Äußerste erschüttern kann“, glaubt Weier, „das sollte man auf jeden Fall bewahren.“ Doch darüber hinaus? Was spräche dagegen, diesen Raum auch als öffentlichen Park zu nutzen? Oder dort zu joggen. „Es könnte zusammenpassen: Beide sind auf dem Weg“, über legt Dämgen – nur eben auf verschiedenen Seiten. Und warum eigentlich sollte es keine Nacht der offenen Friedhöfe geben?

Zurück zum Westfriedhof: Hier findet man unterschiedlichste Arten, Verstorbener zu gedenken. Auch den ungeborenen. Einem bewegenden Sammelsurium an Windspielen, Papierschmetterlingen, Laternen, Herzen und Figuren begegnet Weier auf dem Kinderfriedhof. „Man merkt daran, dass das Leben heute höher eingeschätzt wird als früher“, nimmt Weier als schönen Gedanken mit.