Oberhausen. Der Gebäudeversicherer der Ergo will in Oberhausen 276 Alt-Verträge „umstellen“ – auf neue, vielfach schlechtere Konditionen. Bundesweit sind sogar 120.000 Kunden betroffen. Verbraucherschützer geben Tipps, wie sich Betroffene verhalten sollen.

Vielen Oberhausenern, die ihr Haus bei der Ergo-Gruppe versichert haben, droht die Vertrags-Kündigung. 276 Alt-Verträge will das Unternehmen vor Ort „umstellen“, bundesweit sogar 120.000. Kunden wird dann ein neuer Vertrag angeboten, der teils deutlich höhere Beiträge vorsieht. Lehnen sie ab, wird ihnen die Gebäudeversicherung gekündigt. Verbraucherschützer üben Kritik und geben auf NRZ-Anfrage Tipps für Betroffene.

„Die Betreuung und fehlende Beratung der Kunden in den letzten Jahrzehnten können wir nur als ‘ungenügend’ rügen“, beurteilt Tobias E. Weissflog, Vorstandsvorsitzender des Bundes der Versicherten, das Vorgehen der Ergo-Versicherung. Das Argument des Konzerns, eine Umstellung sei nötig, da viele Altverträge keinen ausreichenden Elementarschaden-Schutz bieten, überzeugt ihn nicht.

Verbraucher hätte im Schadensfall das Nachsehen gehabt

„Im Schadensfall hätte der Verbraucher das Nachsehen gehabt. Ich kann nicht nachvollziehen, warum die Ergo jahrzehntelang versäumte, betroffene Versicherungsnehmer über laufende und verbesserte Bedingungsanpassungen in der Wohngebäudeversicherung zu unterrichten“, führt Weissflog aus. „Denn wäre dies der Fall gewesen, müsste es einen so radikalen Weg mit über 100.000 Vertragskündigungen nicht geben.“

Elke Weidenbach, Versicherungsexpertin der Verbraucherzentrale NRW, sieht das Vorgehen des Konzerns ebenfalls kritisch: „In dieser Größenordnung ist das schon ziemlich ungewöhnlich.“ Versicherungskunden, die von dieser Umstellung und einer möglichen Kündigung bedroht sind, sollten jedoch Ruhe bewahren. „Man kann das neue Angebot der Ergo zunächst annehmen, um sich Zeit zu verschaffen. Dabei sollte man darauf achten, dass die Vertragslaufzeit nur ein Jahr beträgt.“ Nun könne man in Ruhe Angebote anderer Versicherungen einholen und den Vertrag mit der Ergo kündigen. „Das hat den Vorteil, dass man als Versicherter selbst in der Position ist, die Geschäftsbeziehung zu beenden.“ Bei der Neuverhandlung mit einem anderen Konzern sei man so in einer besseren Verhandlungsposition.

Kündigung entzürnt Kunden

Ingo Aulbach, Sprecher der Oberhausener Versicherungskaufleute, kann die Verunsicherung nachvollziehen. „So eine Kündigung erzürnt die Kunden natürlich. Das kann sicherlich zu einem gewissen Vertrauensverlust führen.“ Er sieht das Vorgehen aber nicht so kritisch. „Der Versicherungsmarkt ist ein freier Markt. Sowohl Versicherte als auch Versicherer haben das Recht, einen Vertrag zu kündigen.“ Zudem hätten andere Unternehmen bereits in einem ähnlichen Umfang Verträge umgestellt. „Gerade in der KFZ-Versicherung passiert das immer wieder.“

Bei der Verbraucherzentrale Oberhausen gibt es eine Versicherungsberatung. Termine unter 25109, Kosten: 40 Euro.

Ergo weist Kritik zurück

Die Ergo-Gruppe sieht sich unbegründet in der Kritik. „Seit März haben 19.000 Kunden unser Umstellungsangebot mit einer durchschnittlichen Erhöhung von 14 Prozent angenommen“, so Sprecherin Claudia Wagner. Das Unternehmen räumt jedoch ein, dass es in Einzelfällen durchaus zu Beitragssteigerungen in Höhe von 100 Prozentpunkten kommen kann. „Unsere Vertriebspartner sind auf die Kunden zugegangen beziehungsweise werden noch auf sie zugehen oder schreiben sie an, um eine Vertragsumstellung zu besprechen.“ Wenn die Kunden das Vertragsangebot nicht annehmen, werden die Verträge fristgemäß zum Ablauf gekündigt. Den alten Verträgen würde oft die Elementardeckung, die vor Starkregen schützt, fehlen. Deswegen sei die Umstellung nötig geworden.