Oberhausen. Michael Wendler wirbelt weiter die Schlagerszene durcheinander. Nach dem Streit mit Sangeskollegen und einem plaudernden Ex-Manager hält der Dinslakener an internationalen Karriereplänen fest. Am Samstag sang er in der König-Pilsener-Arena in Oberhausen beim Konzert vor 8000 Fans erstmals seinen größten Hit auf Englisch.
Dem Durchschnitts-Amerikaner dürfte manches aus Deutschland äußerst seltsam vorkommen: Schwarzbrot, ein funktionierender Personennahverkehr, „Wetten, dass..?“ und möglicherweise auch jenes eigentümliche Musikgenre namens Popschlager. Dabei haben US-Bürger gegenüber hiesigen Fans sogar einen Vorsprung auf der Discofox-Tanzfläche. Einige von ihnen durften den neusten Wurf des selbst ernannten Popschlagerkönigs Michael Wendler bereits auf der Konzertbühne hören.
Am Samstag staunten auch die heimischen Fans: Der Dinslakener sang vor 8000 Anhängern in der nicht ausverkauften König-Pilsener-Arena in Oberhausen sein bekanntestes Lied erstmals in englischer Sprache.
Aus "Sie liebt den DJ" wurde "She loves the DJ"
Michael Wendler möchte nach 14 Jahren auf hiesigen Bühnen die Staaten erobern. Und unvorbereitete Tagträume kann man dem 41-Jährigen dabei wirklich nicht vorwerfen: So hatte der gelernte Speditionskaufmann einige seiner Songs übersetzt, kürzlich eine Mini-Tournee in Las Vegas absolviert, in der Wüste von Nevada ein Musikvideo gedreht und auch beim Sender „Fox5“ im US-Fernsehen vorgesungen.
Michael Wendler in der Arena
Im Gepäck: „She loves the DJ“, der ziemlich genau adaptierte Schlager „Sie liebt den DJ“, der ihn hierzulande 2007 in den Single-Charts auf Platz 27 spülte und schnell zum Soundtrack von Kegelausflügen, Junggesellenabschieden und sonstigem Jubel-Trubel wurde. Das Ergebnis in Übersee ist bisher verhalten, der Sänger möchte „dranbleiben“.
Bühnen-Feuerwerk und Grillwagengeruch
Nun ist Oberhausen nicht unbedingt Las Vegas. Aber einmal im Jahr steigt für den Schlagersänger in der Arena so etwas wie Show des Jahres. Zum neunten Mal spielt er hier ein Konzert in der Größenordnung von Popstars. Schon als er überwiegend in Bierzelten, Discotheken und bei Schützenfesten auftrat, pilgerten mehrere Tausend Fans bei Kartenpreisen um 40 Euro in die Halle. Warum? „Keine Ahnung“, sagt der Sänger. „Es zählt das Gemeinschaftsgefühl. Die Leute reisen aus ganz Deutschland an. Das ist mit der Zeit zu einem festen Ritual geworden.“
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Die Rituale eines Wendler-Konzertes variieren meist nur in Nuancen: Polonaisen ziehen durch den Innenraum, während Fans am Bühnenabsperrgitter selbst gefertigte Schals und Pappplakate ins grelle Scheinwerferlicht recken. Darauf steht: „Michael, du bist unser Schatz!“ Es ist ein verspätetes Sommerfest für Popschlagerfans. Wenn der Rauch des scheppernden Bühnen-Feuerwerks durch die Halle zieht, riecht es wie am Grillwagen.
Das aufgeknöpfte Hemd gibt es beim Wendler nicht mehr
Optisch schmückt sich der Sänger mit Tanzeinlagen. Die Damen tragen Rock und Shorts, die wärmeren Jahreszeiten entsprechend geschneidert sind. Michael Wendler selbst kleiden verwaschene Jeans und mit Pailletten bestickte T-Shirts, welche die weißen Hemden mit geöffneten obersten Knopflöchern abgelöst haben. „Es ist etwas ganz besonders, zu euch zu kommen.“ Apropos: Auch Schmeicheleien gehören im Genre dazu.
Es ist die Zeit der Ohrwürmer. „Sie liebt den DJ“, „180 Grad“ und „Nina“. Zwei Stunden Dauerklatschen, mit Turnschuhsohlen auf dem Hallenboden steppen und auch ein wenig Bierzelt-affine Anfeuerung („Zicke-Zacke“).
Die Musik kommt vom Band. Beißende Rhythmik im Viervierteltakt. Statt Solisten an Instrumenten gibt es noch mehr Tanzeinlagen. Am Ende gehen die Fans in der ersten Reihe mit Handschlag des Protagonisten nach Hause. Michael Wendler dreht schnaufend eine abschließende Runde durch den Bühnengraben. Den neuen Song „Unser Zelt auf Westerland“ haben die Fans da schon zwei Mal in der Dauerschleife gehört.
Zuletzt gab es Ärger mit den Schlagerkollegen
Michael Wendler sieht sein Konzert als Aufbruch. Kuschelatmosphäre gab es für den Sänger zuletzt eher wenig: Erst lästerten Kollegen wie Olaf Henning über seine gesanglichen US-Ambitionen, dann plauderte ein Ex-Manager angebliche pikante Details aus seinem Intimleben aus. „Da wurde totaler Blödsinn erzählt. In der Schlagerszene herrscht leider eine Menge Neid. Das hat mich sehr verletzt“, sagt Michael Wendler nach seinem Konzert. „Große Künstler wie Helene Fischer sagen so etwas natürlich nicht. Das sind meistens kleinere Kollegen, die erst einmal selbst versuchen sollten, in den USA in einer TV-Show aufzutreten und in der Arena vor 8000 Menschen zu spielen.“
Im kommenden Jahr möchte Michael Wendler zum zehnten Mal in Oberhausen spielen. Das neue Album bringt dann auch wieder deutschsprachige Titel. Daran soll sich trotz der internationalen Pläne und „She loves the DJ“ nichts ändern.
